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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Sonntag im Advent, 04.12.2011

Predigt zu Matthäus 25:1-13, verfasst von Birgitte Graakjær Hjort


1. WIR FRAGEN UNS NACH DER ZUKUNFT UND HABEN EINE HOFFNUNG

Wir fragen uns nach der Zukunft. Wir hören vermutlich oft, dass wir dem Augenblick leben sollen und ganz dort sein, wo wir gerade sind. Aber trotzdem werden es viele von uns nicht lassen können, an die Zukunft zu denken. Wir denken vielleicht daran, was sich beruflich für uns ergibt im nächsten Jahr. Wird es zu größeren Veränderungen kommen, die unseren Alltag spürbar verändern? Sind wir Eltern eines Kindes, das nicht den Erwartungen entspricht, denken wir vielleicht, was die Zukunft wohl bringen mag für unser Kind. Sind wir alt geworden, fragen wir uns vielleicht, wie wir zurechtkommen sollen, wenn es uns gesundheitlich schlechter geht, als es jetzt ist. So können wir uns jeder für sich mancherlei Gedanken machen über unsere persönliche Zukunft. Und in diesen Tagen denken wir vielleicht auch in besonderer Weise daran, wie es weitergehen wird in den Ländern des Nahen Ostens und in Nordafrika, wo momentan Unruhen herrschen und gewaltsame Kämpfe um Demokratie und Menschenrechte. Wir sehen Menschen zu Fall kommen durch das Vorgehen von Diktatoren und unter ihren grobschlächtigen Methoden leiden.

Heute muss von Seiten der Kirche klipp und klar gesagt werden, dass wir die Aufgabe haben, etwas für die Probleme zu tun. Wir sollen beten für die Menschen, die leiden, und ebenso sollen wir uns mit den gesellschaftlichen Fragen beschäftigen, die anstehen, sowohl national als auch global. Unmittelbar nachdem Gott die Welt geschaffen hatte, übertrug Er uns Menschen die Verantwortung für den pfleglichen Umgang mit der Erde, die Er geschaffen hatte. Das heißt: Die Welt ist ein Geschenk Gottes. Und wir haben die Verantwortung, sie gut zu verwalten. Sowohl durch eine gleiche Verteilung der Ressourcen als auch durch das Bemühen, die Not derer, die leiden, zu lindern.

Indes, die Kirche hat noch mehr zu sagen. Wir sollen dazu beitragen, dass die Ressourcen der Welt gerechter verwendet werden, als es heute der Fall ist. Und wir empfinden die Verpflichtung zu helfen, die Not der Armen zu lindern, die von Naturkatastrophen getroffen werden infolgedessen, dass wir hier in der westlichen Welt einen übermäßigen Ressourcenverbrauch haben, oder die jedweder Bevölkerungsgruppen, die unter Diktaturen leiden.

Aber wir glauben nicht, dass wir „die Welt retten" könnten in alle Ewigkeit. Gleichgültig, wie wir uns verhalten. Die Probleme sind größer, als dass wir sie lösen könnten. Aber die Hoffnung, die Jesus uns gegeben hat für die Welt, ist wiederum weit größer, als jeder von uns zu träumen gewagt hätte, wenn nicht er sie uns verkündet und uns jene Hoffnung eingegossen hätte, die er bringt.

Gott hat uns nämlich zugesagt, dass die Welt eines Tages einen ganz neuen Anfang erleben soll. Ein neues Paradies. Es kommt ein Tag, an dem alles einbricht. Und wenn die Not am größten ist - so erzählt die Bibel -, dann wird Jesus Christus zurückkehren auf diese Erde, wie er einst auf ihr geboren wurde. Nicht als ein Kind in einer Krippe. Nicht als ein Mann, der gelegentlich einige Kranke geheilt hat. Sondern als der Herr und als Herrscher.

Und das, was er schaffen wird, wenn er wiederkommt, das ist etwas, das weit über das hinausgeht, worauf selbst die fähigsten Menschen hinarbeiten könnten. Er kommt, um die Welt zu erneuern, so dass sie wird wie am Morgen der Schöpfung. Eine Welt ohne Bosheit und Leid. Ohne Krankheit und Tod und all das, was das Dasein verheeren kann für uns.

