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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Invokavit: 1. Sonntag in der Passionszeit, 17.02.2013

Predigt zu Lukas 22:31-34, verfasst von Ulrich Nembach

             Bitte und starke Worte

Liebe Gemeinde,

„Wenn er mich anruft, darum will ich ihn erhören“, spricht Gott (Ps. 91,15a),

und Petrus sagt zu Jesus: „Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen“ (Lk. 22, 33).

Zwei Texte, die unterschiedlicher nicht sein können. Sie bestimmen diese Predigt, die vor uns liegenden Wochen, die Passionszeit, eigentlich unser ganzes Leben.

Der erste Text gibt dem heutigen Sonntag den Namen: invocavit me, et ego exaudiam eum.

Der zweite Text ist der für den heutigen Sonntag Invocavit vorgeschlagene.

31 Simon, Simon, siehe, der Satan hat begehrt, euch zu sieben wie den Weizen.

 32 Ich aber habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre. Und wenn du dereinst dich bekehrst, so stärke deine Brüder.

 33 Er aber sprach zu ihm: Herr, ich bin bereit, mit dir ins Gefängnis und in den Tod zu gehen.

 34 Er aber sprach: Petrus, ich sage dir: Der Hahn wird heute nicht krähen, ehe du dreimal geleugnet hast, dass du mich kennst.

 1.

„Wenn er mich anruft, will ich ihn erhören“.

Anzurufen, ist heute eine Lieblingsbeschäftigung von vielen. Alles Mögliche und Unmögliche wird gesagt. Der Mobilfunk ist eben noch relativ neu und oft ein tolles Spielzeug nicht nur für Kinder. Dabei gibt es einen Mobilfunk schon seit alters her. Sein Netz ist global. Funklöcher sind unbekannt. Eine Hotline ist geschaltet. Lange Warteschleifen existieren nicht. Ein Flatrate ermöglicht den betrieb zum Nulltarif! So einen Mobilfunk wünscht sich jeder.

Und es gibt ihn. Erstaunlich ist aber, dass dieser Funk relativ selten genutzt wird. Der Funk wird allerdings anders bezeichnet. Es ist das Gebet. Menschen rufen Gott an und er will sie erhören, sagt der Eingangsspruch des heutigen Sonntags.

Liebe Gemeinde, es ist schon erstaunlich, was wir alles in der Ferne suchen. Wir verreisen viel und möglichst zu weit entfernten Zielen. Wir Deutsche sind stolze Weltmeister im Verreisen. Da ist es schon merkwürdig, dass die Nähe Gottes nicht suchen. Das ist gleich die zweite Merkwürdigkeit. Die erste war, dass wir Fans des Mobilfunks die Verbindung zu Gott trotz aller Vorzüge dieser mobilen Verbindung so selten nutzen. Apple & Co verdienen riesige Summen mit dem Mobilfunk, d.h. wir geben dafür viel Geld aus, und die gratis Hotline zu Gott wird oft vergessen.

2.

In dieser Situation ist auch Petrus, von dem unser Text heute berichtet. Petrus betet nicht. Er handelt. Ohne Umschweife sagt er zu Jesus, dass er bereit sei, mit ihm ins Gefängnis, ja in den Tod zu gehen. Er will auch Leiden mit ihm teilen. Wir heute schaffen es nicht einmal, Millionen hungernden Menschen Brot zu geben. Dabei kommt täglich Brot um, wird von uns achtlos weggeworfen. Das Gefängnis damals und das heute ist kein Zuckerschlecken. Der Tod damals, das war in der Regel das Kreuz. Diese schreckliche Erfindung diente dazu, einem Menschen nicht nur das Leben zu nehmen, sondern auch noch im Sterben zu quälen. Es genügt nicht, einem das Leben zu nehmen, nein, er musste auch noch misshandelt werden. Das waren keine Ruhmestaten Roms. Zu diesem leiden ist Petrus bereit, sagt er.

