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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Ostermontag, 21.04.2014

Predigt zu Apostelgeschichte 10:34a.36-43, verfasst von Andreas Pawlas

 

Petrus tat seinen Mund auf und sprach: Er hat das Wort dem Volk Israel gesandt und Frieden verkündigt durch Jesus Christus, welcher ist Herr über alle. Ihr wisst, was in ganz Judäa geschehen ist, angefangen von Galiläa nach der Taufe, die Johannes predigte, wie Gott Jesus von Nazareth gesalbt hat mit Heiligem Geist und Kraft; der ist umhergezogen und hat Gutes getan und alle gesund gemacht, die in der Gewalt des Teufels waren, denn Gott war mit ihm. Und wir sind Zeugen für alles, was er getan hat im jüdischen Land und in Jerusalem. Den haben sie an das Holz gehängt und getötet. Den hat Gott auferweckt am dritten Tag und hat ihn erscheinen lassen, nicht dem ganzen Volk, sondern uns, den von Gott vorher erwählten Zeugen, die wir mit ihm gegessen und getrunken haben, nachdem er auferstanden war von den Toten. Und er hat uns geboten, dem Volk zu predigen und zu bezeugen, dass er von Gott bestimmt ist zum Richter der Lebenden und der Toten. Von diesem bezeugen alle Propheten, dass durch seinen Namen alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen.


Liebe Gemeinde!

Heute ist Ostermontag, und natürlich war deshalb der große und überraschende Tag der Auferstehung gestern. Aber irgendwie stehen wir noch in seiner Helligkeit und sind noch dabei, uns darauf zu besinnen, was da eigentlich geschehen ist. Darüber müssen wir jedoch nicht verwundert sein, denn das ist nichts Schlimmes. Vielmehr ist das bei vielen großen Ereignissen so, dass man zunächst gar nicht alles so richtig mitbekommt, und dass einem erst im Rückblick klar wird, was geschehen ist. Ich kenne das z.B. gut von Brautpaaren. Sie erzählen mir hinterher, dass sie bei dem großen Fest der Trauung irgendwie neben sich standen. Und erst im Rückblick und beim ersten Sichten der Hochzeitsbilder da sei ihnen bewusst geworden, was da alles geschehen ist und wie schön es war.

Und egal, ob unserer Hl. Apostel Petrus uns und dem Kornelius seine Worte aus unserem Predigttext eine gewisse Zeit nach dem Auferstehungstag sagt, oder ob die Worte des Apostels nun direkt zum Ostermontag gehören, ich kann mir vorstellen, dass er in ähnlicher Weise, wie wir es von den Brautpaaren kennen, noch ganz mitgenommen und bewegt ist von dem, was geschehen ist.

Und wenn er nun von dem großen Oster-Ereignis erzählen will - und auch davon erzählen muss -, dann kann er ja bei uns und seinen damaligen Zuhörern an bereits Bekanntes anknüpfen. Und so beginnt er ja auch mit den Worten: „Ihr wisst, was in ganz Judäa geschehen ist". Und so war das doch auch! Denn was hatte man da alles Wunderbares, Bewegendes, Herzergreifendes mit Jesus erlebt. Was hat Jesus nicht alles gewirkt und geheilt mit Heiligem Geist und Kraft. Diese Erinnerungen sind doch noch ganz wach und lebendig. Ja, das sind Erlebnisse, die man weitererzählen kann und muss. So ist es auch von ihm geboten. Trotzdem ist da in dem ganzen Überschwang etwas verwirrend, nämlich dass die Jünger den Auftrag bekommen haben, dem Volk damals genauso wie uns heute zu predigen und zu bezeugen, dass Jesus von Gott bestimmt ist zum „Richter der Lebenden und der Toten". Denn, wenn jetzt mit einem Male von Richter und Gericht die Rede ist, wie soll das zu allem österlichen Überschwang passen? Ist da nicht vielmehr gleich alle gute Stimmung verflogen? Denn wie leicht stellt sich einem das Bild von einem dunkel holzvertäfelten verstaubten Gerichtssaal vor Augen, in dem irgendwelche finster blickende Gewalttäter in Polizeigewahrsam vorgeführt werden, wo dann lange Vorstrafenregister zitiert und Angeklagte und Zeugen der Lüge überführt werden. Wer würde nicht am liebsten einen solchen finsteren Ort meiden? Nein, wie könnte das am strahlenden 2. Feiertag des Osterfestes mit Jesus Christus zu tun haben. Wie unpassend! Wie unfestlich! Nein, das kann wirklich nicht die Osterbotschaft sein!