Darum sollen wir uns nicht damit zufrieden geben, Engagement zu beweisen und Verantwortung zu übernehmen. Wir in der Kirche dürfen gleichzeitig eine Hoffnung miteinander teilen. Wir brauchen nicht zu verzagen oder zu verzweifeln und völlig verängstigt zu sein angesichts der Entwicklung. Sondern wir dürfen uns geradezu auf die Zukunft freuen, die Gott schaffen wird.

Denn auf der neuen Erde wird die Sorge ersetzt durch Freude. Es wird nicht ein einziges Elternpaar geben, das seinen erwachsenen Sohn nach Afghanistan schickt und Gefahr läuft, dass er in einem Sarg heimkehrt. Nein. Denn es gibt keinerlei Krieg mehr auf der neu geschaffenen Erde. Da wird nicht einer mehr zum Arzt gehen müssen, um sich weitere Antidepressiva oder Herztabletten verschreiben zu lassen. Nein. Denn es wird keine Krankheit mehr geben auf der neuen Erde. Die Wölfe werden bei den Lämmern wohnen, hörten wir in der alttestamentlichen Lesung. Und ein Säugling wird spielen am Loch der Otter.

Das sind doch Bedingungen, die wir uns kaum vorstellen können. Und wenn wir mit ein paar Beispielen von heute kommen sollten, könnten wir ja hinzufügen, dass die Terroristen gemeinsam mit den Sonntagsschullehrern am Tisch sitzen werden und speisen. Der, mit dem du persönlich im Clinch liegst, der dir Schwierigkeiten und Konflikte beschert hier im Leben, - der soll dir zum Freund werden. Niemand wird mehr darauf aus sein, einander zu schaden, auf der neuen Erde.

2. ES ZIEHT SICH HIN MIT DER NEUEN ERDE

Aber es ist doch schon sooooo viel Zeit vergangen, seit Jesus sagte, dass er bald auf den Wolken des Himmels erscheinen werde und eine neue Erde erschaffen. Bis auf weiteres ist er seit rund 2000 Jahren ausgeblieben. Das zieht sich hin und zieht sich. Jesus wusste gut, dass wir die Vorstellung bekommen könnten, es ziehe sich so lange hin, dass wir am Ende kaum noch damit rechnen würden. Das ist's, worum es im Gleichnis von den zehn Jungfrauen geht.

Es waren zehn Mädchen, die zur Hochzeit sollten. Damals war es üblich, dass der erste Teil der Hochzeit im Hause der Braut stattfand. Hier versammelte sich eine ganze Reihe von Gästen, die auch blieben. Sie wurden unterhalten und bekamen etwas zu essen, während sie auf den Bräutigam warteten. Denn der Bräutigam saß derweil an einem ganz anderen Ort. Er war damit beschäftigt, mit der Familie des Mädchens zu verhandeln, wie hoch der Brautpreis sein sollte. Und solche Verhandlungen konnten gut zäh sein und zeitraubend. Denn wenn die Familie des Mädchens nicht immer wieder versuchte, den Preis in die Höhe zu treiben, würde es so aussehen, als ob sie ihr nicht sonderlich viel bedeute. So ging es bloß darum, einen möglichst hohen Preis auszuhandeln. Denn ein hoher Brautpreis drückt aus, dass unsere Tochter - dass sie sich sehr lohnt. Deshalb waren die Verhandlungen langwierig.

Schließlich, endlich aber, wenn die Verhandlungen abgeschlossen waren, kam zuletzt der Bräutigam, um seine Braut zu holen. Und dann kamen alle Gäste mit. In einer feierlichen Prozession zum Haus des Bräutigams. Oft begann der Brautzug erst bei Einbruch der Nacht. Und so war es völlig selbstverständlich, dass man Öllampen und Fackeln dabeihaben sollte. Und wenn die Prozession dann beim Haus des Bräutigams angekommen war, dann begann das eigentliche Fest. Und das konnte sich gut über sieben Tage erstrecken. Daher war es ein ungeheuer großes Fest, auf das man wartete und sich freute.

Es gab fünf kluge Jungfrauen. Sie hatten an zusätzliches Öl für ihre Lampen gedacht. So waren sie vorbereitet und darauf eingestellt, dass es sich hinziehen konnte. Und dann gab es fünf törichte. Sie glaubten, dass der Bräutigam gleich kommen werde. Und so gingen ihre Lampen aus, denn die Zeit verstrich. Am Ende verpassten sie das Fest. Sie klopften an die Tür und wollten hinein. Aber die Tür wurde ihnen nicht geöffnet.

