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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

5. Sonntag nach Ostern: Rogate, 25.05.2014

Das goldene Kalb
Predigt zu Exodus (2. Buch Mose) 32:7-14, verfasst von Uwe Seidner


Gnade sei mit euch und Friede von Gott unserem Vater und unserem Herrn Jesus Christus. Amen.

(Predigttext)


Liebe Gemeinde!

Das Volk Israel hat das goldene Kalb geschaffen, während Mose auf dem Berg verweilte und von Gott, dem Herrn, die Gesetzestafeln übernehmen sollte. Während Mose auf dem Berg ist, ahnt er noch nichts, aber Gott weiß es. Gott weiß, dass das Volk gegen ihn verstoßen hat. Gott weiß, dass das Volk abtrünnig geworden ist. In der Wüste hatte das Volk zu murren begonnen. Zuerst wollten sie zu den Fleischtöpfen Ägyptens zurück und jetzt kehren sie Gott, der sie wunderbar errettet hat, den Rücken und wenden sich der ägyptischen Religion, dem Kult der Fruchtbarkeit zu. Der Stier war das Sinnbild der Fruchtbarkeit. Gott, der Herr, zeigte sich Ihnen ja nicht. Sie hatten kein Bild von ihm, dem sie folgen konnten. Aber nun machten sie sich dieses goldene Stierbild, das sie aus der ägyptischen Religion her kannten und führten es herum, damit sie diesem Götzenbild nachfolgen. Sie haben sich also das goldene Kalb, beziehungsweise das goldene Stierbild, als Ersatz geschaffen. Den unsichtbaren Gott haben sie durch ein goldenes Stierbild ersetzt. Es war also ein Rückfall des Volkes in eine materialistische Religion. Mose befand sich auf dem Berg und Aaron konnte nicht viel ausrichten.

Ihr Lieben, es heißt der Teufel macht sich Gottes Geschenke zu Werkzeug. Und so ist es auch hier in diesem Fall: die Religion als Geschenk Gottes wird zum Werkzeug des Teufels. Das Volk erlebt nach der wunderbaren Errettung aus der Knechtschaft einen Rückfall in den Götzendienst, den sie ja im fremden Ägypten ja so geschmäht und missachtet haben. Sie brauchen ein materialistisches Symbol, das sie voraustragen können.

Auch unser Handeln im Leben ist oft ähnlich mit dem des Volkes in der Wüste damals. Es gibt in unserem Leben Momente in denen wir unbedingt was haben wollen, damit wir das voraustragen können. Das sind die Statussymbole. Das kann Geld sein, das kann ein luxuriöses Auto sein, das kann eine Villa sein usw. Diesen Statussymbolen folgen wir also wie einem Fingerzeig.

Es verirren sich zwei in einem Irrgarten, in einem Labyrinth. Sie versuchen nun herauszukommen. Sie laufen durch die grünen Alleen in der Hoffnung, dass es diejenige ist, die zum Ausgang führt. Von Zeit zu Zeit bemerken sie einen Fingerzeig aus Papier der in eine Richtung weißt. Sie folgen der angezeigten Richtung, aber sie kommen immer tiefer hinein und der Ausgang rückt mehr und mehr von ihnen weg. So wie dieser Fingerzeig im Labyrinth sind auch die gegossen Götter oder unsere Statussymbole.

Wie auch das Volk Israel möchte der Mensch sich an großen Dingen festhalten, die ihm seiner Meinung nach einen sicheren Halt geben sollen. Das Volk folgte dem goldenen Stierbild, weil es dachte dieses Götzenbild würde ihm Sicherheit geben. Anscheinend erhofften sie sich Fruchtbarkeit. In der unfruchtbaren Wüsten etwas heiß ersehntes.

