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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

15. Sonntag nach Trinitatis, 08.09.2013

Predigt zu Lukas 17:5-6, verfasst von Thomas Jabs

 

Thema: Samen einer neuen Welt


Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des
heiligen Geistes sei mit euch allen.


Liebe Gemeinde!

Zu Beginn eine Geschichte, deren Verfasser unbekannt ist.:

Ein junger Mann hatte einen Traum: Er betrat einen Laden. Hinter der Ladentheke sah er
einen Engel. Hastig fragte er ihn: „Was verkaufen Sie?"
Der Engel gab ihm freundlich Antwort: „Alles, was Sie wollen."
Der Junge Mann sagte: „Dann hätte ich gerne:

- das Ende der Kriege in aller Welt
- immer mehr Bereitschaft, um Miteinander zu reden,
- Beseitigung der Elendsviertel in Lateinamerika,
- Ausbildungsplätze für Jugendliche,
- mehr Zeit der Eltern, um mit ihren Kindern zu spielen, und ..."

Da fiel ihm der Engel ins Wort und sagte:

„Entschuldigen Sie, junger Mann, Sie haben mich falsch verstanden. Wir verkaufen keine
Früchte, wir verkaufen Samen."

Von einem solchen Samen sprach Jesus und wir haben dieses Wort als heutigen Predigttext.
Lukas 17,5-6

5 Und die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben! 6 Der Herr aber
sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem
Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Die Jünger wünschen sich einen starken Glauben, so wie sich der Junge Mann in der Geschichte
eine heile Welt wünscht - ein Himmelreich. Der junge Mann wird vom Engel darauf
hingewiesen, dass er Samen kaufen könne. Interessant wäre es nun zu wissen, was
das für ein Samen ist aus dem eine heile Welt wächst. Da hilft uns Jesus weiter. Jesus
sagte seinen Jüngern: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann...
Aus einem Glauben so groß wie ein Senfkorn, wächst die Kraft des Glaubens, die Kraft die
Welt zu verändern. Wenn wir also wissen wollen, was ist das für ein Kraft, die die Welt verändert,
müssen wir wissen, was ein Senfkorn ist. Ich zitiere: Lexikon zur Bibel:

Das Samenkorn des schwarzen Senfs, einer einjährigen Pflanze mit
holzigem Stamm, die sehr schnell aufschießt und eine Höhe von 2,5-3m erreicht. Dieser
Baum ist ein beliebter Aufenthalt der Diestel- und Goldfinken, die seine ölhaltigen Samenkörner
besonders gern fressen (Mt 13,31f). ... Die geringe Größe des Senfsamens (0,95 -
1,1 mm Durchmesser) ist sprichwörtlich und wird von Jesus im Gleichnis vom werdenden
Gottesreich verwendet, das kaum bemerkt und unscheinbar seinen Anfang nimmt und
doch eine Dynamik und eine Wachstumskraft entfaltet, die seine Ausbreitung in aller Welt
vorantreibt. ..."

Wikipedia: „Wenn im Spätsommer oder Herbst Felder noch einmal gelb erblühen, handelt
es sich oft um Schwarzen oder Weißen Senf, der den Boden als Zwischenfrucht bedecken
soll, die Auswaschung von Nährstoffen - insbesondere Nitrat - verhindern oder reduzieren
soll und später zur Humusanreicherung untergepflügt wird.

Das Senfkorn also hat vor allem zwei Eigenschaften:
  1. Es ist sehr klein, kleiner als 1mm Durchmesser und schießt sehr schnell zu einer
      3m hohen Pflanze auf.
  2. Es wird vor allem als Zwischenfrucht ausgesät. Es bewahrt und düngt den Boden,
      bleibt aber nicht. Es wird einfach untergepflügt um neuen Pflanzen Wachstum zu
      geben.

Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann...
Ja, dann könntet ihr vor allem zweierlei:
  1. eine sehr kleine Kraft erreicht sehr schnell eine gewaltige Stärke und
  2. diese Kraft ist vorübergehend. Sie ist nicht selbst das Ziel. Sie bereitet den Boden
     für neue Lebensmöglichkeiten.

