Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

1. Sonntag nach Epiphanias, 13.01.2013

Predigt zu Lukas 2:41-52, verfasst von Poul Joachim Stender


Was können wir für unsre Kinder wünschen? Ich hoffe, unsre Kinder werden aufrührerisch. Jesus war es jedenfalls. Er lief nicht nur seinem Vater Josef und seiner Mutter Maria davon, als sie einmal den Tempel in Jerusalem besuchten. Er saß auch ganz selbständig und diskutierte mit den älteren Schriftgelehrten. Heute hat man den Eindruck, der Aufruhr der Kinder gegen die Autoritäten sei zum Stillstand gekommen. Im großen und ganzen hören Kinder und ihre Eltern dieselbe Musik. Sie tragen dieselbe Kleidung. Sie sehen im Fernsehen dieselben Filme. Gebrauchen dasselbe Handy und sind Benutzer von Facebook. Sie haben weitgehend dieselben Meinungen. Und Sonntagmorgen sind sich Kinder und Erwachsene rührend darin einig, dass sie von der Kirche wegbleiben. Wo ist der Aufruhr abgeblieben? Wo ist der aufrührerische Geist des 12jährigen Jesus im Tempel von Jerusalem hin? Wir brauchen wie jede andre Zeit auch eine Jugend, die der Lebensweise vieler Erwachsener eine Absage erteilt. Wenn wir (Erwachsene) uns nur für Arbeit und Geld interessieren, dann ist es wichtig, dass die Teenager sich gegen uns erheben und uns klarmachen, dass es wichtigeres gibt. Christus z.B. Wenn wir Erwachsenen uns einbilden, dass Unser Herr die Welt verlassen hat und dass es keinen Gott gibt, der sich um unser Leben kümmert, dann ist es lebensnotwendig, dass wir Kinder haben, die Aufruhr gegen uns machen, indem sie sonntags in die Kirche gehen, während wir noch mit Brötchen und Bild am Sonntag im Bett liegen. Hier von der Kanzel möchte ich zur Jugendrevolte mahnen: Auf die Barrikaden, Kinder! Macht Aufruhr gegen die Konsumgesellschaft, das Fernsehen, die Handys, die Suppenwürfel, Markenkleidung, fast food, den Hochbetrieb und das schlappe Verhältnis von uns Dänen zum Christentum. Ihr seid es, die jungen Menschen, die die Kirche erneuern müssen, unsre Welt erneuern und sie mit der Liebe füllen müssen, die Gott uns in der Weihnacht geschenkt hat. Irgendwas ist verkehrt mit unsrer Erziehung, wenn wir nicht imstande sind, unsre Kinder so zu erziehen, dass sie kritisch sind. Wer hat das AT geschrieben? Es waren Menschen, die kritisch waren gegenüber der jüdischen Gottesverehrung. Wer starb Karfreitag am Kreuz? Es war der, der den Aufruhr wagte gegen das, was die Liebe daran hinderte, sich zu entfalten. Zur Zeit sieht es so aus, wie wenn die Kinder uns Erwachsene kopieren. Neulich erhob sich mein ältester Sohn bei einem Silvesterfest mit seinen wohlhabenden Kameraden, für die die Marken auf ihrer Kleidung alles bedeuten, und sagte, seine Generation sei drauf und dran, in Materialismus zu ersticken und sie hätte sich von der Lebensform ihrer Eltern keinen Millimeter wegbewegt. Nachher sagten seine Kameraden zu ihm, dass sie sehr wohl hören könnten, dass er Sohn eines Pastoren sei. Mein ältester Sohn hat recht. Wenn sich die junge Generation von heute einfach nur kritiklos auf den Spuren meiner Generation bewegt, nimmt das kein gutes Ende. Auch nicht, wenn man an den grenzenlosen Alkoholkonsum von uns Erwachsenen denkt. Nein, wir sollen uns keine frommen Kinder wünschen, wenn man unter Frömmigkeit gehorsame Kinder versteht, die die Gesellschaft