An dieser Stelle möchte ich eine kurze Geschichte erzählen: ein Indianer fällt in den Niagarafluss. Der Fluss treibt ihn nun dem riesigen Wasserfall zu. Kurz vor dem Wasserfall sehen das einige Menschen. Diese waren da waren um den Wasserfall zu bewundern. Nachdem sie nun den auf den Wasserfall zutreibenden Indianer erblicken, wollen sie sofort Hilfe leisten. und werfen ihm einen Rettungsring zu. Aber zur gleichen Zeit schwimmt auch ein großer Baumstamm am Indianer vorbei. Der Indianer denkt sich nun, der Baumstamm ist doch größer und man kann sich daran besser festhalten. Er ergreift den Baumstamm und stürzt mit ihm in die Tiefe. Hätte er den Rettungsring ergriffen, wäre diese Geschichte anders ausgegangen. Das Volk hat damals den Rettungsring auch nicht ergriffen und wir tun es in unserem Leben oft auch nicht. Heißt das wir sind zum Fall in die Tiefe verbannt? Oder gibt es doch eine unsichtbare Hand die uns auffängt?

Gott, der Herr, schickt nun Mose zurück ins Tal. Warum, ist ihm nicht ganz klar, was soll er denn da tun? Mose weiß ja von nichts was unten im Tal vor sich geht. Aber Gott offenbart ihm seinen Plan. Mose soll eine gewichtige Funktion bekommen: Gott will das Volk vernichten und Mose selbst zum großen Volk machen, so wie er es zuvor Abraham verheißen hatte. Das ist die Stunde des Mose. Er bittet für das Volk Israel, und rührt dabei an Gottes Ehre. Sein Bitten ist erfolgreich, Gott „gereut das Unheil, das er seinem Volk zugedacht hatte". Obwohl sich das Volk einen anderen Halt gewählt hat, fängt er das Volk im freien Fall dann doch schließlich auf. Und das geschieht auf das Bitten des Mose. Hier kommen wir auch zum Namen des heutigen Sonntags: „Rogate". Dieser Name geht auf die Bittumgänge zurück, die früher gemacht wurden, wenn man um eine gedeihende Ernte gebeten hat.

Mose bittet nun für sein Volk. Er weiß zwar, dass das Volk einen schweren Fehler, eine schwere Sünde begangen hat, aber trotzdem bittet er um das Mitleid des Herrn. Der möge an seine Knechte Abraham, Issak und Jakob denken, die doch Vorbilder des Glaubens waren und an die Verheißung die er Ihnen gemacht hat. Gott, der Herr, will doch die Nachkommen dieser mehren wie die Sterne am Himmel. Diese große Verheißung will er nun zunichte machen?

Der Herr zeigt dann erstaunlicher Weise menschliche Züge. Es gereut den Herrn das Unheil, das über das Volk kommen sollte. Er hat die Bitte des Mose erhört. Gott ist schließlich doch der Vater, der sich seiner Kinder erbarmt und nicht der strafende, rachsüchtige Gott. Der Herr hat sein Volk weg aus einer Sklaverei geführt, aber das Volk ist jetzt in eine neue Sklaverei verfallen. Er wird auch dieses Mal dem Volk aus dieser Sklaverei verhelfen. Und so wird er es auch mit uns tun. Auch wenn wir uns oft anderen Dingen anhangen, also in eine Sklaverei verfallen, wird es einen Fingerzeig geben, der uns wieder in die richtige Richtung weist. Es ist nicht so ein Fingerzeig der uns immer tiefer ins Labyrinth hineinführt, sondern es ist der Fingerzeig von Christus, dem Herrn. Christus, der Herr, ist der einzige Fingerzeig an dem wir uns orientieren können. Wenn wir seinem Fingerzeig folgen, öffnen wir unseren Horizont. Dann können wir sogar über den Horizont hinaussehen und müssen nicht einem goldenen Stierbild nachfolgen. So bitten wir immer wieder um diesen einzigen Fingerzeig.

Moses Gebet wurde erhört. Aber Beten heißt nicht immer nur Bitten, sondern auch Danken. So lasst uns nun an diesem Sonntag Rogate um den Rettungsring, um den Fingerzeig bitten, und dafür danken, dass uns doch oft im Leben dieser Rettungsring zugeworfen wird. Wir müssen ihn nur rechtzeitig wahrnehmen und ihn ergreifen.

Amen.


Und der Friede Gottes, welcher höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen in Christus Jesus. Amen.



Pfarrer Uwe Seidner
Wolkendorf und Weidenbach(Rumänien)
E-Mail: [pfarramt@kg-wolkendorf.ro

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