Später, nur wenig später, leugnet er das alles ab, indem er sogar behauptet, Jesus überhaupt nicht zu kennen. „Wahre Freunde steh´n zusammen“, wurde vor wenigen Tagen landauf und landab nicht nur im Rheinland gesungen. Petrus war kein wahrer Freund. In der Tat, das war er nicht. Das sieht Petrus wenig später selbst so. Wenig später - die Ereignisse überstürzten sich – bereut Petrus, was getan, gesagt hat. 3 x hat er Jesus verleugnet, bevor der Han krähte. Er begriff nun, ging hinaus und weinte (Lk. 22,62 parr.). Er, der Mann schämt sich seiner Tränen nicht, sondern seiner Tat.  Er verleugnet Jesus, anstatt zu ihm zu stehen, wie er Petrus selbst zugesagt hatte.

Es fehlte Petrus im entscheidenden Moment der Griff zum Mobilfunk. Ein Anruf bei Gott – wie wäre die Sache weitergegangen? Wir wissen es nicht. Es zu wissen oder nicht zu wissen, bedeutet nicht viel. Wichtig ist - und das ist das Entscheidende – Gott anzurufen. Er erhört die Anrufenden. Ein Ausleger übersetzt den Text sogar, wie folgt:

Ruft er mich (=Gott) an, so erhöre ich ihn,

ich stehe ihm bei in der Not,

ich befreie ihn und bringe ihn zu Ehren!...“

Natürlich wird mancher nun verweisen auf Rufe zu Gott während eines Tests in der Schule, während der Arbeitslosigkeit, auf Krebsstationen, auf Schlachtfeldern, und Gott brachte die Rufer nicht zu Ehren. Gott half nicht, wie die Rufenden es erwarteten. Gottes Vorstellungen von Ehre sind andere als unsere. Er hat Jesus zu Ehren gebracht, aber nicht ohne das Kreuz, sondern mit der Auferstehung durch das Kreuz hindurch. Ostern, was ist das für eine Ehre!

Gott ist der Herr, der Schöpfer, der Allmächtige. Ich staune  immer wieder, was die Astronomen alles entdecken. Ihre riesigen Teleskope schauen weit ins All hinein. Die Bilder, die sei damit aufnehmen, faszinieren mich, uns. Wir zahlen dafür Unsummen. Nur, immer wieder sehen die Astronomen etwas im All, was ganz anders abläuft, als sie sich das anhand ihrer Aufnahmen vorstellen. Die Astronomen müssen ihre Vorstellungen korrigieren. Und eventuell wird bald gar eine Korrektur der Korrektur nötig. Dabei läuft das Ganze schon seit Jahrzehnten, gar seit Jahrtausenden anders, und es läuft. Oder ein anderes Beispiel: Wir würden nicht auf der Erde leben, wenn die Erde nicht ein Magnetfeld hätte. Es schützt uns vor tödlicher Strahlung von der Sonne. Die Sonnen würde uns alle töten, ja, ließe gar kein Leben aufkommen. Wir haben das in den letzten Jahrzehnten erkannt. Der Schutzschild war aber schon vorher da.

3.

Wir stehen am Beginn der Passionszeit. Nicht wenige in unserem Land und in anderen Ländern nehmen diese Zeit zum Anlass, sich einzuschränken. Sie fasten. Sie wollen besser mit anderen Menschen umgehen. Das ist gut, sehr gut. Nur, können wir nicht auch einmal üben, anders mit Gott umzugehen?! Das ist nicht leicht. Es schwerer als zu hungern.

Heute vor 491 Jahren brachte Luther seinen Wittenbergern die Liebe Gottes bei. Gott liebt uns  - er errettet uns bei Anruf – und erwartet von uns ebenfalls Liebe. Petrus kannte im entscheidenden Moment nur sich selbst. Liebe meint den anderen, meint Jesus, meint unseren Nächsten.

Darüber können und sollen wir in den Wochen der Passionszeit nachdenken, danach handeln. Dabei hilft uns die Hotline zu Gott, das Gebet.

Rufen Sie an!

Amen



Prof.a.D. Dr. Dr. Ulrich Nembach
Göttingen
E-Mail: Ulrich.Nembach@theologie.uni-goettingen.de

Bemerkung:
Hans-Joachim Kraus, Psalmen, 5. grundlegend überarbeitete und veränderte Auflage,2 Bde., Neukirchen 1978.Bd. 2 S. 802.


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