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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Osternacht, 20.04.2014

Predigt zu 2. Timotheus 2:8a (8b-13), verfasst von Hellmut Mönnich

 

Liebe Gemeinde,

für mich ist der Gottesdienst in der Osternacht immer besonders eindrücklich: Die Dunkelheit - die für die Kreuzigung steht - und schließlich das Licht - das für die Auferweckung Jesu Christi steht. Ein erleichterndes Fröhlichwerden erlebe ich in diesen Gottesdiensten. Mir sagte jemand: Ich will in diesem Gottesdienst den gekreuzigten Jesus bis zum neuen, gottgeschenkte Leben empfinden - dankbar und fröhlich.

Was erwarten sie, liebe Osternacht-Gemeinde?

Wir sollen in diesem Gottesdienst auch einen Satz aus dem 2. Timotheusbrief hören und kurz bedenken. Dort steht: „Vergiss nicht, dass Jesus Christus - der Nachkomme Davids - von den Toten auferstanden ist". Und dann fügt der Briefschreiber hinzu: „So lautet mein Evangelium".

„Evangelium"? Mit dem Begriff benutzt der Verfasser des Timotheusbriefes einen Begriff des Apostels Paulus. Paulus gebraucht das Wort in seinen Briefen immer wieder. Und er meint damit seine Predigt vom grausam erlittenen Tod und von der unerwarteten Auferweckung Jesu Christi. Und eben darum geht es heute in diesem Gottesdienst.

Ein Konfirmand hatte mich beim Gespräch über den gekreuzigten und auferweckten Jesus Christus einmal gefragt: „Und was habe ich davon?"

Ich vermute, dass sich hinter solchem Fragen heute oft genug die Frage verbirgt: Was hat Jesus durch sein Leben und durch seine Lebenshingabe für mich getan? Darauf kann ich nur antworten: Durch sein ganzes Leben schon hat Jesus die bedingungslose Vergebungsbereitschaft Gottes aufgezeigt. Und das gilt auch für mich, das gilt für uns alle, die wir glauben!

Und Jesu Kreuzestod wurde schließlich von seinen Anhängern so verstanden, dass dieser Tod nicht unbegreiflich blieb, sondern für die uns annehmende Liebe Gottes steht.

Liest man sorgfältig die neutestamentlichen Texte zum Kreuzestod Jesu, dann fällt auf, dass die frühen Christen beim Fragen nach dem Sinn seines Sterbens Antwort in der Bibel, im von uns sog. Alten Testament, fanden. Z.B. in Psalmen oder auch im Jesaja-Prophetenbuch in dem Lied vom leidenden Gottesknecht. Die verschiedenen biblischen Metaphern, Bilder und Vergleiche, mit denen der Tod Jesu Christi positiv verstanden werden konnte, lassen sich kurz auf einen Nenner bringen: Leben und Sterben Jesu zeigen die bedingungslose Vergebungsbereitschaft Gottes! Und das heißt: Das Leben Jesu und sein Kreuzestod bringen ein neues Verstehen Gottes - nämlich als Vergebenden und den Tod beherrschenden.

Unser Gottesdienst heute schreitet vom Dunkel der Kreuzigung zum Licht der Auferweckung, der Auferstehung Jesu Christi. Das eben genannte Dunkle der Kreuzigung hatten die frühen Christen also mithilfe der Bibel positiv zu sehen gelernt. Und es geschah noch etwas wohl ganz Unerwartetes: Petrus und weitere aus dem Jüngerkreis berichteten, sie hätten Jesus gesehen!! Das hieß doch: Gott hat ihn nicht im Tod gelassen. Gott hat ihn auferweckt! Nicht zum Weiterleben und schließlichem Sterben auf der Erde, sondern auferweckt in seine göttliche Wirklichkeit. Unglaublich! Und Paulus fügt dem noch etwas hinzu, nämlich etwas für unseren Christenglauben Charakteristisches: Für Paulus ist es nämlich wichtig, dass aus der Auferstehung Jesu auch die Auferstehung all derer folgt, die zu ihm gehören! D.h. doch: Für uns Christenmenschen ist der Tod nicht das Letzte. Wir werden nicht im Todesdunkel versinken - sondern Gott wird uns Leben in seiner Wirklichkeit schenken!

