Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Sonntag nach Trinitatis, 29.06.2014

Predigt zu Lukas 14:25-35 (dän. Perikopenordn.), verfasst von Poul Joachim Stender

 

Das Beste an der Fußballweltmeisterschaft ist, dass wir immer wieder Beispiele dafür sehen, dass das Unmögliche wahr werden kann. Ein Angreifer läuft auf das Tor des Gegners zu. Er ist von allen Seiten von Gegnern umgeben, die ihn stoppen wollen. Er läuft in den Strafraum. Nun ist er so eng gedeckt von Verteidigern, dass er sich überhaupt nicht mehr bewegen kann. Und dann geschieht das Unerwartete. Er macht eine wahnwitzige Drehung. Eine unmögliche Finte. Einen verrückten Sprung. Findet eine Öffnung und hämmert den Ball ins Tor. TOOOR! Und jedes Mal denke ich: Davon kann ich etwas lernen. Selbst in der unmöglichsten Situation. Selbst da, wo es scheinbar keine Möglichkeiten gibt, ist dennoch eine Möglichkeit. Dafür gibt es im Neuen Testament viele Beispiele. Eine Schar von Jüngern war die ganze Nacht draußen zum Fischen. Sie haben nichts gefangen. Mutlos gehen sie an Land und begegnen Jesus, der sagt: Werft die Netze wieder aus. Und obwohl die müden Jünger keine große Lust dazu haben, tun sie es - Gott sagt, sie sollen - und in kurzer Zeit haben sie so viel gefangen, dass ihre Boote zu sinken drohen. Wenn man Fußball der Weltmeisterschaft nicht mag, sollte man sich ihn wenigstens ansehen, um zu lernen, dass im Unmöglichen immer eine Möglichkeit steckt. Man ist ernsthaft krank, und dennoch kann da eine Möglichkeit sein, durch Gottes Hilfe gesund zu werden. Man ist wirtschaftlich am Ende, und dennoch kommt eine Öffnung, dass man sich wieder erheben kann. Man ist tot. Alles ist vorbei, und plötzlich ist Gott da als Möglichkeit im Unmöglichen. TOOOR!

Manchmal können wir uns vorstellen, dass wir in einer Art Fußballmannschaft sind, die gegen das Böse, die Gleichgültigkeit und den Unfrieden kämpft. Oder um es geraheraus zu sagen. Wie spielen gegen den Teufel. Nun habe ich die Fußballspieler in vielen Weltmeisterschaftskämpfen gründlich studiert, und eines ist da ganz deutlich. Sie legen alle ihre Kräfte im Kampf gegen ihre Gegenspieler. Sie richten sich nach den Anweisungen, die sie von ihrem Trainer erhalten. Sie spielen zusammen. Wie schlecht es auch geht, sie kämpfen hartnäckig darum, zu gewinnen. Zwischendurch kann man sehen, wie schwer es ist. Auf die Gefahr, nicht akademisch genug zu reden, erlaube ich mir zu sagen: Wie, liebe Gemeinde, wir Christen, wir sind eine Mannschaft, die gegen Satan kämpft, und Christus ist mit uns. Und wenn wir uns einbilden, dass wir es uns in diesem Kampf bequem machen können, alles mit der Ruhe nehmen können und auf dem Spielfeld Blumen zählen können, während wir Kirchenkaffe trinken, dann irren wir uns ernsthaft. Das steht ganz deutlich im heutigen Text: „Wer von euch nicht auf sein Eigenes verzichtet, kann nicht mein Jünger sein". Auf sein Eigenes verzichten heißt nicht ins Kloster gehen. Es ist viel schlimmer. Es heißt sich selbst vergessen, um dem Nächsten zu dienen. Und es ist unbeschreiblich hart, auf die Eigenliebe zu verzichten. Wir sind gegen fanatische Muslime, die im Namen ihres Gottes Terror um sich verbreiten. Deshalb ist laues Christentum in Mode gekommen. Der liebe Gott ist in Ordnung, , man darf sich nur nicht zu viel mit ihm beschäftigen. Passt auf, dass ihr keine Fanatiker werdet, heißt es. Passt auf, dass ihr nicht übertreibt! Aber nein! Wir sollen fanatisch sein, damit die Botschaft des Christentums von Liebe und Barmherzigkeit sich in der ganzen Welt verbreitet. Wir sollen unser Interesse für Jesus Christus übertreiben. Und wenn unsere Eltern oder Großeltern da stehen und darüber jammern, dass wir uns nicht ordentlich benehmen, weil wir nicht an ein großes Haus und eine flotte Karriere denken, sondern lieber Missionare sein wollen oder in anderer Weise und für unseren Nächsten opfern wollen, dann dürfen sie uns nicht zurückhalten. Lauheit und Gleichgültigkeit haben im Christentum keinen Platz. Wir können das Böse nur niederhalten, wenn wir dem Kampf gegen Satan toternstnehmen und tun, was Christus sagt. Seine Taktik für den Kampf ist nämlich diese: Liebe nicht dich selbst. Liebe Gott und deinen Nächsten. Es kostet also mehr als nur die Kirchensteuer, Christ zu sein. Das meint Jesus, wenn er sagt: „So jemand zu mir kommt und hasset nicht seinen Vater und seine Mutter, Weib, Kinder, Brüder, Schwestern, auch dazu sein eigen Leben, der kann nicht mein Jünger sein". Etwas ist besser als etwas anderes. Wir können als Christen keine Ethik haben, wo alles gleich gut ist. Das ist es wahrlich nicht. Das Gute ist besser als das Böse, und wenn das unser Vater, unsere Mutter und unsere Geschwister nicht begreifen, müssen wir den Konflikt mit ihnen aufnehmen. Wir müssen auch den Konflikt aufnehmen mit den islamischen Fundamentalisten, wenn sie glauben, der Weg zu einer besseren Welt führe über Terror, Gewalt und Unterdrückung. Es ist tief schockierend, dass der islamische Fundamentalismus immer mehr Christen aus den Nahen Osten in die Flucht treibt. Fast alle nahöstlichen arabischen Ländersind von massiver christlicher Auswanderung betroffen. Es ist, als hätten wir im Namen der Toleranz und der Lauheit keinen Blick für die massiven Verletzungen der Religionsfreiheit der Menschen, für die nicht zuletzt die muslimische Welt steht. Es kostete dem Sohn Gottes alles, unser Erlöser zu sein. Er musste sich selbst Hohn und Spott ausliefern und erdulden, von uns gefoltert und getötet zu werden. Aber er bezahlte diesen Preis, um unser Gott zu sein, und er kehrte zurück von den Toten, um uns von Lauheit, Engherzigkeit, Egoismus und Oberflächlichkeit zu erlösen. Aber auch um uns zu zeigen, dass in der Unmöglichkeit immer eine Möglichkeit steckt.

Die Kirche und das Christentum sind Figuren im Kampf gegen die Flut von Lauheit, die zur Zeit über die westliche Welt hereinbricht. Man sollte in die Kirche gehen, um nicht so lau zu werden. Im Glauben an Gott ist man kalt oder warm. Und ist man warm. Dann nimmt man den Kampf auf gegen die blinde Gleichgültigkeit der Welt gegenüber der Liebe. Auch wenn es etwas kostet. Wir haben Gott im Rücken. Amen.

 

 



Sognepræst (kirkebogsfører) Poul Joachim Stender
DK 4060 Kirke Såby
E-Mail: PJS(at)km.dk

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