Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

15. Sonntag nach Trinitatis, 16.09.2007

Predigt zu Lukas 17:5-6, verfasst von Christine Hubka

Beim Eingang, vor Beginn des Gottesdienstes  erhalten die GD BesucherInnen kommentarlos ein Senfkorn.

Die Apostel sprachen zu dem Herrn: Stärke uns den Glauben!
Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen. Lk 17, 5

Vor gut 20 Minuten
haben die meisten von euch
ein Senfkorn angeboten bekommen.
So einen klitzekleinen Samen der Senfpflanze.

Was ist in diesen 20 Minuten
mit diesen Senfkörnern geschehen?
Meines ist mir hinunter gefallen.
Auf dem Boden war es nicht zu sehen.
Einfach weg.
Es ist auch ziemlich unbequem,
so ein kleines Ding ständig in der Hand zu halten.

Ich hätte es also besser essen sollen:
Der Same der Senfpflanze
schmeckt mild und nussig,
wenn man ihn einfach so isst.
Sein typisches scharfes Aroma
entfaltet er erst mit der Zeit,
wenn er sich länger in der Flüssigkeit -
z.B. der Essiggurkerl - aufhält.

Was kann man noch mit dem Senfkorn machen?
Man kann es einstecken. Eingraben.
Ich fürchte, dass es auch dann
nie wieder zu finden ist...

Mit so einer unpraktischen Sache
vergleicht also Jesus den Glauben.
So scheint es beim ersten Hinhören zu sein.
Aber beim zweiten Hinhören
hab ich etwas entdeckt.
Hört selber noch einmal genau hin:

Die Apostel sprachen zu dem Herrn:
Stärke uns den Glauben!
Der Herr aber sprach: Wenn ihr Glauben
hättet so groß wie ein Senfkorn, dann könntet ihr zu diesem Maulbeerbaum sagen: Reiß dich aus und versetze dich ins Meer!, und er würde euch gehorchen.

Ihr habt es gehört:
Jesus sagt:
Wenn ihr Glauben hätte, dann könntet ihr ...

Das klingt so,
wie wenn wir einander erzählen:
Wenn ich eine Million Euro hätte, dann könnte ich ...

Mir fallen auf Anhieb drei Dinge ein,
die ich dann machen könnte ...
Aber leider ... ich hab die eine Million Euro
in der Millionenshow nicht gewonnen...

Jesus sagt:
Wenn ihr Glauben hätte, dann könntet ihr ...

Ich bin ganz sicher:
die Maulbeerbäume waren nicht einen Moment gefährdet, ins Meer zu fliegen.
Denn Jesus sagt seinen Freunden
durch die Blume -
oder eben durch den Maulbeerbaum:
Eure Frage nach einem starken Glauben
ist die falsche Frage.
Denn den Glauben kann man nicht haben
wie man eine Sache hat:
Wie ein Senfkorn, eine Million Euro, ein Handy...

Darum kann der Glaube
nicht stark und nicht schwach sein.
Man ihn auch nicht verlieren.
Er kann mir nicht gestohlen werden.
Er ist keine Sache,
die man nach Belieben benützen kann,
und wenn's grad nix zum Benützen gibt,
wieder weg steckt.
Es ist nichts, womit man andere übertrumpfen kann.
So nach dem Motto:
Du hast zwar das tollere Handy.
Dafür hab ich
den stärkeren, den größeren Glauben.

Ich will versuchen,
ein wenig zu beschreiben, was Glaube ist.

Glaube ist, so möchte ich es ausdrücken,
die Würze des Lebens.

Glaube ist die Würze des Lebens.
Nicht das Leben selber.
Welchen Geschmack
bringt dein Glaube in dein Leben?
Nun, das hängt davon ab,
woran du glaubst:
Es kann bitter schmecken,
an das Gute im Menschen zu glauben,
wenn man enttäuscht worden ist.

Für mich schmeckt der Glaubenssatz  ,
Don't worry, be happy, ziemlich pickig.
Er bereitet mir Zahnschmerzen.
Vor allem, wenn man dazu noch glaubt,
dass ein Dauerlächeln
unverzichtbar zu diesem Glauben dazu gehört.

Der Glaube, von dem Jesus spricht,
entwickelt sein Aroma erst im Lauf der Zeit.
Hier haben wir nun doch
eine Gemeinsamkeit zum Senfkorn,
das seine würzige Schärfe erst mit der Zeit entfaltet.

So wie sich der Geschmack des Lebens
ständig verändert.
So, wie sich auch meine geschmacklichen Vorlieben verändern:
Als Babys haben manche von uns den Spinat in die Gegend gespuckt.
Und eines Tages überrascht man sich selber damit,
dass man beim Italiener eine Pizza verde,
eine Spinatpizza bestellt.

Paulus, nach dem unsere Kirche benannt ist,
hat das auch beobachtet:
Er erzählt, dass er Menschen,
die noch neu sind im christlichen Glauben,
mit „Milch füttert", wie die kleinen Kinder.
Und erst später, gibt er ihnen dann „feste Speise".

Euer Kinderglaube -
vielleicht hat er ja wie Kakao geschmeckt.
Oder so mild, nussig, wie wenn man an einem Senfkorn knabbert.
Aber - so schmeckt er heute nicht mehr.
Ich bin nicht die einzige hier,
die nicht mehr an den Osterhasen glaubt.
Und es geht mir nichts ab.

Ihr Konfis habt in einer der Konfi-Stunden
Glaubensbekenntnisse geschrieben.
Eines davon möchte ich gern vorlesen:

Ich glaube an Gott, der Vater Jesu Christi. Obwohl er das Böse nie besiegt, tut es gut, ihn als Freund zu haben.
Und an Jesus Christus, der am Kreuz für uns starb, ohne zu wissen, dass es nichts brachte. Er hatte Opfer gebracht für Leute, die er nicht kannte.
Ich glaube an den Heiligen Geist, der dir hilft, wenn du nicht mehr weiter weißt.

Das ist nicht Kakao.
Das ist ganz schön scharf. Und stark obendrein.
Aber es ist schon eine Weile her,
dass ihr das geschrieben habt.
Und vielleicht würdet ihr es heute so nicht mehr,
sondern ganz anders sagen.

Denn der Glaube ist etwas Lebendiges.
Darum verändert er sich ständig.
wenn er mitgenommen wird
in die Geschichten, die täglich geschehen.
In das ganz Normale,
sei es schön oder grauslich.
Dann entwickelt er seinen Geschmack
Weg vom milden, nussig, sanften.
Hin zu einer gewissen Schärfe.
Wenn du diesen Geschmack
auf deiner Zunge spürst,
tust du Dinge,
von denen du nicht gedacht hast,
dass du dich traust:
Du bleibst mit verschränken Armen stehen,
und machst nicht mit,
wenn jemand terrorisiert wird.
Und wenn der Geschmack in deinem Mund
an Schärfe zulegt,
trittst du sogar hinter ihn,
um ihm den Rücken zu stärken.

Damit der Geschmack seine Kraft behält,
darum brauchen wir
als Geschmacksverstärker sozusagen
die biblische Botschaft.
Das biblische Wort.

So ein kleines Stückchen davon,
werdet ihr als Notration heute mitbekommen:
Euren Konfirmationsspruch.
Lasst ihn euch auf der Zunge zergehen.
Nehmt ihn mit, als Würze des Lebens,
für die Gott Lob und Preis sei in Ewigkeit.



Dr. Christine Hubka
Wien
E-Mail: christine.hubka@gmx.at

Bemerkung:
Predigt zu einer Konfirmation


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