Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

8. Sonntag nach Trinitatis, 29.07.2012

Predigt zu Matthäus 16:13-26 (dän. Perikopenordn.), verfasst von Poul Joachim Stender

 

Ich bin in einem Gospelgottesdienst in Los Angeles gewesen. Ich war der einzige Weiße in einer Kirche mit 500 schwarzen, schönen, gut gekleideten, duftenden Menschen. Wow! Warum ziehen wir eigentlich nicht unsere besten Sachen an und benutzen das teuerste Parfüm, wenn wir in die Kirche gehen? Ein guter Rat. Kleide dich für den Herrn und für den Menschen, den du liebst! Lass deine Nachbarn sehen, dass es Sonntag ist. Zeig mit deinem Körper, dass du Christ bist. Mach am Sonntag etwas anders. Geh in die Kirche, zieh feine Sachen an, sei faul, trink teuren Wein, iss die besten Gerichte der Woche, gib mehr Küsse als an Wochentagen. Nun, das war es nicht, was ich sagen wollte.

Ich war in einem Gospelgottesdienst in Los Angeles, und wir hatten viel prachtvolle Musik gehört, und der Pastor sollte jetzt seine Predigt halten. Und der begann seine Predigt so: „Ich möchte gern, dass ihr mir nachmacht, was ich jetzt tue", sagte er, während er einen ganz bestimmten rhythmischen Takt mit Händen und Füßen klatschte bzw. trat. Und als er alle dazu gebracht hatte, dass sie den Takt klatschten und traten, - es war, wie wenn er ein lebendiges Orchester zu seinen Worten geschaffen hatte -, da führte er seine Predigt vor:

„Ich war einmal drogenabhängig. Ja. Ich habe die Polizei gehasst. Die hielten mich pausenlos an und sagten: „Hast du Drogen bei dir?" Und ich sagte: „Nein. Ich habe keine Drogen bei mir!" Und die Polizei untersuchte mich und fand Drogen bei mir, und ich landete im Gefängnis. Ja, im Gefängnis. Denn ich war schlimm damals. Richtig schlimm. Aber dann fand Christus mich, so wie ein Schafhirte ein Schaf findet, dass sich verirrt hat, und Gott hat mich von den Drogen wegbekommen. Ich wurde gefunden. Ich wurde bekehrt. Ich bekam ein neues Leben. Ich wurde rein im Körper. Rein in meiner Seele. Ich wurde Pastor. Halleluja. Eines Tages, als ich schon zwei Jahre lang clean war, wurde ich in meinem Auto von der Polizei angehalten. Der Beamte sagte: „Hast du Drogen in deinem Auto?" „Nein", antwortete ich, „nein, ich habe keine Drogen in meinem Auto. Ich habe einen Fels in meinem Auto", sagte ich, „ich habe Gott in meinem Auto. Der Herr ist mein Fels." Und der Polizist lächelte und sagte, während er seine Schusswaffe wieder einsteckte: „Dann habe ich auch einen Fels in meinem Auto. Fahr weiter!"

Wir mögen vielleicht über die naive Predigt und den begeisterten Pastoren lächeln, der seine Predigt dazu benutzte, seine Botschaft in die Herzen seiner Gemeinde zu hämmern und zu treten. Aber wir sind gezwungen, Fragen zu stellen. Sind wir hier in Dänemark zu intellektuell, wenn wir von Gott reden sollen? Muss man Gottes Wort absolut so schwergewichtig und verschnörkelt machen, wie wir es ja tun? Warum soll man so viele verwickelte Sätze gebrauchen, nur um zu sagen, dass Christus der Fels in unserem Leben ist? Auf ihn sollen wir alles bauen. Wenn alles andere wackelt, wenn alles kaputt geht, ist er da als der Fels. Komplizierter ist das nicht.

Im letzten Sommer habe ich in der blauen Ägäis gebadet. Und als ich geschwommen hatte, legte ich mich auf einen warmen Felsen. Und ich lag auf dem warmen, soliden Felsen und fühlte, dass Gott so ist. Er trug mich. Er hielt mich. Er half mir. Ich baute mein Leben auf etwas, was nicht wie loser Sand unter mir anfangen konnte nachzugeben. Und als ich wieder ins Wasser sprang und weiterschwamm, wusste ich, dass der Fels, auf dem ich mich ausgeruht hatte, das Gewicht meines Körpers und die Schwere meiner Sehnsüchte im Gedächtnis behielt.