Schlimm genug, dass der Karfreitag geprägt war von den Schrecken des Gerichts, von leichtfertiger Verurteilung und schrecklicher Hinrichtung. Ja, das steckt einem doch noch mit Macht in den Knochen! Denn wie hat das denn geschehen können, dass derjenige, der mit Heiligem Geist und Kraft so viel gewirkt und geheilt hatte, derart brutal ans Kreuz geschlagen und umgebracht werden konnte? Und wenn der Petrus sagt, „Den haben sie an das Holz gehängt und getötet." dann klingt das ja viel zu nüchtern, um alle die Todesnot, das Schreien und die Schmerzen auch nur annähernd wiederzugeben. Und da kann man nichts hören von aller Qual Jesu, von aller Verzweiflung der Jünger, von aller Verzweiflung aller recht denkenden darüber, dass mit der tödlichen Vernichtung Jesu, auch alle eigene Lebenshoffnung vernichtet worden ist. Und auch alle Hoffnung darauf, dass es doch eine Gerechtigkeit gibt, dass es doch ein Leben gibt, das es sich lohnt zu leben, dass man als kleines Menschenwesen nicht hinausgestoßen ist in die rücksichtslose Vergänglichkeit alles Irdischen, sondern dass es da Gottes Güte und Liebe gibt, die uns und unser Leben kennt und bewahrt und vollendet bis zu festlichen Erfüllung im ewigen Reich des himmlischen Vaters. So hatte es Jesus doch verkündigt. So hatten es doch auch seine Jünger und viele andere geglaubt! Und das alles sollte nun wirklich mit seiner Kreuzigung als bloße Täuschung verstanden werden? Musste nicht damit alles, was man glaubte, dachte und fühlte vernichtet sein und musste man sich nicht selbst genauso vernichtet fühlen, ja, mit der tödlichen Vernichtung Jesu selbst vernichtet sein?

