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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Johannistag, 24.06.2013

Predigt zu Matthäus 11:11-13, verfasst von Christian-Erdmann Schott

 


Der Predigttext:

7 Als die Jünger des Johannes gegangen waren, wandte sich Jesus an die Menschen, die sich um ihn versammelt hatten, und .......(sagte):] 11 Ja, ich versichere euch: Von allen Menschen, die je geboren wurden, ist keiner bedeutender als Johannes der Täufer. Trotzdem ist der Geringste in Gottes neuer Welt größer als er. 12 Seit Johannes der Täufer da ist, beginnt Gottes neue Welt, wenn auch andere das mit Gewalt verhindern wollen. 13 Das ganze Gesetz und die Propheten bis hin zu Johannes haben darauf hingewiesen.

 

Liebe Gemeinde,

Es ist eine wahrhaft ungeheure Aussage, die Jesus Christus über Johannes macht:

Von allen Menschen, die je geboren wurden, ist keiner bedeutender als Johannes der Täufer.

Dabei ist die Erinnerung an Johannes bei uns eher gespalten, ja widersprüchlich: Auf der einen Seite verehren wir Johannes als einen bewundernswert mutigen Mann; einen Propheten, der die Einhaltung der Gebote mit unbeirrbarer Klarheit einforderte. Dabei machte er auch vor Hohen und Mächtigen nicht Halt. Auf der anderen Seite war er aber auch ein Mann, dem dieser Mut zum Verhängnis wurde. In seinen Predigten hatte er auch von seinem Landesherren, Herodes, gefordert, dass er sich an die Gebote hält und getadelt, dass er sie für alle erkennbar, öffentlich sichtbar verachtet. Herodes hatte viel auf dem Kerbholz, unter anderem auch, dass er seinen Bruder Philippus umbringen ließ, weil er an dessen Frau herankommen wollte. Diese, Herodias, hat er dann auch zu sich genommen samt ihrer Tochter Salome. Den Johannes aber zog er kurzerhand aus dem Verkehr, das heißt, er ließ ihn einsperren, wusste zu diesem Zeitpunkt aber wohl noch nicht, was er mit ihm machen wollte.

Nicht lange darauf fand im Palast des Herodes ein Fest statt. Salome führte einen Tanz auf, der dem Herodes so gut gefiel, dass er ihr einen Wunsch frei gab. Aber was sollte sich das junge Mädchen wünschen? Nach Beratung mit ihrer Mutter erbat sie sich den Kopf des Johannes. Damit fiel die Entscheidung: Es wurden Henker in den Kerker geschickt. Sie schlugen Johannes das Haupt ab und trugen es auf einer Schüssel in die Festversammlung hinein.

Dieses Ende des Johannes ist ein Beispiel für viele aufrichtige und mutige Menschen, die es gewagt haben, den Mächtigen ihrer Zeit die Wahrheit zu sagen und sie an die Einhaltung der einfachsten Grundsätze der Menschlichkeit zu erinnern, die jedes Jahr in irgendeiner Diktatur auf dieser Erde ermordet werden. Johannes gehört zu diesen äußerlich so erfolglosen, willkürlich aus dem Weg geräumten Zeugen der Wahrheit; von denen viele ganz plötzlich und überraschend verschwinden und nicht mehr da sind.

Nun könnte man sehr begründet fragen: Einen derart zwar mutigen, aber gescheiterten Propheten wie Johannes sollen wir verehren? Das ist in der Tat die eine Seite der Spannung, die wir nicht vergessen. Die andere Seite ist, dass schon Jesus selbst gerade diesen Johannes mit so sehr ungewöhnlichen Worten herausstreicht. Ich zitiere noch einmal:

Ja, ich versichere euch: Von allen Menschen, die je geboren wurden, ist keiner bedeutender als Johannes der Täufer. Und fährt fort: Seit Johannes der Täufer da ist, beginnt Gottes neue Welt, wenn auch andere das mit Gewalt verhindern wollen.

Damit ist für alle, die an Jesus Christus glauben, klar: Auch wenn Johannes äußerlich gescheitert ist und Herodes sich als Sieger fühlen konnte, die geheime Kraft Gottes wirkt weiter. Ja, die Botschaft an alle, die das hören, Entschlossene genauso wie Zögerliche, heißt: Gott ist nicht besiegt. Lasst euch nicht erschrecken. Geht euern Weg in Wahrheit und Mut, auch wenn alles dagegen spricht. So kommt es, dass wir mit Johannes dem Täufer einen Mann verehren, der nach den Maßstäben der Welt verloren hat, der aber bei Gott zu den ganz Großen zählt.

