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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Erntedanktag, 06.10.2013

Predigt zu Matthäus 6:19-23, verfasst von Friedrich Seven



19) Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und sie stehlen.
20) Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.
21) Denn wo dein Schatz ist, da ist auch dein Herz.
22) Das Auge ist das Licht des Leibes. Wenn dein Auge lauter ist, so wird dein ganzer Leib licht sein.
23) Wenn aber dein Auge böse ist, so wird dein ganzer Leib finster sein. Wenn nun das Licht, das in dir ist, Finsternis ist, wie groß wird dann die Finsternis sein.

 

Das Handy, liebe Gemeinde, ist der Konfirmandin und des Konfirmanden größter Schatz, und wer nur ein wenig das Leben von Jugendlichen wahrnimmt, den wird das nicht überraschen.

Wir haben uns im Unterricht gefragt, was denn für einen jeden der wichtigste Gegenstand ist, der Schatz, den er auf keinen Fall missen möchte und worauf er stolz ist.

Doch es wurden neben dem Handy auch andere Dinge genannt: Für einen ist der Kaktus wichtig, für einen anderen die Mütze, von der er sich auch in der Nacht nicht trennen mag und die er in der Kirche nur ungern abnimmt.

Bei der zweiten Frage, die wir uns gestellt haben, wurde nach den uns wichtigsten Menschen gefragt: Die Eltern kamen noch vor den Geschwistern und Freunden.

Alles ganz normal, möchte man meinen. Aber sollte nicht doch das Handy Anlass zur Sorge geben?

Hängt Ihr nicht, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden an diesen Dingern wie am Tropf?

Es gibt inzwischen in Jugendräumen und auf Jugendfreizeiten Handy-freie Zonen und Zeiten, nicht etwa, damit der Funk-Verkehr nicht gestört würde, sondern damit wieder Gespräche miteinander geführt werden.

Bei solchen und ähnlichen eher hilflosen pädagogischen Maßnahmen ist nicht zu übersehen, wie sehr sich junge Menschen über ihr Handy so spontan miteinander verbinden, wie es ältere und ungeübte vielleicht auch gerne tun würden.

Für mich ist es, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden, immer wieder überraschend, wie ihr nebeneinandersitzt und jeder nur auf seinen eigenen kleinen Bildschirm schaut, aber ihr doch miteinander in Kontakt seid, nur eben ungestörter, als wenn ein Dritter immer mitbekommen könnte, worum es euch gerade geht.

Das ist im Übrigen in der Tat ein auffallender Unterschied zwischen den Konfirmandenfreizeiten früher und heute, dass es auf den Zimmern leiser geworden ist, weil das, was unbedingt noch gesagt und vielleicht verabredet werden soll, auf elektronischem Weg mitgeteilt werden kann.

Es ist schon so viel über diese Art der Verbindung zwischen Menschen gesprochen worden und bis jetzt wird vor allem der Verfall der Sprache, die Schludrigkeit in der Rechtschreibung und bei der Grammatik kritisiert, zu der eine SMS mit Ihrem Zwang zur Kürze nahezu einlädt. Hinter solcher Kritik verbirgt sich freilich oft genug der Ärger darüber, dass die SMS nicht unbedingt für jeden einsehbar und kontrollierbar ist, der gerne seine Zensuren über Jugendliche verteilen möchte.

Alle diese Kritik wird nichts daran ändern, dass das Handy inzwischen zur Kultur gehört und die Jugendlichen sehr viel dazu beigetragen haben.

Also, so möchte man meinen, könnte man auch ein Handy auf den Erntedankaltar legen, gewissermaßen als Zeichen der Dankbarkeit dafür, dass uns auch technische Fortschritte zur Verbesserung des Lebens geschenkt werden können.

Ja , auch Erwachsene, auch Eltern und Großeltern haben gelernt, solche Geräte zu bedienen, und wir nehmen sie auch gerne in Anspruch, nicht so sehr um nun den Mund nicht mehr aufzumachen, sondern vielmehr um miteinander und gerade mit Euch in Verbindung zu kommen.

Da kann es um Besorgungen gehen, darum auch, abgeholt zu werden, weil der Bus verpasst wurde, aber auch um so etwas Schönes wie ein spontan gesendetes Foto von der Klassenfahrt oder ein Geburtstagsgruß aus der Ferne, der der Mutter auch den schönen Ort zeigt, an dem ich gerade an sie und ihren Festtag denke.

Wie wichtig Euch, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden die Eltern sind, habt ihr ja geschrieben, und wie dankbar kann man doch sein, wenn die Technik den Familien das Leben erleichtert.

