Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Okuli, 11.03.2012

Predigt zu 1. Petrus 1:18-21, verfasst von Peter Huschke

 

Gnade sei mit Euch und Friede von Gott, unserm Vater, und unserm Herrn, Jesus Christus!

Früh am Morgen lese ich in der Zeitung: Wieder ein Vater wegen sexuellen Missbrauchs seiner Tochter verurteilt.

Gut, dass darüber zumindest nicht wie früher einfach hinweggesehen wird. Wenigstens ab und zu wird doch einer der gerechten Strafe zugeführt.

Aber wie können wir Männer es nur nötig haben, uns aus so etwas Selbstbefriedigung zu verschaffen? Wie können Menschen nur so sein? Wie kann man das aushalten?

Wieder Dutzende Tote in einem Krieg zwischen Völkern in Afrika und noch viel mehr Leichen von Menschen, die wegen diesem Krieg verhungern oder zu fliehen versuchen.

Gut, früher hat man uns das nicht gesagt. Wir haben es nicht mitbekommen.

Aber wie kann ein Volk es zur Bestätigung seiner Stärke nötig haben, dass es Tod und Verhungern für andere herbeiführt? Wie können wir Menschen nur so sein? Wie kann man das aushalten?

Und dann ich selber: Wieder habe ich mich an diesem Morgen zu einer blöden Bemerkung hinreißen lassen und einen anderen spüren lassen, dass ich ihn nicht wirklich ernst nehme.

Gut, er hat mich auch wirklich mehr als schwach angeredet. Aber eigentlich müsste ich doch die Größe haben, da drüber zu stehen.

Wie kann ich mich da bloß immer wieder so blöd benehmen? Wie können wir Menschen, wie kann ich Mensch nur so sein? Wie kann man das aushalten?

Liebe Gemeinde, genau um uns Menschen, die wir so sind, wie wir sind, und über die wir selber manchmal nur noch verzweifelt den Kopf schütteln können, um uns Menschen geht es in unserem heutigen Predigttext.

Im 1. Petr wird uns gesagt, wie Gott es aushält mit uns Menschen, die wir nun einmal sind, wie wir sind, und über die auch der liebe Gott manchmal sicher nur noch den Kopf schütteln kann. Im 1. Petr steht, wie Gott es mit uns Menschen aushält:

Gott hält es mit uns aus, weil er in uns seine eigentlich gehorsamen Kinder sieht, weil er uns als seine eigentlich Heiligen ansieht, denen er Glauben an ihn und Hoffnung auf ihn geschenkt hat und schenkt. Nur in solcher unendlicher Liebe zu uns hält es Gott mit uns aus und sagt zu uns:

(Textverlesung)

Gott hält es also nicht dadurch mit uns aus, dass er uns bestraft und blutige Rache nimmt.

Gott hält es nicht mit uns aus, indem er uns einfach fallen lässt und uns Menschen seine Liebe entzieht.

Gott hält es nicht mit uns aus, indem er sich zur höchsten moralischen Instanz ernennt und die Menschen in die Kategorien ‚gut' und ‚böse', ‚fromm' und ‚nicht fromm' einteilt und dann sich als Belohnender und Strafender uns gegenüber entsprechend verhält.

Liebe Gemeinde, wenn Gott so ein Verhalten uns Menschen gegenüber als unsinnig, als nicht wirklich hilfreich ansieht, wie viel mehr gilt das für uns! Wie viel weniger hilfreich ist es, wenn wir Menschen andere bestrafen und blutige Rache nehmen! Wie viel weniger hilfreich ist es, wenn wir andere einfach fallen lassen und anderen unsere Liebe entziehen! Wie viel weniger hilfreich ist es, wenn wir andere in die Kategorien ‚gut' und ‚böse', ‚fromm' und ‚nicht fromm' einteilen und uns dann als höchste moralische Instanz in der Welt oder in unserem Umfeld aufspielen.

All diese Verhaltensweisen helfen auch uns in unserem Alltag nicht.

Uns hilft wohl nur, wenn wir uns von Gott gesagt sein lassen, dass der andere, die andere, dass ich selber Gottes gehorsame Kinder und sogar heilig sein dürfen. Den anderen, der andern und mir selber ist von Gott gesagt:

(Textverlesung)

Gott hat es mit uns Menschen ausgehalten, weil er sich mit uns auf eine Ebene begeben hat

Gott selber hat als sein Sohn Jesus Christus auch die Abgründe von uns Menschen miterleben müssen. Jesu Jünger Judas hat ihn für einen lumpigen Batzen Geld verraten. Jesu Freunde haben ihn im Stich gelassen. Jesus ging uns in den Abgründen menschlichen Seins voraus. Gott als Jesu und unser Vater aber hat ihm wieder neues Leben geschenkt. Er hat zu ihm gehalten. Gerade in den menschlichen Abgründen, angesichts derer Jesus auch nur noch verzweifelt jammern konnte „Mein Gott, warum hast du mich verlassen?" hat Gottes Liebe sich für Jesus als stärker erwiesen

Gott selber hat als sein Sohn Jesus Christus gespürt, was für ein Hass in einem Volk aufkommen kann, wenn einer, obwohl er die Macht hat, nicht gegen den Erzfeind kämpft. Zu Jesu Zeit waren das die Römer. „Kreuziget ihn!" So haben Menschen wie wir geschrien. Ein Terrorist war Menschen wie uns mehr wert als der Sohn Gottes mit seiner Liebe, die er eben zu allen Menschen auch zu den so genannten Erzfeinden bringen wollte. Jesus ging uns durch die Abgründe menschlichen Hasses voraus. Gottes Liebe begleitete ihn. Gottes Liebe litt mit ihm. In Gottes Liebe blieb er nach alledem - zusammen mit einem andern Terroristen, der mit ihm gekreuzigt wurde. Gottes Liebe traute auch der Terrorist an Jesu Seite alles zu, obwohl er sich darüber im Klaren war, dass er zu Recht bestraft wurde. Gottes Liebe zeigte sich so in jeder Hinsicht als stärker als unser menschlicher Hass und das daraus folgende Tun.

