Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

16. Sonntag nach Trinitatis, 23.09.2007

Predigt zu Lukas 7:11-16, verfasst von Joachim Hempel

Das Bild ist sofort da: Ich komme gerade vom Friedhof
und habe zwei Menschen gemeinsam zu Grabe getragen.
Die dreizehn Träger zogen in langem Zug vorneweg.
Was wäre, wenn...?
Nein, so geht es mit der Geschichte nicht, die Lukas erzählt;
Jesus steht nicht auf dem Braunschweiger Hauptfriedhof,
- und doch - ohne ihn würde auch hier die Botschaft von der
Auferstehung nicht verkündet werden. Die Geschichte vom
Jüngling zu Nain hat eine Wirkung-sgeschichte: Hoffnungen
ungezählter Menschen richten sich auf die Hilfe Jesu zum
ewigen Leben!

Doch wer Lukas ein bißchen kennt, - weiß ja mindestens seit
seiner schönen Geschichte von Jesu Geburt  im Stall: Er erzählt
zwar gradlinig und zielführend, aber er  liebt Hörer, die auch
en detail aufmerken: die Mutter trägt den einzigen Sohn zu
Grabe, ‘und sie war eine Witwe'. Diese Frau steht ohne Schutz
und Unterhalt da; Jesus gibt ihr den auferweckten Sohn zurück.

Und die große Menge? Au weh: Furcht ... - die schlagen sich in die
Büsche, da hilft nur noch Gottesfurcht wieder raus! Wer begreift,
daß Jesus nicht die Gesetze der Schöpfung aufhebt, sondern
Zeichen setzt, daß ‘Gott sein Volk besucht', dem ist nicht Angst
und Bang, im Leben nicht und schon gar nicht im Tod.
Gott, der aus dem Nichts das ‘Wunder Leben' schöpft und schafft,
der wird dem Tod nicht die Macht über die Ewigkeit lassen.

Leben, so lerne ich an der Geschichte von denen, die in Nain einen
zu Grabe tragen, - Leben - das ist in Gottes Namen mehr als die
paar Jahrzehnte ‘von der Wiege bis zur Trage'. Leben des Menschen
lebt durch ‘Gottes Odem', der uns zu unvergleichlichen Geschöpfen
macht, die Gott zu (nach) seinem Bilde schafft.

Bevor Jesus mit seinen Jüngern vor dem Stadttor von Nain der
Witwe, die ihren einzigen Sohn zu Grabe tragen muß, begegnet und
sie ihn barmt, läßt Lukas den Herrn bereits in Kapernaum sich über
den Glauben eines heidnischen (römischen) Hauptmanns
wundern: ‘Solchen Glauben habe ich in Israel nicht gefunden...'!

In beiden Geschichten am Wegesrand lernen wir Leser oder Hörer
einen Jesus kennen, der sich anrühren läßt von dem, was er sieht



und hört, - von  Jesus, der staunt, von
Jesus, der sich erbarmt. In beiden Wegesrand-
geschichten geht es um Menschen, deren Lebens-
weg sie mit dem Tod konfrontiert. An beiden
Stationen läßt der Tod sich nicht verdrängen,
nicht tabuisieren, nicht auf St. Nimmerlein ver-
schieben.

Indem Lukas Jesus mit ‘der Herr' beschreibt,
holt er die österliche Erfahrung, Jesus ist der
Lebendige, der Leben schenkt, in seine Geschichte
hinein. Die Ostergeschichte macht eben Tote lebendig
- auf's Ganze gesehen; nicht in der Zeit, aber eben
in der Ewigkeit, - und die dauert ja bekanntlich
länger.
Die Frage an uns, die wir ja stets und ständig
einem Verstorbenen hinterher trauern oder auch
hinterher gehen, nachsinnen oder uns seiner erinnern,
- die Frage an uns Hinterbliebene ist, trägt uns unser
Glaube zum Grab und wieder zurück ins Leben, das
immer Leben im Angesicht des Todes ist?
Haben wir einen österlichen Glauben, der Gott zu-
traut, auch uns einen Ostermorgen zu bereiten?
Vertrauen wir uns Gott so an, daß gilt ‘hoffe auf ihn,
er wird's wohl machen - auch mit dir und mir'?

Die Kunde von Jesus dem Christus, der den Tod be-
siegt, war es, die rund um den Erdball zog und schon
zu der Apostel Zeiten Menschen aus allen Völkern
zu dem Bekenntnis brachte: Jesus ist der Herr zu
nennen (kyrios Iesous).

Kapernaum und Nain - diese Orte biblischer Geographie
bleiben es wert in unserer Landkarte des Glaubens
vermerkt zu werden. Daneben können wir ja unsere
Glaubenswegorte noch eintragen, den unserer Taufe,
den unserer Konfirmation, den, wo wir uns Gott ganz
nah fühlten oder fühlen, denn ‘Gott besucht sein Volk'
auch heute noch, weil Jesus bei uns ist bis ans Ende
der Tage dieser Welt.


Amen



Domprediger Joachim Hempel
Braunschweig
E-Mail: Dompfarramt@BraunschweigerDom.de

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