So ist Glauben, den Jesus meint. Das will ich ihnen zuerst beweisen und dann am Beispiel
erläutern. Beweisen will ich Ihnen, dass Jesus genau diese beiden Aspekte meinte und
gerade darum das Senfkorn wählte und nicht die Kokosnuss.

Jesus selbst hat genau aus diesem Glauben gelebt. Das Wesentliche, das Schlüsselereignis
für den christlichen Glauben sind Tod und Auferstehung Jesu.

Er selbst war Ende seiner Kräfte. Sein Glaube reichte noch ein Psalmwort aus Psalm 22
Vers 2 zu beten bevor er starb. Mehr nicht. "Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?"

Doch genau diese kleine Kraft erreichte sehr schnell eine gewaltige Stärke. Ich benenne
sie mit Psalm 22, 19-32

19 Sie teilen meine Kleider unter sich und werfen das Los um mein Gewand. 20 Aber du,
HERR, sei nicht ferne; meine Stärke, eile, mir zu helfen! 21 Errette meine Seele vom
Schwert, mein Leben von den Hunden! 22 Hilf mir aus dem Rachen des Löwen / und vor
den Hörnern wilder Stiere - du hast mich erhört!1 23 Ich will deinen Namen kundtun meinen
Brüdern, ich will dich in der Gemeinde rühmen: 24 Rühmet den HERRN, die ihr ihn
fürchtet; ehret ihn, ihr alle vom Hause Jakob, und vor ihm scheuet euch, ihr alle vom Hause
Israel! 25 Denn er hat nicht verachtet noch verschmäht das Elend des Armen und sein
Antlitz vor ihm nicht verborgen; und als er zu ihm schrie, hörte er's. 26 Dich will ich preisen
in der großen Gemeinde, ich will mein Gelübde erfüllen vor denen, die ihn fürchten. 27 Die
Elenden sollen essen, dass sie satt werden; / und die nach dem HERRN fragen, werden
ihn preisen; euer Herz soll ewiglich leben. 28 Es werden gedenken und sich zum HERRN
bekehren aller Welt Enden und vor ihm anbeten alle Geschlechter der Heiden. 29 Denn
des HERRN ist das Reich, und er herrscht unter den Heiden. 30 Ihn allein werden anbeten
alle, / die in der Erde schlafen; vor ihm werden die Knie beugen alle, / die zum Staube
hinabfuhren und ihr Leben nicht konnten erhalten. 31 Er wird Nachkommen haben, die
ihm dienen; vom Herrn wird man verkündigen Kind und Kindeskind. 32 Sie werden kommen
und seine Gerechtigkeit predigen dem Volk, das geboren wird. Denn er hat's getan.

Aus den einen Vers der Verlassenheit aus einem Gebet wuchs die Erfüllung eines ganzen
Psalmes mit all seinen Verheißungen. Zu der kleinen Kraft des Glaubens noch zu beten in
der letzten Stunde, eilte Gottes Stärke um zu helfen.

Dieser Glaube selbst, war nicht das Ziel. Er hat den Boden bereitet für neue Lebensmöglichkeiten.
In der Bibel wird das so gesagt: 1. Kor 15,20-22

20 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen
sind. 21 Denn da durch "einen" Menschen der Tod gekommen ist, so kommt
auch durch "einen" Menschen die Auferstehung der Toten. 22 Denn wie sie in Adam alle
sterben, so werden sie in Christus alle lebendig gemacht werden.

Über das Ziel ist heute nicht weiter zu reden. Heute geht es um den Glauben wie ein Senf -
korn. Jesu Glauben, sich selbst im Sterben an Gott zu wenden und sei es in einem Psalmvers,
dieser Glauben hat den Tod mit Stumpf und Stiel ausgerissen. Somit haben wir ein
Drittes.

Was für ein Glauben ist das, den Jesus meinte, den er seinen Jüngern sagte.
Was für ein Glauben ist das, den wir suchen, finden, wünschen, geschenkt bekommen, leben
mögen. Es ist ein Glaube, der

  1. als eine sehr kleine Kraft sehr schnell eine gewaltige Stärke erreicht und
  2. diese Kraft ist vorübergehend. Sie ist nicht selbst das Ziel. Sie bereitet den Boden
      für neue Lebensmöglichkeiten.
  3. weil er mit Stumpf und Stiel ausreißt, was das Leben hindert.