Gott selber hat als sein Sohn Jesus Christus gespürt, wie schnell wir Menschen neidisch und eifersüchtig werden. Wie schnell waren Männer bereit, die Ehebrecherin zu steinigen. Den dazugehörigen Mann übersahen Männer und Frauen wohlweislich. Wie wenig hielten die eigenen Geschwister von Jesus und seinen Wundern. Wie wenig verstanden ihn die eigenen Freunde. Keiner konnte angesichts des Todes mit ihm beten. Einer seiner besten Freunde vergaß sogar seinen Namen, als es ernst wurde. Jesus ging uns voraus durch Erfahrungen mit Menschen, wo man nur noch den Kopf schütteln und den Glauben an Gott und die Menschen verlieren kann. Gott als Jesu und unser Vater hielt auch da zu Jesus. Jesus konnte seinen Weg für uns gehen, damit wir den Glauben an Gott und an uns selber trotz allem, was wir tun und erleben, nicht verlieren.

Gott hat uns so den Blick nach vorne geöffnet. Wir dürfen im Sinne des 1. Petr sicher sein:

In Jesus Christus hat Gott sich selber für uns eingesetzt.

Wir sind mit seiner Liebe erkauft. Wir sind Gott unendlich viel wert.

Das war von Anfang an Gottes Wille für uns. Das wird unsere Zukunft bei Gott sein - hier in unserem Alltag und dann auch einmal nach dem Tod. Darauf dürfen wir für uns, für unsere Lieben und für die ganze Menschheit vertrauen. Darauf dürfen wir unsere Hoffnung setzen. Das ist der Glaube, den Gott uns schenkt.

Gottes Liebe gibt uns so die Kraft, es mit den Menschen, mit der Welt und mit uns selber auszuhalten. Jesus hat es vorgelebt.

Wir brauchen nicht zu resignieren. Wir können es mit Gottes Liebe in diesem Leben und darüber hinaus aushalten. Jesus konnte es auch.

Im Vertrauen auf Gottes Liebe kann ich versuchen, dass ich weniger ungerecht oder zornig bin. Ich kann mein Verhalten ändern, denn ich darf Glauben und Hoffnung zu Gott haben.

Und manchmal, manchmal merke ich das doch auch, dass es mir tatsächlich gelingt, mich vernünftiger zu verhalten. Da scheint es hervor, dass Gott mich erlöst hat von meinem nichtigen Wandel - wie es im 1. Petr heißt.

Im Vertrauen auf Gottes Liebe kann es Männern gelingen, dass sie Mädchen und Frauen nicht mehr für ihren Lustgewinn ausbeuten. Auch wir Männer können uns in unsrem angeblich so männlichen Verhalten ändern, denn als Mann und als Frau darf ich auch für meine Sexualität Glauben und Hoffnung zu Gott haben.

Und manchmal, manchmal merken wir das doch auch im partnerschaftlichen Miteinander, dass es tatsächlich gelingt, Sexualität verantwortlich zu leben. Da scheint es hervor, dass Gott mich erlöst hat von meinem nichtigen Wandel - wie es im 1. Petr heißt.

Im Vertrauen auf Gottes Liebe kann ein Volk es versuchen, nicht nur auf Gewalt, Abgrenzung und Macht über andere zu setzen. Auch das Verhalten eines Volkes kann sich ändern, denn auch ein ganzes Volk kann Glauben und Hoffnung zu Gott haben.

Und manchmal, manchmal erleben wir es doch mit, dass es einem Volk tatsächlich gelingt, sich fremdenfreundlicher und friedliebender zu verhalten. Da scheint es hervor, dass Gott Menschen erlöst hat von ihrem nichtigen Wandel - wie es im 1. Petr heißt.

Sie merken, liebe Gemeinde, wenn wir uns das, was uns im 1. Petr von Gott gesagt wird, auch gesagt sein lassen, dann können wir die nötige Kraft, das nötige Selbstvertrauen und die nötige Gelassenheit bekommen, um Gottes Liebe zu uns und zu anderen etwas zuzutrauen.

Wenn wir das, was im 1. Petr uns gesagt wird, auch noch für andere gelten lassen, dann wird sich unser Miteinander unter dem Eindruck der Liebe Gottes zu seinen Menschen ändern. Wir halten es wie Gott dann eher mit uns Menschen, auch mit uns selber aus. Wir brauchen dann weniger an anderen und an uns selber zu verzweifeln.

Ich lese uns deshalb die Verse 18 bis 21 aus dem ersten Kapitel des 1. Petr noch einmal vor: (Textverlesung)

So erhalte Gott uns in seinem Frieden, der höher ist als all unsere Vernunft und unser Tun, auch höher als all unser Zweifel und all unsere Verzweiflung an uns selber und an unserer Welt.

Amen



Dekan Peter Huschke
91054 Erlangen
E-Mail: peter.huschke@elkb.de

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