Wenn unser Herr Jesus Christus vom Reich Gottes sprechen sollte, dann tat er es so, wie der baptistische Pastor während des Gospelgottesdienstes in Los Angeles. Er erzählte eine gute Geschichte aus dem Alltag, die ein Bild dafür sein sollte, wie Gott ist und wie wir leben sollen. Er sagte: „Was ist eure Meinung? Wenn ein Mann 100 Schafe hat und ein Schaf sich verirrt, verlässt er dann nicht die 99 Schafe in den Bergen und geht hinaus und sucht nach dem verirrten Schaf?" So geht das! Es gibt nichts Schwieriges in der Art und Weise, wie Jesus erzählt. Im Christentum ist nichts Verschnörkeltes. Das Problem besteht darin, dass die Kirche die klare Botschaft in dickes und schweres Papier verpackt und mit Hilfe von vielerlei theologischen Gedankenfäden verschnürt hat. Der Verstand ist dabei wichtiger gewesen als das Herz. Die theologische Korrektheit bedeutungsvoller als das Bemühen, die Botschaft hinauszutragen. Es geht gewissermaßen darum, im Glauben wie in der Liebe den Verstand zu verlieren. Du kannst selbst zwischen folgenden Liebeserklärungen wählen: „Baby, die anatomische Konstruktion deines Korpus, deine, manchmal vielleicht, somnambulischen Bewegungn, die Insufflation deiner Gedanken in mir, sind zur Elevation meines Lebens geworden", oder „Baby, ich liebe dich. Du bist toll!" Was versteht man am leichtesten? Die Sprache des Verstandes oder die Sprache des Herzens?

Das Evangelium des heutigen Tages sagt es ganz klar: Bau dein Leben auf einen Fels. Also auf Gott. Er liebt dich. Er ist das feste Fundament. Und wenn du dein Leben auf ein Fundament baust, brauchst du deshalb noch kein Fundamentalist zu sein. Gott ist ununterbrochen in Bewegung und setzt darum auch in Bewegung in die Richtung auf sich, deine Mitmenschen und mehr Leben. Er setzt dich sogar auch in Bewegung weg von deinen Meinungen, Standpunkten, Vorurteilen. Bau dein Leben nicht auf Geld oder Karriere oder Kapitalpension oder gesundes Essen oder Versicherungen. Bau dein Leben auf Gott. Er ist das einzige Fundament, das halten kann, selbst im Tod. Und damit sind wir wieder bei der Predigt des schwarzen Baptistenpredigers darüber, wie er Gott fand oder richtiger, wie er von Gott gefunden wurde als das Schaf, das sich verirrt hatte, und wie Gott zu dem Fels in seinem Leben wurde. Glauben heißt darauf vertrauen, dass man von Christus gefunden ist und dass er das Fundament in seinem Leben ist. Der Fels. Er ist da als ein Ausgangspunkt für das, was man zu tun hat, was man denkt und was man glaubt. Fest, unerschütterlich wie ein Fels und dennoch in Bewegung. Wenn ihr versuchen wollt, daran zu glauben, dann ruft laut und deutlich „amen", wie man es in einem amerikanischen Gospelgottesdienst zu tun pflegt. Der baptistische Pastor rief nämlich, als er seine Predigt in der wunderbaren Kirche in Los Angeles beendet hatte, folgende Worte: „Was sagt das Volk Gottes?" Und die ganze Kirche brüllte zurück: „Amen". Denn Amen bedeutet: das ist wahr, das ist richtig, das steht fest wie ein Fels. Kommt jetzt! Was sagt das Volk Gottes?????

 



Pastor Poul Joachim Stender
DK 4060 Kirke Saaby og Kisserup Sogn på Midtsjælland
E-Mail: pjs@km.dk

Bemerkung:
Übersetzung aus dem Dänischen: Dietrich Harbsmeier


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