So scheint es nur zu verständlich, dass für Euch, liebe Konfirmandinnen und Konfirmanden das Handy wie ein Schatz geachtet wird, und es wird einem richtig schwer ums Herz, wenn uns Jesus in der Bergpredigt vor irdischen Schätzen warnt:

Ihr sollt euch nicht Schätze sammeln auf Erden, wo sie die Motten und der Rost fressen und wo die Diebe einbrechen und sie stehlen.

Sammelt euch aber Schätze im Himmel, wo sie weder Motten noch Rost fressen und wo die Diebe nicht einbrechen und stehlen.

Das wissen wir doch selbst, dass ein Handy nicht ewig hält, und lange bevor der Rost daran nagt, ist es doch schon durch ein neues ersetzt worden.

Aber muss ich deswegen mein Herz an himmlische, an unvergängliche Schätze hängen?

Führt mich nicht das Suchen nach solchen Schätzen gerade von den Menschen, mit denen ich auf Erden zusammenlebe, weg?

Wenn Jesus von dem bösen Auge spricht, dann hat er uns doch genau da im Blick, wo wir uns im Suchen und im Sammeln von Schätzen von unseren Mitmenschen entfernen.

Dann schaut er auf den Neid in unseren Augen, mit dem wir böse darauf achten, dass wir auch das neueste Handy besitzen, dann schaut er auf die Furcht in unserem Blick, auf die Angst davor, es könnte etwas über mich in geschrieben werden, was viele auf ihren Handy lesen sollen, aber was mich gerade nicht erreichen darf.

Wie gemein und wie verlogen wird das nur sein, was da gerade über mich zu lesen ist.

Da bin ich froh, wenn mir noch die Spiele bleiben, bei denen ich mit meinem Handy ganz allein sein kann. Wie froh bin ich dann, den anderen zeigen zu können, dass ich nicht mehr erreichbar sein will.

Meine Eltern haben sich bereits daran gewöhnt, dass ich ihnen gerade noch das Notwendigste auf wenigen Zeilen, Zeilen ohne Gruß, aber mit Vorwürfen und Forderungen nur so gespickt, sende.

Bloß nicht auf eine Mail antworten, auch in diesem Kampf gilt die Regel des Mikado: Wer sich bewegt, hat schon verloren.

Ja, auch so ein kleines Gerät kann nicht nur zum Schatz, sondern auch zur Waffe werden, die ich ganz bestimmt nicht mit anderen teilen oder gar auf den Erntedank-Altar legen möchte.

Im Übrigen, vor meinen Anrufen ist keiner sicher. Dem bösen Blick folgen die noch böseren Worte, die ängstlich und aggressiv meinen Schatz bewachen wollen. Da wird mir ganz finster um Leib und Leben.

 

Darauf, auf mein Herz, das sich sklavisch an Dinge hängt und dabei einsam werden muss, zielt Jesus, wenn er uns davor warnt, Schätze zu sammeln.

Wenn er dagegen von himmlischen Schätzen spricht, dann spricht er von dem, dessen Wort er gerade in der Bergpredigt den Menschen gepredigt hat. Jesus hat gesprochen und er spricht von Gott, seinem Vater.

Er erzählt davon und bezeugt dies durch sein Handeln, dass Gott sein Herz an den Menschen gehängt hat und bereit ist, sein Liebstes, seinen Sohn, mit ihnen zu teilen.

Wer an diesen Schatz glaubt, braucht sich auf Erden keine Schätze zu sammeln, vielmehr können ihm alle Dinge zum Guten dienen, zu dem was dem Frieden und uns Menschen gut tut.

So wie uns die Früchte des Feldes ernähren, so können uns viele Dinge dabei helfen, dankbar die Herzensgüte weiterzugeben, die wir von Gott immer wieder neu erfahren dürfen.

Dürfen wir also getrost auch Handys auf den Altar legen?

Vielleicht sollten wir es doch bei den Früchten belassen. Sie erinnern uns einfach aufs Beste daran, dass alles, was auf Erden wird, letztlich nur mit Gottes Segen fruchtbar werden kann.

Für die Handys hätte ich eine andere Idee: Vielleicht schickt ein jeder von Euch ein Bild von unserem so schön geschmückten Altar an einen lieben Menschen, an den er gerade jetzt denkt.

Mit der Technik wird‘s gehen und mit Gottes Hilfe zu einem segensreichen Gruß werden.

Amen!



Pfarrer Dr. Friedrich Seven
37412 Scharzfeld
E-Mail: friedrichseven@t-online.de

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