Unser Glaube bedarf also weder besonders starker Menschen, noch besonders standhafter
Glaubender. Unser christlicher Glaube ist wie ein Senfkorn und das reicht. Dazu erinnere
ich an den jungen Mann vom Anfang und an seinen Traum, doch will ich von zwei anderen
die es wirklich gibt erzählen. Diese beiden haben mich beeindruckt und sind eine
schöne Erläuterung ein Beispiel was Vertrauen und Mut, was Menschen, die bereit sind
einen Samen zu legen bewirken können. Ein Prinzip, das überall gilt, wo es um Vertrauen
geht und um die Ausbreitung des Reiches Gottes also besserer Lebensmöglichkeiten für
seine Menschen. Nun aber endlich das Beispiel:

Zwei junge Männer namens Ali Samadi und Oliver Stoltz hatten einen Traum. Sie wollten
ein Film über Kindersoldaten drehen. Sie betraten im Kriegsgebiet im Norden Ugandas
eine Caritasstation. Hinter der beeindruckenden Arbeit sahen sie Menschen, wie Engel für
die Kinder dort. Sie mögen sich gefragt haben: „Was verschenken diese Engel!"

Sie verschenken einen Samen. In aller Ruhe fragten die beiden Filmemacher und filmten.
„Sie hatten kaum gehofft auf das Ende des Krieges in diesem Teil der Welt, auf immer
mehr Bereitschaft der verfeindeten Volksgruppen miteinander zu reden, kaum gehofft auf
die Beseitigung der Elendsquartiere in denen Kinder hausten, gewünscht hatten sie Ausbildungsplätze
für die Kinder und Jugendlichen, die sie kennengelernt und gefilmt hatten
und natürlich auch gewollt, dass mehr Zeit der Verwandten investiert wird, um diese Kinder
wieder ins Leben zurückzuholen." (Zitat aus dem Bonusmaterial des Filmes)

Erwartet haben sie das nicht und erst recht nicht von ihrem Film.
Doch dann gewannen sie 2005 die Berlinale, Die Öffentlichkeit hob dieses Thema in den
ersten Rang, der Bundestag wurde aufmerksam und nahm sich des Themas in einer eigenen
Sitzung an, knüpfte die Zahlung der Entwicklungshilfe für dieses Land an die Bereitschaft
der Regierung Friedensverhandlungen zu führen. Groß-Britannien und Kanada
schlossen sich an. 2006 im Juli haben die Friedensverhandlungen begonnen.

Inzwischen ist der Film gelaufen und längst aus den Kinos. Doch haben die beiden jungen
Männer mit einem kleinen Film den Boden bereitet für neue Lebensmöglichkeiten. Sie haben
die Unkenntnis, ja das Vergessen dieser Kinder in unserer Welt mit Stumpf und Stiel
ausgerissen.

Die Stärke des Glaubens, die Jesus beschrieb, galt also nicht nur für ihn. Sie ist eine Regel
in dieser Welt, nach der wir leben können. Auf diese Weise, können wir die großen
Probleme der Welt angehen und die Probleme in unserem persönlichen Alltag, die vor uns
stehen groß wie ein Berg.

Ein Glaube so groß wie ein Senfkorn genügt.

● Denn zu unserer kleinen Kraft des Glaubens eilt Gottes Stärke, um zu helfen.
● Denn noch durch den kleinsten Glauben lassen sich Lebensmöglichkeiten jenseits
der Berge von Problemen in den Blick nehmen
● denn erst einmal begonnen den Glauben zu leben, wird das, was heilem Leben entgegen-steht mit Stumpf und Stiel ausgerissen werden.

Darauf dürfen wir uns verlassen. Amen

Und der Friede Gottes der höher ist alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und sinne in
Christus Jesus unserem Herrn.

 



Pfarrer Thomas Jabs
12623 Berlin
E-Mail: Pfarrer.Jabs@kirche-mahlsdorf.de

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