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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

15. Sonntag nach Trinitatis, 08.09.2013

Predigt zu Lukas 17:5-6, verfasst von Peter Schuchardt

 


„Der starke Glaube wächst aus Vertrauen"

Der Predigttext für heute steht bei Lukas im 17. Kapitel, die Verse 5 und 6:

5. Die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben!
6.
Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Liebe Schwestern und Brüder, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden!

Das sind Worte, die ganz wunderbar zu eurer Begrüßung heute passen, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden. Denn ihr macht euch ja auf den Weg. Zwei Jahre Konfer, zwei Jahre lang nachdenken, singen, lesen, reden über den Glauben. Die ersten Wochen liegen schon hinter euch. Ihr zeigt: Ihr habt großes Interesse und seid voller Freude dabei. Und trotzdem ist es für einige von euch noch fremd, alle diese Worte, Glaube, Bibel, Christus, Gott. Da sind manche Fragen, da ist manche Unsicherheit. Ihr kommt heute auch wie die Jünger, wie die Apostel zu Jesus, zum Herrn und bittet: „Stärke uns den Glauben!" Aber nun denkt bloß nicht: all die anderen, die heute hier sind, die euch auf dem Weg durch die Konfirmandenzeit begegnen werden, brauchen das nicht, brauchen keine Stärkung für ihren Glauben! Das werdet ihr erfahren: Der Glaube ist nicht etwas, was man als Kind, als Jugendliche kennenlernt und das dann im Laufe der Jahre einfach immer weiter wächst. Ihr, liebe Eltern, liebe Schwestern und Brüder, wisst das nur zu gut. Der Glaube ist lebendig. Der Glaube trägt uns. Der Glaube erlebt manchmal Zeiten voller Zweifel - und manchmal ist er das einzige, was uns im Leben hält.

Der Glaube ist wichtig, ganz wichtig sogar. Das ist ja klar, könnte man meinen, Kirche hat ja immer was mit Glauben zu tun. Und unser Bibeltext zeigt uns das auch: ausgerechnet die Apostel kommen mit dieser Bitte zu Jesus: „Stärke uns den Glauben!" Jesus hat ihnen gerade erzählt: Der Weg des Glaubens, der Weg mit Gott ist nicht leicht, ist kein Zuckerschlecken. Manche Menschen werden versuchen, euch vom Weg des Glaubens abzubringen. Und es gibt Menschen in der Gemeinde, die werden euch das Leben miteinander nicht leicht machen. Falsche Beschuldigungen, Trotz, Verletzungen, alles das wird es auch in der Gemeinde geben. Es wird passieren, dass dein Bruder oder deine Schwester im Glauben sündigt, den Weg mit Gott verlässt. Und trotzdem sollst du ihr immer wieder vergeben, sie immer wieder annehmen und auf eine gute Zukunft für ihn und sie hoffen. Ja, das ist nicht leicht. Dazu braucht man einen starken Glauben.

Aber was ist eigentlich Glauben? Ich sage euch: Über nichts wird in letzter Zeit so viel geredet, ohne dass man eigentlich weiß, was damit gemeint ist. Was heißt das, „glauben"? Manche sagen: Da gibt es Dinge, in der Kirche, die ich glauben soll und muss, ohne dass ich sie verstehe. Da fallen einem Glaubensregeln und Dogmen ein. Und weil das nach Maßregeln und Gängelei klingt, lehnen viel Menschen den Glauben und die Kirche ab. Wir wollen ja so gerne frei sein, frei leben, frei denken, frei glauben.

Es kann auch etwas anderes passieren. Sobald wir eine Kirche betreten oder das Gespräch auf den Glauben kommt, meinen wir, wir müssten schon komplett fertig sein mit dem Glauben. Keine Bange, ihr, die Konfirmanden, müsst das nicht sein, genauso wenig wie einer von euch, liebe Schwestern und Brüder.