Das ist erschreckend zu hören: dass es ein Leben voller Freude und Festlichkeit gibt, das wir zu verpassen drohen. Nicht zuletzt dann, wenn uns aufgeht, dass das Bild von den Jungfrauen ja von uns handelt, die wir uns als Teil der Kirche verstehen. Sie dachten ja alle zehn, dass sie am Hochzeitfest teilnehmen würden. Und so gibt es also einige unter uns, die wir uns zur Kirche zählen, die das Heil verpassen werden. Ein schleichendes Unbehagen überzieht das Gleichnis. Doch die Gleichnis-Absicht ist nicht, Angst und Schrecken zu wecken, vielmehr uns zu lehren, uns klug zu verhalten. Das ist‘s, was das Hören auf das Gleichnis bezweckt. Dass wir uns bewusst machen, dass wir wachsam sein und abwarten müssen. Auch wenn es sich hinzieht.

3. WIR SOLLEN WACHSAM SEIN UND WARTEN

Das Gleichnis soll uns lehren, dass ein guter Anfang nicht automatisch bedeutet, es komme auch zu einem guten Ende. Jesus will uns davor warnen, zu glauben, dass es, wenn wir nur gut angefangen haben, auch mit Sicherheit zu einem guten Abschluss führt, gleichgültig, wie unvorbereitet wir darauf hinleben, ihm zu begegnen.

Und wann ist das gewesen, dass wir gut begonnen haben? Damals, bei unserer Taufe. Da haben wir sogar so gut begonnen, dass es schlechterdings keinen besseren Anfang geben kann. Denn bei unserer Taufe prägte Gott uns sein Zeichen auf, nämlich das Kreuz. Aller Anfang mit Gott besteht darin, dass Er uns segnet und uns verheißt, dass wir Bürgerrecht haben in Gottes Reich. Das heißt, Er gibt uns das Zeichen, das den Zutritt verschafft, auf der neuen Erde zu leben und zu wohnen, die Er schaffen wird.

Und mit diesem guten Anfang sollen wir begreiflicherweise nicht irgendwann Gott den Rücken kehren. Wir sollen nicht so tun, als existiere Gott nicht. Oder leben, als ob wir es besser wüssten, besser als das, was Jesus uns gelehrt hat. Es lohnt sich vielmehr auf das zu warten, womit Jesus Christus kommt und was er bringt. Auch wenn es sich hinzieht. Denn eine neue Erde, wo alle Krankheit und Bosheit und das Leid ausgelöscht sind, ist ein Dasein, das wir uns kaum vorstellen können.

Und während wir warten, da sollen wir die Zeit dazu nutzen, unseren Beitrag zur Bekämpfung des Bösen zu leisten und Abhilfe zu schaffen, wo es Menschen gibt, die leiden. Es ist keineswegs vergebliche Liebesmüh, das zu tun. Ganz im Gegenteil. Jeder noch so kleinen Initiative, die wir heute ergreifen, um die Welt zu einem besseren Ort zu machen, wird Jesus selbst sich einst anschließen und sie vollenden. Besser also können wir die Wartezeit gar nicht nutzen.

Lassen Sie uns deshalb mit einer Geschichte schließen, die das ganz klar ausdrückt: Eines Tages soll sich während einer Parlamentssitzung in einem amerikanischen Bundesstaat eine Sonnenfinsternis ereignet haben. Im gesamten Parlamentssaal kam Panikstimmung auf. Daraufhin ging einer der Anwesenden ans Rednerpult und sagte: „Meine verehrten Zuhörer. Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, ihr Ergebnis ist dasselbe. Entweder handelt es sich um die Wiederkunft des Herrn, die kurz bevorsteht. Und wenn er jetzt kommt, wird er uns damit beschäftigt vorfinden wollen, die Arbeit in der Welt zu tun, für die wir da sind. Oder aber es ist NICHT die Wiederkunft des Herrn. Und in diesem Fall gibt es keinen Grund, dass wir die Arbeit unterbrechen, für die wir speziell die Verantwortung haben."

Amen



Pastorin Birgitte Graakjær Hjort
Århus
E-Mail: bgh@christianskirken.dk

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