Wer wüsste nicht: Für uns aufgeklärte Europäer z.B. ist es nicht leicht, das zu akzeptieren. Haben wir nicht unseren Verstand und „wissen" wir nicht als aufgeklärte Erwachsene, dass es nur das gibt, was man messen, berechnen, mit Logik erfassen kann? Was wissenschaftlich erfassbar ist?

Oder - müssen wir nicht vielmehr einsehen und zugeben, dass unser Erkennen und unsere Logik begrenzt ist, was Gott und seine Wirklichkeit angeht. Im Glauben können wir wissen, dass Gott die Macht ist - um es so auszudrücken - die alles bedingt, trägt, umgreift - eben als Schöpfergott, und als „Wille der Liebe", wie Albert Schweitzer formulierte.

Die Berichte derer, die die Auferweckung Jesu erfahren haben und davon reden - wie z.B. der Apostel Paulus - laden ein, über den Tod hinaus zu hoffen. Auf Gott zu bauen - auch im Sterben. Zu glauben und so zu wissen, dass wir einmal nicht ins Nichts hineinsterben, sondern in die nicht vorstellbare Wirklichkeit Gottes hineinsterben, hineingetragen werden. Gott ist der Gott des Lebens. Jesus Christus wurde in die Wirklichkeit Gottes geholt. Stürzte nicht in den Tod des endgültigen Nichts. Gott ist „größer", als wir denken und uns vorstellen können!

Ein Glaubenssatz, der in einem Osterlied in der zweiten Strophe steht - sicher kennen die meisten dieses Lied: „Wir wollen alle fröhlich sein in dieser österlichen Zeit - formuliert:

Es ist erstanden Jesus Christ,

der an dem Kreuz gestorben ist;

dem sei Lob Ehr zu aller Frist. (EG 100:1)

Dankbarkeit, sogar Fröhlichkeit spricht für mich aus diesem Lied! Mich steckt das an! Sollen, können wir uns nicht alle anstecken lassen von dieser Glaubensgewißheit?

Der schweizer Dichter Kurt Marti hat einmal über Ostern und zur Auferstehung gesagt: „Das könnte der Herren der Welt ja so passen, wenn erst nach dem Tod Gerechtigkeit käme. Doch ist der Befreier vom Tod auferstanden, ist schon auferstanden und ruft uns jetzt alle: zur Auferstehung auf Erden, zum Aufstand gegen alle Herren, die mit dem Tod uns regieren."

Ja, Ostern macht nicht nur dankbar, macht nicht nur froh - Ostern kann uns im Alltag unseres Lebens überlegter handeln und leben lassen. Nämlich angesteckt von unserem Gott, der auferwecken kann und Liebe will. Also Handeln in seinem Geist!

Der Osternacht-Gottesdienst heute führt uns also nicht nur aus dem Dunkel ins Licht - sondern in den neuen Tag heute. Und in die dankbare Fröhlichkeit über die Auferweckung, die Auferstehung Jesu Christi, der den Weg zu Gott vorausgegangen ist. Deshalb lasst uns fröhlich sein!

Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis (EG99).

Vergesst nicht, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist!

Amen



Pfarrer i. R. Hellmut Mönnich
Göttingen
E-Mail: moennich.goettingen@t-online.de

Bemerkung:
(Dieser Gottesdienst hat durch seinen Ablauf und seine Lesungen erkennbar Verkündigungscharakter. Deshalb darf und soll die Predigt kurz sein. Ich denke, dass der Gottesdienst-Teilnehmer hier nicht Problematisierung oder Diskussion der Auferstehungsbotschaft erwartet, sondern vielmehr von der frohmachenden Botschaft der Auferweckung eingeladen werden möchte.


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