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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Trinitatis, 03.06.2012

Predigt zu Matthäus 28:16-20, verfasst von Eva Tøjner Götke

 

 

Trinitatis ist ein besonderer Sonntag, weil er am Anfang der Trinitatiszeit steht.

Der Zeit mit allen Sonntagen bis zum ersten Sonntag im Advent.

In diesem Jahr haben wir 24 Trinitatissonntage vor uns.

Höchstens 27 Trinitatissonntage kann es überhaupt im Kreislauf des Kirchenjahres geben.

Die Anzahl hängt davon ab, wann Ostern ist, dessen Zeitpunkt man aus dem Vollmond und der Tagundnachtgleiche im Frühjahr errechnet.

 

Ich möchte so ein wenig belehrend beginnen, das gehört dazu.

- Zu Trinitatis.

Denn es ist die Zeit, in der wir lernen sollen - und glauben - und handeln.

Es ist ist Zeit, in der das Evangelium in den Alltag hinein erzählt werden soll. In unsere Zeit hinein.

Alle Texte, die zu den Gottesdiensten dieser Zeit gehören, handeln vom Menschenleben - von alltäglichen Situationen.

Von Themen wie Eitelkeit, Gier, Versagen.

Wir werden Gleichnisse hören und unser Leben durch sie zu deuten haben.

Wir werden hören, wie die Menschen einmal glaubten und zweifelten - und wir sollen unser Leben und unseren Glauben und unsere Zeit in ihnen spiegeln.

Man kann sagen, dass jetzt die Heilsgeschichte erzählt ist - Weihnachten, Ostern, Pfingsten mit dem Kommen des Heiligen Geistes - alles ist vollbracht.

Aber jetzt werden wir weiter von ihr erzählen.

Jetzt wird uns die Geschichte auf unserem Weg folgen.

Bis ans Ende der Welt.

Hinaus in die Zukunft, die wir nicht kennen, in der aber Gott Gott ist - wie Gott immer gewesen ist - „von Ewigkeit zu Ewigkeit".

Dieses Verständnis von Heilsgeschichte als etwas, das geschehen ist - und als etwas, das geschehen und bei uns stattfinden wird - bringt der Künstler Bjørn Nørgaard in seiner Gestaltung des Altars der Christianskirche in Fredericia zum Ausdruck.

Sein Werk besteht aus einem großen Glasmosaik, das den gesamten hohen A-förmigen Giebel über dem Altar ausfüllt.

Die Bilder in den Fenstern sind nach dem sogenannten typologischen Prinzip der Bibelauslegung gegliedert.

Einer Geschichte aus dem Alten Testament entspricht jeweils eine ähnliche Geschichte aus dem Neuen Testament.

Aber die beiden Geschichten sind nicht nur als Gegensätze, als Antithesen zueinander zu verstehen, sondern auch als zwei Seiten ein und derselben Sache.

Z.B. ist der Mythos vom Turmbau zu Babel mit dem Pfingstwunder parallelisiert.

Und Moses mit den Gesetzestafeln auf dem Berg Sinai mit der Bergpredigt Jesu.

 

Aber die beiden Bilder, die in unserem Zusammenhang besonders wichtig sind, ist das typologische Paar, das Bjørn Nørgaard ganz oben, in der Spitze des Giebeldreiecks angebracht hat.

Auf der einen Seite die Schöpfung - auf der anderen Seite die Dreieinigkeit.

Diese Verteilung ist Anlass, über das Verhältnis zwischen dem allmächtigen Schöpfer, außerhalb der Welt, und Gott nachzudenken, der drei Seiten von sich selbst zeigt, indem er sich als Vater, Sohn und Heiliger Geist zu erkennen gibt.

Bjørn Nørgaard hat die gesamt Altarpartie so komponiert, dass Schöpfung nicht nur etwas ist, was ein für alle Mal geschehen ist, sondern etwas, was allezeit geschieht.

Schöpfung ist eine Bewegung in der Welt. Sie greift in unser Leben ein, in unseren Alltag. Das bringt Bjørn Nørgaard mit einer Altartafel zum Ausdruck, die über dem Altar hängt. Es ist ein tonnenschweres Relief in Blattgold mit einer Darstellung des letzten Abendmahls. Aber wenn man genauer hinsieht, ist es gar nicht Jesus mit den zwölf Jüngern.

Doch, das ist es auch.

Aber auf der einen Seite des Mannes in der Mitte sitzen 6 Frauen zu Tisch. Auf der anderen Seite 6 Männer. Jesus streckt eine Hand aus, und in sie kann der Kirchendiener jeden Sonntag ein frischgebackenes Brot legen. Wie der Kirchendiener auch Wein in das Kristallglas schenken kann, das Jesus mit der anderen Hand hochhebt.

Also wiederum: das letzte Abendmahl war nicht nur ein für alle Mal, sondern ist auch jedesmal, wenn wir trinken und essen.

Es sind zwei Seiten ein und derselben Sache - etwas unwandelbar Ewiges, eine besondere Mahlzeit, bei der Jesus einen neuen Pakt stiftete -

Aber doch etwas, was in Bewegung ist, etwas was mit der Zeit geht - hinein in unsere Zeit. Wenn wir zu Tisch sitzen.

