Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Rogate, 05.05.2013

Predigt zu Johannes 16:23b-28 dän. Perikopenordn.), verfasst von Eva Tøjner Götke


Als Konfirmanden und gestandene Kirchgänger seid ihr darauf vorbereitet, dass das, was in der Bibel steht, manchmal verschnörkelt klingen kann.

Wie z.B. die Worte, die wir eben aus dem Johannesevangelium gehört haben.

Es sind etwas merkwürdige Worte, die zu den Gottesdiensten in der Zeit zwischen den großen Festtagen Ostern und Pfingsten gehören.

Aber sie passen in Wirklichkeit gut zu eurer Konfirmation.

Denn alles geht darum, dass Jesus im Begriff ist, die Welt zu verlassen, und die Jünger darauf vorbereitet, dass sie auf eigenen Beinen stehen müssen.

Er gibt ihnen Vollmacht.

Gibt ihnen Verantwortung.

Aber er lässt sie nicht im Stich.

Er wird ihnen von seinem Geist, von seinem Glauben geben. So dass sie fortgesetzt im Vertrauen auf Gott leben können. Und im Vertrauen auf die neue Zeit, die vor ihnen liegt.

Und deshalb sagt er:

„Bittet, so werdet ihr nehmen, dass eure Freude vollkommen sei."

Und auf dieselbe Weise steht es mit euch.

Ihr habt auch eine Zeit der Vorbereitung durchgemacht - eine Konfirmationsvorbereitung, in der es darum ging, was es heißt, Mensch in der Welt zu sein, und was Glauben und Vertrauen bedeuten.

Und ihr steht an derselben entscheidenden Schwelle wie die Jünger hier.

Zwischen der Zeit der Kindheit - und damit einem Leben in beschütztem Dasein - und der Entwicklung zur Selbständigkeit, zur Selbstwerdung, in der Aufgabe, zu ergründen, wer ihr seid und was ihr wollt.

 

Die Zukunft liegt offen vor euch.

Und das ist so fantastisch an diesem Fest.

Ihr könnt so ungeheuer viel Neues erwarten.

 

Diese Offenheit und all die Möglichkeiten, die auf euch warten - sie sind auf der einen Seite faszinierend. Aber auf der andern Seite auch erschreckend.

Man steht einer Unzahl von Möglichkeiten gegenüber. Welche Türen sollen wir nun aufmachen? Man kann davon Bauchschmerzen bekommen. Und unsicher werden.

Fürchten wir die Zukunft?

Oder wagen wir es, an sie zu glauben?

Die Antwort braucht kein Entweder-oder zu sein.

Wir können die Furcht sicher nie besiegen. Aber was sich heute hier in der Kirche bei eurer Konfirmation ereignet, hilft uns, dass wir an sie, die Zukunft, zu glauben wagen.

Denn hier werden uns andere Bilder der Zukunft und der Wirklichkeit geschenkt, als sie uns im Alltag begegnen.

Die Bilder, die wir u.a. von den Medien her kennen, zeichnen eine Welt, in der nicht viel Hoffnung zu holen ist.

Eine Welt, die voller Gewalt und Terror, Umweltkatastrophen und Hunger, Krieg und Korruption, Krankheit und Tod ist.

Bilder einer allzu wirklichen Wirklichkeit.

All dies gibt es auch in der Bibel. Denn es gehört ja mit zur menschlichen Wirklichkeit.

Aber die Bibel enthält auch andre Bilder, die auch zur menschlichen Wirklichkeit gehören.

Wie verschnörkelt gewisse Stellen in ihr auch geschrieben sein mögen, so werden uns in der Bibel einige fantastisch schöne und lebensbejahende Bilder der Zukunft gegeben.

Bilder, die uns Glauben geben, und die uns Erwartungen geben an denjenigen, der uns Hoffnung gibt.

Und es gibt in ihr die Bilder des Lebens, Gottes, für die Jesus unsere Augen geöffnet hat.

Das Bild von Gott, der Leben schafft und uns Leben gibt, uns Freude und Glauben gibt, dass wir nicht in Furcht leben müssen.

Dass wir die Welt oder die Zukunft nicht zu fürchten brauchen, sondern uns ihm, dem Leben, anvertrauen - seinem Wort. Dass wir freimütig sind. Vertrauen haben.

Es ist das Bild von Gott, in dem ihr heute bei eurer Konfirmation bestätigt werdet.

Von Gott, der euch eine Zukunft gibt.

So wie wir den Propheten Jeremia im Alten Testament sagen hörten: Ich weiß wohl, wass ich für Gedanken über euch habe, spricht der Herr: Gedanken des Glücks, nicht des Unflücks, dass ich euch gebe eine Zukunft und eine Hoffnung.

Ein Gottesbild dieser Art bedeutet ungeheuer viel.

Denn es bedeutet, dass es nicht nur an euch liegt, euch selbst durch alle die Entscheidungen, die ihr zu treffen habt, eine Zukunft zu schaffen.