Aber alle diese Vorurteile haben mit dem Glauben in der Bibel, mit dem Glauben, den Jesus uns nahebringt, gar nichts zu tun. Denn Glaube heißt für Jesus: Vertrauen! Ich glaube an Gott heißt: ich vertraue ihm. Ich vertraue ihm mein Leben an. Ich lasse mich in seine Hände fallen, ohne alle Sicherheiten - und er wird mich auffangen. Dieses Sich-fallen-lassen, das kennen wir aus der Liebe. Und Glaube hat für Jesus unendlich viel mit Liebe zu tun, denn Gott ist ja die Liebe. Darum erzählt er uns in seinen wunderbaren Geschichten und Gleichnissen von Gott, dem liebenden Vater, dem Guten Hirten, der das verlorene Schaf sucht und sich so freut, als er es wiederfindet. Die Apostel, die zu Jesus kommen, haben das noch gar nicht verstanden. Sie sehne die Schwierigkeiten, die auf sie zukommen, und nun möchten sie von Jesus so eine Art Glaubensimpfung bekommen. „Stärke uns den Glauben! Mach uns stark, damit wir das alles gut bestehen!" Aber das kann und will Jesus nicht.

Er möchte die Jünger darauf hinweisen: Ihr habt doch schon Glauben in euch. Vertraut mir doch. Vertraut Gottes grenzenloser Liebe zu euch. Die wird euch halten. Ein Senfkorn ist winzig klein. Wäre euer Vertrauen zu Gott nur so groß, ihr wisst gar nicht, was ihr alles damit bewirken könnet. Denn dieses Vertrauen zu Gott macht euch stark. Ich weiß ja, manche nehmen das Wort mit dem Maulbeerbaum ganz wörtlich. aber wenn das so zu verstehen wäre, dann würden wir in eine glaubensarmen oder glaubenslosen Zeit leben. Denn ich habe noch keinen Maulbeerbaum ins Meer fliegen sehen. Ich habe es auch noch nicht versucht, einen Baum aus unserem Garten mit meinem Glauben herauszureißen. Und ich sage euch: Fliegende Bäume gab es auch nicht in Israel, als Jesus dieses Wort seinen Jüngern sagt. Er will uns doch nur darauf hinweisen: in dem Glauben, in dem Vertrauen auf Gott liegt eine riesengroße Kraft. Aber diese Kraft seht ihr gar nicht, weil ihr nur die Probleme und Sorgen des Lebens seht. Ihr seht nicht Gottes gütige Hände, die euch halten, in allen Schwierigkeiten in aller Traurigkeit, in allem, was euch Kummer macht. Könntet ihr doch nur euch Gott einfach anvertrauen, euch in seine Hände fallen lassen. Ihr würdet so viel leichter und gestärkter durch das Leben gehen.

Darum geht es, liebe Schwestern und Brüder, liebe Konfirmanden: Als Christen leben wir im Vertrauen auf unseren Herrn. Er lässt uns nicht allein. Es soll nicht so sein, dass die Schwierigkeiten des Lebens uns mutlos machen. Es geht darum: weil wir uns Gott anvertrauen dürfen, können wir getröstet unseren Weg gehen. Schwierigkeiten, Probleme und Sackgassen müssen uns nicht entmutigen. Denn der Herr ist da. Dieses Vertrauen war es, dass Martin Luther King vor 50 Jahren sagen ließ: Ich habe einen Traum. Gottes Liebe kann die Welt verändern. Dieses Vertrauen hilft Menschen auch in unserer Gemeinde, Krankheiten, Trauer und Umbrüche im Leben zu bewältigen. Dieses Vertrauen zu Gott ist es, um das auch eure Konfirmandenzeit sich dreht. Dieses Vertrauen zu Gott ist, um das sich unser ganzes Leben dreht. „Stärke unseren Glauben!", das kann nur heißen: Öffne uns die Augen dafür, wie sehr wir Gott vertrauen können. Jesus will uns ermutigen: Ihr habe es noch gar nicht richtig ausprobiert, mit diesem Vertrauen zu leben. Wagt es, und ihr werdet euch wundern. Nicht über fliegende Bäume, sondern darüber, welche Kraft in euch wächst. Aus dem Vertrauen zu Gott. Ich wünsche euch viel Freude dabei. Amen




Pastor Peter Schuchardt
25821 Bredstedt
E-Mail: pw-schuchardt@versanet.de

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