Nicht nur in der Kirche, sondern auch zu Hause, in der Gemeinschaft mit anderen.

Der Schöpfergott gegenüber dem dreieinigen Gott. Kein Gegensatz, sondern eine Bewegung.

Zwei Seiten ein und derselben Sache.

Dieser Doppeltheit begegnen wir auch im Evangelium von heute.

Wir befinden uns am Schluss des Matthäusevangeliums.

Jesus hat seine Jünger auf einen Berg in Galiläa beschieden.

So wie der allmächtige Gott Moses auf den Berg Sinai beschieden hatte, und wie andere besonders vertraute Diener wie er auf Berge beschieden sind, wenn er ihnen etwas Wichtiges sagen will.

Und Jesus sagt zweierlei:

Das eine ist, dass es etwas gibt, was feststeht. Und das ist: "Mir ist gegeben alle Gewalt im Himmel und auf Erden."

Hier ist es der Schöpfergott, der spricht - der allmächtige, Schöpfer Himmels und der Erden, den wir ganz oben links in Bjørn Nørgaards Mosaik begegnen.

Das zweite, das Jesus sagt, handelt von dem, was die Jünger tun sollen.

Sie sollen hinausgehen und alle Völker zu seinen Jüngern machen, indem sie sie im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes taufen. Und indem sie sie all das halten lehren, was er ihnen befohlen hat.

Hier ist es der dreieinige Gott, der sie ausschickt - der alles in Bewegung bringt.

Sie sollen nun die Heilsgeschichte weitererzählen. Und alle zu Jüngern Jesu machen. Alle in der ganzen Welt, nicht nur die wenigen Auserwählten. Zu allen Zeiten - nicht nur hier und jetzt.

„Ihr sollt sie taufen im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes."

Und siehe! - lautet die Verheißung, „Ich bin bei euch - alle Tage, bis an der Welt Ende, bis zur Vollendung der Welt."

So endet das Evangelium, die Heilsgeschichte, mit einem neuen Anfang - für uns. In der Geschichte leben wir. Jetzt. Und in der ist Gott auch gegenwärtig! Denn als dreieiniger Gott ist Gott nicht allein außerhalb der Welt. 

Als Schöpfergott. Gott ist auch in der Welt. Wurde Mensch in Christus.

Und Gott war damals nicht allein in der Welt - in der Zeit, als er in Christus Mensch wurde - Gott ist auch außerhalb dieser abgegrenzten Zeit.

„Und siehe! Ich bin bei euch - alle Tage - bis an das Ende der Welt."

Gott hat nicht nur die Welt ein für alle Mal geschaffen. Sie wird immer wieder geschaffen.

So setzt Gott sich auf eine dynamische Weise durch.

Alle Zeit - an allen Orten - in der Bibelgeschichte und außerhalb der Bibelgeschichte, in der Vergangenheit und in der Gegenwart, und in der Zukunft, die Gott allein kennt.

Und wir sind dabei in der Ewigkeitsgeschichte.

Durch die Taufe werden wir in sie eingeschrieben. Nicht nur als ein einmaliges Ereignis bei der Taufe.

In sie eingeschrieben werden ist wie ausgesandt werden - um sie lebendig zu machen.

Wir haben also eine Mission. Es gibt etwas, was wir tun sollen. Daran mitarbeiten, Gott lebendig zu machen. Indem wir von der Liebe austeilen, die wir selbst geschenkt bekommen haben.

Das heißt: unseren Nächsten lieben mit der Liebe, mit der wir von Gott geliebt sind.

Es mag wie eine unerfüllbare Forderung klingen. Es mag klingen, wie wenn uns eine Verantwortung auferlegt wird, die wir überhaupt nicht tragen können.

Und so ist es auch!

Schon hier und heute - an dem entscheidenden Zeitpunkt - da Jesus vor den elf Jüngern steht - eíner hatte ja bereits versagt - steht dort im Text: als sie ihn sahen, beteten sie ihn an - aber einige zweifelten.

Einige beteten an, andere zweifelten.

Vielleicht waren die Rollen später vertauscht. Dass diejenigen, die damals zweifelten, jetzt anbeten konnten, während die anderen jetzt zweifelten.

So ist es für uns Menschen. Und diese Dynamik hält den Glauben lebendig und leidenschaftlich. Manchmal stark, manchmal schwach.

Eines aber steht fest: Gott ist der, der bei uns ist alle Tage. Sowohl wenn wir zweifeln als auch wenn wir anbeten.

Mit dieser Verheißung können wir mit den Jüngern vom Berg hinabgehen, - und in die lange Trinitätszeit eintreten - wo es wieder Alltag wird und wo wir Sonntag für Sonntag mit den Worten empfangen werden: „Der Herr sei mit euch!"

Amen



Pastorin Eva Tøjner Götke
5230 Odense M
E-Mail: etg@km.dk

Bemerkung:
Übersetzung aus dem Dänischen: Dietrich Harbsmeier


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