Und der auch ganz in der Tradition des Alten Testamentes steht. Jesus sagt es selbst: Das ganze Gesetz und die Propheten bis hin zu Johannes haben darauf hingewiesen - das heißt, Johannes gehört zu der langen Kette, ist der Letzte in der langen Kette der prophetischen Zeugen der Wahrheit, von denen das Alte Testament berichtet.

Dabei möchte ich daran erinnern, dass es unter den Propheten nicht nur kalt Gestellte, Gescheiterte, Ermordete gegeben hat. Es hat auch Propheten gegeben, die Erfolg hatten und gehört wurden. Einer von diesen ist Nathan. Auch er war ein ungewöhnlich mutiger Mann - der etwa tausend Jahre vor Johannes gelebt hat. Er hatte es mit David zu tun, besser - er hatte es mit dem alternden David zu tun. Denn das steckt auch hinter dieser Geschichte:

David hatte sich in der Thronfolge klar gegen Saul durchgesetzt. Er war nun an der Macht, unbestritten im ganzen Land. Aber er verspürte nun auch keine besondere Neigung mehr, ständig in den Krieg zu ziehen, das raue Leben mit den Kämpfern zu leben, in Zelten oder im Freien zu übernachten, und so überließ er das Kriegführen seinem Feldmarschall Joab. Dieser war ein zuverlässiger, ihm treu ergebener Mann. Nun blieb David in seinem Palast zurück. Er langweilte sich und spazierte auf seinem Dach umher und da fiel sein Blick auf ein Nachbargrundstück und er erblickte eine sehr schöne Frau. Er ließ sie zu sich kommen und erfuhr, dass sie Bathseba hieß und die Frau eines jungen Offiziers war, der mit der Truppe im Feld stand. Uria war sein Name. Nun ließ David den Joab wissen, man möchte doch bei den nächsten Feindberührungen den Uria so aufstellen, dass er ohne Deckung bleibt und vom Feind getötet wird.

Das ist auch geschehen. Uria starb den Heldentod und wurde feierlich betrauert. Dann nahm David Bathseba zu sich - die übrigens später die Mutter des Königs Salomo wurde. Diese Tat des Davids ist in der Öffentlichkeit nicht unbemerkt geblieben. Jedenfalls sah sich der Prophet Nathan veranlasst, zu David zu gehen und ihn an die Gebote Gottes, vor allem an das fünfte (Du sollst nicht töten) und sechste (Du sollst nicht Ehe brechen) zu erinnern. Nun hätte David genauso reagieren können wie Herodes oder wie viele andere Mächtige es auch tun und getan haben - bis heute: Nämlich alles abstreiten und den Propheten umbringen lassen. Aber das tat David nicht. Es ist sehr eindrucksvoll zu lesen, wie er Nathan reden lässt, ihn anhört und dann wirklich in sich geht, sein Verhalten bereut und bedauert, wie er Buße getan hat und am Ende - Nathan unversehrt gehen ließ. Die biblische Erzählung beendet diese Geschichte von Nathan und David mit einem kleinen, aber sehr bezeichnenden und wichtigen Satz: „Und Nathan ging heim" (2. Sam. 12,15)

So schön endet die Geschichte von Johannes dem Täufer nicht. Im Gegenteil, hier sieht es so aus, als sei Herodes der Sieger und die Konsequenz für uns, dass wir einsehen, es hat keinen Zweck gegen das Unrecht anzukämpfen, wir ziehen allemal den Kürzeren, darum geben wir klein bei und passen uns an. Aber genau das wäre die falsche Konsequenz. Jesus hat es klar ausgedrückt: Seit Johannes der Täufer da ist, beginnt Gottes neue Welt, wenn auch andere das mit Gewalt verhindern wollen. Die neue Welt, das Reich Gottes, kommt. Es kommt verborgen unter Leiden, Verfolgung, Kreuz. Aber es kommt, - unaufhaltsam. Und wenn es auch nicht so aussieht, so dürfen wir doch daran glauben und in Johannes dem Täufer einen ersten vollmächtigen Zeugen dieser neuen Welt sehen.

Das heißt: Die Feinde des Reiches Gottes werden nicht zum Ziele kommen. Gott will den Sieg seiner Gerechtigkeit, seiner Wahrheit, der Menschlichkeit, des Glaubens. Dieser Sieg des Reiches Gottes ist nicht aufzuhalten, eben weil Gott es will - auch wenn andere das mit Gewalt verhindern wollen. Amen.



Pfarrer em. Dr. Christian-Erdmann Schott
Mainz-Gonsenheim
E-Mail: ce.schott@arcor.de

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