Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

5. Sonntag nach Ostern: Rogate, 25.05.2014

Predigt zu Johannes 17:1-11 (dän. Perikopenordn.), verfasst von Eva Tøjner Götke

 

Wir haben gerade die Konfirmationen in den Kirchen gefeiert.

Wenn es irgendetwas gibt, was Konfirmanden nicht ausstehen können, dann Menschen, die sich selbst zu ernst nehmen.

Menschen, die zu sehr an sich selbst glauben

So ein Mensch war Jesus - nach der Auffassung vieler.

 

Warum soll er ohne Sünde sein?

Warum soll er besser gewesen sein als wir?

Ist er nicht etwas zu sehr von sich selbst überzeugt, wenn er seiner Sache so sicher ist und andere religiöse Gruppen in der damaligen Gesellschaft so heruntermacht, wie er es tut?

 

Der Einwand ist interessant.

Vor allem weil er das ungnädige Urteil der heutigen Jugend über einander (und sich selbst) wiederspiegelt.

Es liegt im Trend, dass man von dem einzelnen verlangt, dass er sein eigenes Leben schafft.

Du bist das, wozu du dich selbst machst.

Du wirst an deinen Leistungen gemessen.

Heutzutage gerne sportliche Leistungen. Die kann man messen.

Und hier geht es wirklich ums Ganze. Man perfektioniert, arbeitet, trainiert - immer wieder.

Es geht darum, Grenzen zu überwinden, seine eigenen, und immer besser zu werden.

Es geht um nichts weniger als die Perfektion.

 

Mit zu diesem Streben gehört ein harter Schiedsrichter, der an der Seitenlinie steht und darauf achtet, dass niemand mogelt.

Du sollst nicht glauben, dass du etwas bist.

Zeig es statt dessen.

Tu etwas. Aber um alles in der Welt, blase dich nicht auf.

 

Und was tut Jesus?

Er glaubt, er ist etwas. Nämlich Sohn Gottes.

Das geht zu weit, meinen die jungen Leute.

Aber dass sie das meinen, zeigt in hohem Maße ihr fehlendes Verständnis und Gefühl für Gott!

Für den Unterschied, den Gott in der Welt und an der Welt ausmacht, am Leben hier in der Welt.

Der grundlegende Gedanke in der Auffassung des Christentums vom Menschen ist, dass wir sind - aus Gott.

Wir sind nicht einsame Individuen, die ihr Leben erst schaffen sollen, etwas tun sollen, leisten sollen, ehe wir etwas sind.

Wir sind - aus Gott.

Wir sind Menschen - aus Gott.

Wir brauchen unser Leben nicht selbst zu rechtfertigen.

 

Das bedeutet viel für unser Sein in der Welt.

 

Wir sind nicht wackelnde und unsichere Menschen, die sich selbst erhalten müssen. Oder: Vielleicht sind wir gerade wackelnd und unsicher - und das mit gutem Grund in der Welt - aber Gott ist es, der uns erhält.

Wir sind - aus Gott.

Das ist das eine.

 

Aber etwas anderes ist es, dass wir auch die sind, die wir sind - aus Gott

Aus Gott sind wir geliebt, geheiligt, erwählt und zum Leben berufen.

Mit anderen Worten: Kinder Gottes.

Das sind die Worte über unserem Leben, von Anfang an - bei der Taufe. Das sind die Worte, durch die wir neu geboren werden.

Ganz grundlegend also: Dir ist vergeben!

Oder wie man heute sagt: Du bist ok! Mit dieser Erleichterung zur Folge, dass ich dann frei bin, mich zu entfalten.

Dann können wir die sein, die wir sind.

Frei wir selbst sein - weil Gott ja zu uns gesagt hat.

Uns diese Bestätigung gegeben hat in seinem Wort, seinem Leben, seinem Sohn, ihm selbst.

 

Jesus war kein aufgeblasener Narr.

Er war nicht der, der er war, aus eigener Kraft.

Er rechnete nie etwas zum eigenen Ruhm an.

Er stellte sich nie selbst in den Mittelpunkt, sondern wies weg von sich selbst

Er glaubte nicht zu sehr an sich selbst.

Er glaubte an Gott!

Das ist der ganze Unterschied.

 

Das sollen wir verstehen - und tun wir er: glauben.

 

Die christliche Auffassung vom Menschen setzt diesen Glauben an Gott voraus.

Und das macht Jesus deutlich. Immer wieder.

Glaubt an Gott und glaubt an mich.

Das gibt Anteil an der Ewigkeit Gottes - dem ewigen Leben, so dass sich ein Himmel über die öffnet.

Dein Leben erhält Wurzeln in einem Anfang, der vor dir selbst ist.

In einer Schöpfung, die du nicht verstehst.

Und in einer Zukunft, die du nicht verstehst, weil sie dem Tode trotzt, einer Zukunft, auf due du deshalb nur hoffen kannst.

Zur Hoffnung bist du erlöst.

Diese Hoffnung rettet dein Leben in der Welt.

Die Hoffnung, dass du der bist, der du bist - von Gott.

 

Die christliche Auffassung vom Menschen ist gnädig.

Der Richter steht nicht an der Seitenlinie, um uns dabei zu ertappen, wenn wir uns Leistungen erschleichen und uns als die erweisen, die wir „in Wirklichkeit" sind, die sich aufblasen.

Nein, der Richter ist der, der uns daran erinnert, dass wir mehr sind als wir können.

Der und daran erinnert, dass der Mensch immer mehr ist als das, was zum Ausdruck kommt.

Es steckt ein Leben in jedem Menschen, das offenbart werden wird.

Im positiven Sinne.

Nicht als etwas, das entlarvt werden wird, wie ein Teppich, der unter unseren Füßen weggezogen wird, sondern etwas, das sich offenbart - sich zeigt: eine Perle, ein Kern, ein Leben, das aus Gott ist und auf Gott verweist.

Dieses grundlegende Verhältnis zwischen Mensch und Gott sollen wir glauben und leben und in seiner Konsequenz verstehen.

Und hier bei seinem Abschied aus der Welt - kurz vor der Himmelfahrt - sollen wir verstehen, dass die Einheit, die zwischen Jesus und dem Vater ist, auch zwischen uns sein soll.

Er verhehlt nicht, ja er wiederholt, dass er und der Vater eins sind (ja das ist ja so provozierend selbstsüchtig, sagen die Konfirmanden). Aber er sagt dies ja nicht, um sich selbst zu erhöhen, sondern um uns zu erhöhen.

Alles, was mein ist, ist dein, und was dein ist, ist mein, das ist sein letztes Wort6.

 

Wer kann das verstehen?

Vielleicht geht es nicht darum zu verstehen, sondern darin zu sein.

Darin zu sein, dass alles, was wir haben, uns geschenkt ist.

Das ist nicht nur schwer für den jungen Konfirmanden.

Sondern für uns alle.

„Ich bete für sie", sagt Jesus.

Und wir leben davon. Amen .

 



Pfarrerin Eva Tøjner Götke
DK-5230 Odense M
E-Mail: ETG(at)km.dk

Bemerkung:
Übersetzung: Professor Eberhard Harbsmeier


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