Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Sonntag nach Trinitatis, 09.06.2013

Predigt zu Lukas 14:16-24 (dän. Perikopenordn.), verfasst von Thomas Reinholdt Rasmussen


 

Stellt euch vor, ihr wolltet zu einem Fest einladen. Ein großes Fest anlässlich eines Geburtstages, einer Hochzeit o.ä. soll gefeiert werden, und ihr verschickt viele Einladungen, und dann fangen die Absagen an einzulaufen. Die Leute lehnen mit den merkwürdigsten Entschuldigungen ab. Und zwar sind es nicht nur wichtige Entschuldigungen wie etwa die, dass man zur Beerdigung eines engen Verwandten müsste oder etwas dergleichen. Nein, es sind bedeutungslose Entschuldigungen wie z.B., dass man zu Hause eine Wand hat, die man streichen will, oder neue Schuhe, die an einlaufen möchte. Ich glaube eigentlich, man würde ehrlich wütend und sicher auch etwas enttäuscht von den Freunden und Bekannten, die man eingeladen hatte.

Aber genau dies findet nach dem Bericht des heutigen Evangeliums statt, dem Gleichnis von dem großen Festessen. Wir schlagen die Einladung mit dem merkwürdigsten Gründen aus. Und ich könnte mir vorstellen, dass man im Laufe der Zeit dieses Gleichnis benutzt hat, um die träge Bevölkerung aufzurütteln, die nicht in die Kirche kommt, sondern am Sonntagmorgen nur faulenzt. Aber dazu gibt es doch keinen Grund. Es gibt keinen Grund, sich über jemanden aufzuregen, der nicht mit dabei sein will. Stattdessen sollten wir uns über das Evangelium freuen, das aus der Erzählung spricht. Denn hier wird ein Evangelium verkündigt, auch wenn es nicht oder nur von ganz wenigen Menschen angenommen wird.

Denn man versetze sich in die Lage des Einladenden: wenn ihr auf eure Einladung zu einem Fest so törichte Absagen bekommen hättet. Man wäre gewiss traurig gewesen, enttäuscht und wütend. Aber man hätte doch nicht gesagt: dann laden wir eben andere Menschen ein! Wir wären doch wohl kaum auf die Straße gegangen, um andere Leute einzuladen, die wir vielleicht gar nicht kennen und die zu einem Fest einzuladen wir uns kaum hätten vorstellen können; aber nichtsdestoweniger geschieht genau das im Gleichnis.

Und das ist Evangelium.

Darum hat das Gleichnis zwei Hälften: in der ersten Hälfte ziehen wir uns das Urteil zu, Gottes Wort nicht zu hören, und in der zweiten Hälfte verbleibt das Wort Gottes auf ewig. Die erste Hälfte ist das, was wir uns selbst sagen können: dass wir das Wort und die Einladung nicht hören; dass wir dies nicht hören, dazu brauchen wir keine Kirche oder sonstwas, die uns das erzählt. Wir brauchen uns nur selbst anzuschauen. Aber dass die Einladung - in völligem Gegensatz zu dem, was wir sonst getan hätten - fortdauernd gilt, das ist Evangelium, und es ist wahrer Trost.

Denn unsere Einladungen werden mit der Zeit allmählich müde und enttäuscht. wenn sie nicht gehört werden; Gottes Einladung zum Fest aber gilt fortdauernd, trotz allem. Trotz schlechter Ausflüchte, trotz verstopfter Ohren, trozt verkehrter Entscheidungen. Wenn es die andere Hälfte des Gleichnisses nicht gäbe, wäre das Gleichnis gar kein Christentum, sondern es wäre bloß eine altkluge Erzählung davon, dass manche Menschen korrekte Wahlentscheidungen treffen, während andere das nicht tun. Nun ist das Gleichnis aber ein starker Bericht - ja eine starke Verkündigung - von der „Unbremsbarkeit" des Wortes Gottes; dass Gott in seiner Gnade hinausgeht, um uns zu holen, um uns - wie es im Text heißt - zu dem Fest zu „nötigen". Evangelium trotz allem.

Die geladenen Gäste haben viele Entschuldigungen, und wir können ohne weiteres hören, dass sie schlecht und inhaltslos sind, und wir können hier noch zum Schluss darüber nachdenken, ob es vor Gott überhaupt gute Entschuldigungen gibt. Kann man mit Recht das Wort Gottes ablehnen? Gibt es dafür irgendeine Entschuldigung, die gut genug wäre?

Nein, nicht, wenn alles von Gott aus Gnaden kommt, dann gibt es keine Entschuldigungen, die gut genug wären. Wenn die Einladung aus Gnade ausgesprochen ist, gibt es keine legalen Hindernisse dagegen. Wir können vor Gott - vor unserem Schöpfer -nicht Recht bekommen.

Und eigentlich ist das doch in allen anderen Bereichen des Lebens unser großer Schreck: dass wir keine Entschuldigung haben. Dass wir unser Verhalten nicht rechtfertigen können; aber im Verhältnis zu Gott ist es unsere große Freude und Freiheit. In der Einladung von Gott sind wir ohne Entschuldigung, was bedeutet, dass wir von Gott so, wie wir sind, gekannt sind. Als diejenigen, die vielleicht nicht immer dem Leben genügen, als derjenige, der manchmal so schmerzlich erfährt, dass man das Gute, das man wohl tun will, nicht tut, aber das Böse tut, das man nicht will. Aber wenn wir vor Gott keine Entschuldigung haben, die gut genug ist, dann können wir nur die sein, die wir sind mit unserer ganzen Geschichte, all unseren guten und schlechten Erfahrungen, und mit all unserer Schuld. In der Einladung sind alle Entschuldigungen vom Tisch gewischt, weil sie schlecht sind, und es gilt nur die Einladung von Gott.

Und das ist Evangelium.

Wenn man also das heutige Gleichnis als einen rein menschlichen Bericht auffasst, wird es schnell zu einem aufgeblasenen Bericht darüber, dass es Menschen gibt, die hören, und andere, die nicht hören; aber dann würde das Gleichnis plötzlich von uns handeln, während es rechtmäßig doch von Gott handeln sollte, und wenn es von Gott handelt, dann handelt es von Gottes andauernder Einladung durch alle Hindernisse hindurch an uns, die wir vielleicht das größte Hindernis sind, um uns zu dem Fest zu rufen, um uns zum Reich Gottes zu rufen.

Amen



Pastor Thomas Reinholdt Rasmussen
DK-9881 Bindslev
E-Mail: trr@km.dk

Bemerkung:
Übersetzung aus dem Dänischen: Dietrich Harbsmeier


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