Aber umso unglaublicher ist das doch, was dann ja am Ostertag geschah! Lieber Petrus, wie kannst Du nur so nüchtern erzählen, wie ihr mit dem Auferstandenen gegessen und getrunken habt! Seid ihr denn nicht wie erschlagen gewesen, seid ihr nicht, vollkommen „aus dem Häuschen" gewesen, als er mit einem Male als der Lebendige wieder unter euch war?! Euch muss es doch die Sprache verschlagen haben! Euer Weinen, Klagen, Trauern, muss euch doch mit einem Male im Halse stecken geblieben sein! Ja, es ist so unglaublich, was da geschehen ist. Und es widerspricht ja auch jeder menschlichen Erfahrung! Aber genau das ist es! Genau darum geht es doch in der Osterbotschaft: Es geht gegen jede menschlichen Erfahrung! Der Tod am Kreuz, die brutale Vergänglichkeit alles Irdischen, ist eben nicht das letzte Wort, das Gott über das Leben Jesu Christi und über unser Leben spricht! Sondern Du, lieber Petrus, und Ihr anderen Jünger seid die Zeugen, und jeder andere, der dieser Botschaft glaubt, darf es genauso erfahren: Gottes Güte und Liebe ist stärker als Tod und Teufel! Weil Gott es so will, und um dieses Opfers Jesu Christi willen, bleibt unser Leben bewahrt und vollendet bis zu festlichen Erfüllung im ewigen Reich des himmlischen Vaters. Ja, das Leben eines jeden von uns, der Jesu Christi von Herzen glaubt, bleibt bewahrt und vollendet, egal, wie zerbrochen sein Leben auch ist, egal, wie unvollkommen sein Leben auch ist! Denn, und das ist die ganz andere Bedeutung dieser Botschaft, die die Jünger in alle Welt zu tragen haben: wenn es heißt, dass Gott Jesus bestimmt hat zum „Richter der Lebenden und der Toten", wenn da mit einem Male von Richter und Gericht die Rede ist, dann geht es eben nicht um einen dunkel verstaubten holzvertäfelten Gerichtssaal, sondern dann geht es um das „Neu-Ausrichten", um das „Neu-Zurechtbringen" von uns unvollkommenen und schuldig gewordenen Menschen. Es geht eigentlich um die Aufhebung der schlimmen Irrwege, die wir als Menschen immer in die falsche Richtung, eben nach unserer eigenen Nase, nach unserem eigenen Vorteil, nach unserem eigenen Ideen gegangen sind und uns dabei nicht darum geschert haben, in welche Richtung wir nach dem Willen Gottes und zur Hilfe für unseren Nächsten hätten gehen sollen.

Durch die unglaubliche Auferstehung Jesu Christi kann und wird nun diese „Neu-Ausrichtung" an uns geschehen. Warum das so geschehen kann? Doch weil uns diese unglaubliche Auferstehung Jesu Christi mit der Erkenntnis und Erfahrung völlig überwältigt, was das für eine Kraft ist, die auf dieser Welt wirklich alles bestimmt. Und das ist eben Gott und sein Wille, sein Fügen, Halten, Bewahren und Vollenden. Weil eben derart Gottes Wille, sein Liebe und Güte stärker waren als das stärkste auf der Welt, als der Tod, deshalb wird all unser kleinmütiges Raffen und Ringen um Erweiterung unserer Lebensräume schlicht ad absurdum geführt! Wir müssen nicht mehr selbst unser Leben zu retten suchen, sondern Gott hat es durch Christus schon lange gerettet, und das bis in Ewigkeit! Gottes Großzügigkeit und Barmherzigkeit ist eben größer als alles, was wir uns vorstellen können.

Weil wir und die ganze Welt eben so lange das alles haben gar nicht begreifen und fühlen und schmecken können, weil wir so lange völlig falsch gedacht und gefühlt haben, deshalb ist für uns und die ganze Welt diese „Neu-Ausrichtung" auch notwendig! Und so - aus der Perspektive dieser „Neu-Ausrichtung" - kann Petrus erläutern und sagen, dass durch den Namen Jesu Christi alle, die an ihn glauben, Vergebung der Sünden empfangen sollen. Und damit ist ja im Kern die Aufhebung der unbegreiflichen Trennung von Gott und Mensch zu verstehen. Und das muss doch unser Leben völlig verändern! Das muss doch unser Leben ganz befreien und erfüllen! Das muss uns doch einen mitfühlenden Blick geben für Menschen, die uns brauchen. So schwach, krank oder begrenzt wir auch sind, eine solche Neuausrichtung muss uns doch Ideen geben, hilfreich und nützlich zu sein - zur Ehre des rettenden Gottes! Durch eine solche Neuausrichtung und Verwandlung unseres Lebens ist da mit einem Male so viel Kraft und Hoffnung für ein österliches, dankbares und erfülltes Leben, dass man sich nur noch drüber wundern kann! Darauf dürfen wir uns verlassen heute am Ostermontag und bis in alle Ewigkeit! Gott sei Dank!

Amen.




Pastor i.R. Dr. Andreas Pawlas
25365 Kl. Offenseth-Sparrieshoop
E-Mail: Andreas.Pawlas@web.de

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