übernehmen, in die sie hineingeboren werden. Wir sollen uns aufrührerische Kinder von der Art des 12jährigen Jesus wünschen, Kinder, die unsren Lebensstil, unsre Ideen, unsre Träume, unsre Autoritäten, unsre Gewohnheiten, unsre Gottesverehrung infrage stellen. Die eigenen Kinder mit in die Kirche nehmen heißt nicht ausschließlich, sie mit ihrem religiösen Fundament und dem Wort Gottes vertraut zu machen. Jeder Gottesdienst ist rebellisch. Mahnt zu Aufruhr, Revolution gegen den Egosimus und unfruchtbare Traditionen und eine Lebensform, die oberflächlich und kleinbürgerlich geworden ist. Das Evangelium ist in seinem ganzen Geist eine enorme Provokation gegen unsre gegenwärtige Lebensform. Es war nicht ohne Grund, dass UNSER HERR gekreuzigt wurde. Er revoltierte gegen Josefs und Marias Gottesverehrung. Er konnte das Gesetz Moses nicht akzeptieren, wenn es die Einhaltung des Gesetzes höher stellte als das Liebesgebot. Als Christen sind wir die wahren Revolutionäre. Unser Meister und Herr machte Revolution, weil er uns liebte. Und deshalb müssen wir unsre Kinder, Enkel- und Urenkelkinder mit in die Kirche nehmen. Nicht um sie fromm im Sinne von gehorsam zu machen. Sondern um sie aufrührerisch zu machen, so dass sie in ihrem Leben und in der Gesellschaft, die sie aufbauen sollen, nicht dieselben Fehler machen wie wir. Man denke nur an die gewaltige Diskussion (in DK), die wir voriges Jahr über das Vorruhestandsgeld hatten. Sollen wir Vorruhestandsgeld haben oder nicht? Die Kirche hat sich allzeit für das Vorruhestandsgeld stark gemacht. Wir sind davon überzeugt, dass Gott uns das ewige Leben nach unsrem Tod schenkt als einen Lohn, den wir bekommen, ohne ihn verdient zu haben. Das nenne ich „Nachlohn" (wörtl. Übers. des dänischen Wortes für Vorruhestandsgeld). Aber es ist ein Lohn, für den wir gern schon in diesem Leben einen Vorschuss hätten. Und wie bekommen wir den? Diene andren, wie Christus uns diente! Beide Blöcke in der dänischen Politik, sowohl der rote als auch der blaue Block, haben recht. Ob wir nun eine Stunde mehr am Tag arbeiten sollen oder auf unser Vorruhestandsgeld verzichten müssen oder beides auf einmal, so geht es nicht darum, was für uns persönlich von Nutzen ist. Sondern was unsrem Mitmenschen und der Gesellschaft nützt. Wenn ihr jungen Menschen, die ihr heute zufällig in der Kirche seid - und Gott sei Dank haben wir in unsrer Kirche hier in Kirke Saaby junge Menschen, - wenn ihr jungen Menschen irgendwann einmal einen Aufruhr gegen den Gedanken macht, dass sich alles im Leben ausschließlich um einen selbst dreht, dann seid ihr Revolutionäre wie Christus selbst und werdet eine schönere Gesellschaft und ein schöneres Leben schaffen können als das, das wir heute haben. Vielleicht werden wir nicht so reich sein, wie wir es heute sind. Aber wir werden reich an etwas andrem sein als an Geld und materiellen Dingen.Wir werden reich in Gott sein. Deshalb: auf die Barrikaden, ihr Kinder und jungen Menschen. Es ist Zeit für eine ordentliche Jugendrevolte in Jesu Namen. Gott ist mit euch, auch wenn wir Erwachsenen meckern werden.

Amen



Pastor Poul Joachim Stender
4060 Kirke Saaby og Kisserup Sogn på Midtsjælland

Übersetzung aus dem Dänischen: Dietrich Harbsmeier
E-Mail: pjs@km.dk

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