Es ist nicht nur eine Frage, ob ihr es gut plant. Ob ihr ein gutes curriculum vitae zusammensetzt. Ob ihr euch eine lange Liste von Kompetenzen erkämpft, die euch Erfolg und Karriere und Reichtum und Wohlstand sichern kann.

So geht es zwar dort draußen vor sich. Es ist die Wirklichkeit. Jedenfalls gerade jetzt in dieser Zeit. Und darin besteht eine kolossale Belastung für uns alle.

Wir stellen massenweise Anforderungen an einander und an uns selbst, dass wir uns jeweils entwickeln sollen - ununterbrochen!

Und uns mehr und mehr Kompetenzen aneignen sollen, damit wir zu etwas werden können und am Ende Glück und Freude gewinnen.

Das ist eine schwere Last. Denn wenn es nicht gelingt - unser Leben, dann ist das ausschließlich unsere eigene Schuld. Dann sind wir die reinen Verlierer.

Das Segensreiche am Geschehen des heutigen Tages ist, dass du darin bestätigt wirst, dass du etwas bist.

Dass du etwas wert bist. Dass wir alle etwas wert sind.

Dass du etwas bedeutest.

Die bist von Gott gesegnet!

Von Anfang an. Du hast das Wort der Taufe dafür. Du bist geliebt als ein Kind Gottes.

Gott rechnet mit dir. Und er gibt dir deshalb eine Verantwortung. Für deinen Nächsten. Für andre als dich selbst und deine eigene Selbstentwicklung.

Deine Zukunft ist geseget! Wozu du selbst es auch immer bringst. Und wie immer sich dein Leben entfaltet. Das ist das Glück, das Gott dir gibt.

Und das ist ein ganz andres Bild von Glück als das Glück, das wir sonst kennen.

Es ist kein Glück, das du selbst erstrebst.

Es ist dir gegeben.

Es ist kein Glück, das du für Geld kaufen kannst.

Es ist dir gegeben.

Darin wirst du heute bestätigt.

Es ist ein Glück, von dem du jetzt leben sollst. Es ist deine Wirklichkeit.

Aber hat das nun auch eine Grundlage in der Wirklichkeit? So habt ihr gefragt.

Ist es nicht einfach allzu gut, um wahr zu sein?

Sind das nicht nur Worte - verschnörkelte Worte - Bilder, die keinen Zusammenhang mit der Wirklichkeit haben, mit der Wirklichkeit dort draußen, die wir nur allzu gut kennen?

Wir begegnen doch auch Widerstand und Unglück, Krankheit und Trauer.

Den Zweifel und das Schwanken besaßen die Jünger auch.

So ergeht es jedem Menschen.

Und wir besitzen ihn, weil wir nicht ohne die Bilder leben können, die Leben und Freude und Glauben und Hoffnung schaffen. Das Leben wäre ohne dies nicht dasselbe. Die Wirklichkeit wäre eine andre.

Sie wäre unmenschlich.

Und deshalb feiern wir Gottesdienst.

Wir haben es nötig, es immer wieder zu hören. Wir haben es nötig, dass wir um Glauben beten. Wir müssen Lieder singen, die uns mit den Bildern erfüllen, die uns im Leben bestätigen. Und die uns dadurch zum Leben erwecken. Die Lebensfreude in uns erwecken. Und uns erfüllen mit Erwartung an die Zukunft.

Diese Lebensfreude habt ihr in euch. Und es war fantastisch, dabei Zeuge zu sein. Ich möchte fast sagen, sowohl faszinierend als auch erschreckend.

Lebensfreude - ist ganz einfach das beste Bild, das ich von euch gebrauchen kann.

Von eurer ... Lebhaftigkeit und eurem lauten Rufen, eurem Lachen und Feixen und eurem Gejohle, euren Gesprächen und eurem Eifer, eurer Unruhe, eurem Mangel an Disziplin und Konzentration und euren Millionen von Fragen auf einmal...

Das ist die reine Lebensfreude!

Sie war nicht zu bändigen.

Und ich hoffe von ganzem Herzen, dass ihr sie euch bewahrt.

Und sie die Triebkraft in eurem Leben sein lasst.

Denn um sie geht es im Christentum.

Evangelium - bedeutet, wie ihr wisst, „frohe Botschaft".

Und damit kam Jesus in die Welt. Mit der Freude. Der Lebenfreude. Und er hinterließ sie hier.

Obwohl er die Welt wieder verließ. Die Freude sollen wir Wirklichkeit werden lassen. In unsrem Leben miteinander. Heute am Fest eurer Konfirmation - und im Alltag, der kommt.

 

Herzlichen Glückwunsch zu eurer Konfimation.

Amen


 



Pastorin Eva Tøjner Götke
5230 Odense M.
E-Mail: etg@km.dk

Bemerkung:
Übersetzung aus dem Dänischen: Dietrich Harbsmeier


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