Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Letzter Sonntag des Kirchenjahres - Ewigkeitssonntag/Totensonntag, 23.11.2014

Predigt zu Matthäus 11:25-30 (23. Sonntag nach Trinitatis - dänische Perikopenordnung), verfasst von Anne-Marie Nybo Mehlsen

Das ist Wissenschaftlern und Akademikern verborgen, d.h. etwas mehr als der Hälfte der Bevölkerung. Hier sind schon einige außen vor, weil das Vorurteil darüber, was es bedeutet, sich in den Weg stellt: "Wenn der Glaube der Wissenschaft den Mund verbietet, mache ich nicht mehr mit" denkst du vielleicht. Aber halt einen Augenblick ein, nimm den Platz der Unmündigen ein - dort, wo wir gar nicht gewohnt sind zu sitzen, wir, die wir Zeit, Handy, Kalender und Absprachen unter Kontrolle haben. Lasst uns nur einen Augenblick unser geläufiges Wissen und unsere Kompetenzen beiseite, lässt uns einen Moment nicht an der ach so vernünftigen Nase herumführen, die uns nur effektiv in der Welt voranbringen will.

Weg mit dem Kalender, Outlook und den sozialen Medien - auch am inneren Schirm, der auch jetzt läuft, wo ansonsten alles ausgeschaltet ist, auf lautlos geschaltet, eine kleine Pause. Hörer auf die Stille, sieh den blanken Schirm und lass etwas zu dir kommen aus anderen Quellen und Kanälen als die gewöhnlichen.

Sieh nur, wie wir Lasten herumschleppen; das Handy und der PC halten uns immer in Kontakt mit dem Netz. Das sind doch nützliche Geräte und eine wertvolle Hilfe. Aber zugleich sind sie eine Belastung, die uns jeden Augenblick fordert und uns in Kontakt hält mit unserer Arbeit - auch wo wir uns ausruhen sollten. Dann erfinden wir Hilfsmittel, die das erträglich machen, überschaubar, leichter - machen Regeln für uns selbst darüber, wann wir online sind und wann nicht, welche Medien wir benutzen und welche nicht. Während wir Regeln machen, haben. Wir schon die Freiheit preisgegeben und uns der Elektronik anvertraut. Jede Regel, jedes System muss übrigens auch gleich registriert werden, evaluiert und schließlich revidiert werden - immer muss man also zu etwas Stellung nehmen, etwas erfüllen oder ausfüllen.

Du hörst richtig, wenn du Müdigkeit in meiner Stimme wahrnimmst. Ich meine, wir werden mit Regeln überhäuft, mit Systemen, Fragebögen und Evaluierungen. in einem Maße, dass es scheint, als seien die Menschen da für die Systeme und nicht umgekehrt.

Regeln sollten ja an besten eine Form von Mitteln sein, eine Hilfe, die Lasten zu tragen Hand zu verteilen, die uns schwer Audi den Schultern liegen an Forderungen und sauren Pflichten, die dem Eigentlichen im Wege stehen - das doch wohl das Menschenleben ist.

 

Autoritäre und kontrollierende Leiter mache allzu viele Regeln und Systeme, das ist schlimm. Evaluierungsgespräche am Arbeitsplatz, Qualitätskontrollen. Tests und Proben überall und ewige Umstrukturierungen, die in der Regel weniger Hände und mehr Schemas bedeuten.

Aber schlimmer ist es, dass Menschen, die  aufeinander keine Rücksicht nehmen und füreinander keine Verantwortung, gezwungen sind, sich mit einem Meer von Gesetzen und Regeln einzurichten, um sich nicht gegenseitig zu schaden, einfach nur, damit das Zusammenleben funktioniert.

Alle Freiheit stellt Anforderungen an verantwortliche Verwaltung, Rücksicht auf andere und die Fähigkeit, sich selbst zur rechten Zeit und am rechten Ort zurückzunehmen. Manchmal bedarf es keiner Regeln, sondern der Fähigkeit, seine Möglichkeiten recht einzuschätzen und zu verwalten. Wenn wir diese Fähigkeit verlieren, bedarf es notwendigerweise immer neuer Regeln, neuer Begrenzungen, neuer Standards dafür, wie die Gemeinschaft funktionieren kann.

Lasten erfordern Handlung - werden sie zu schwer und unhandlich, muss man etwas tun.

Das Gewicht der Last hängt nicht notwendig vom Inhalt ab. Die schwerste Last kann leicht erscheinen, wenn wir Ihnen Sinn geben. Eltern tragen gern ihre Kinder, und wir tun gern etwas für die, die wir lieben.

Es gibt Lasten, die wir ganz klaglos tragen, fast ohne ihr Gewicht zu bemerken. Wir tun das freudig und gern, weil wir wissen, dass es etwas nützt, dass es gut ist, es ist uns geradezu eine Ehre, die Last tragen zu dürfen. Die Lasten der Liebe tragen wir für einander umher, ohne zu fragen warum, wie und wieviel. Wir tun, handeln, dienen und tragen einander. Fragt die vielen Menschen, die ihr eigenes Leben und ihre Gesundheit riskieren, um anderen zu helfen, nicht nur im Gesundheitswesen und der Entwicklungshilfe, sondern Freiwillige aller Art, Ingenieure, Polizisten, Soldaten, Lehrer, Missionare, Pastoren - sie tun es, weil es Sinn macht, und weil die Bürde, die das Ziel oder die Begründung ist, dann leichter zu tragen ist.

Es gibt leichte Bürden - ganz abgesehen vom Gewicht. Wir nehmen Sie gerne auf uns. Die Liebe und der Sinn sind die Bürde, die die Last leicht macht. Dass etwas nützt r jemanden, dass es Sinn macht, auch wenn es nichts bewegt wie z.B. Bei einer schweren Krankheit. Nur dass man da ist, der ist, der bis zuletzt die Hand hält. Da ist das Liebesgebot nicht noch eine schwere Pflicht, sondern ein nützliches Mittel. Ein Kinde tragen, ein Kind hüten, die Windeln wechseln, es füttern, mit einem Kind spielen, das ist auch ein Stück Arbeit, aber eine Liebesarbeit, die mit Freude und Lebenskraft verbunden ist. Wir werden stark wie Ochsen durch die Liebe. Froh wie frühlingstolle Füllen, auch kleine Eselfüllen können übermütig sein vor Freude.

Nun haben wir die Fährte gefunden und die Spur gerochen. Wir brennen für etwas - wollen es jedenfalls gern. Menschen, die stark sind und für etwas  Rennen, die sehen und wahrnehmen können, was notwendig ist, und bereit sind, sich selbst zurückzunehmen zur rechten Zeit und am rechten Ort. Menschen, die gerne anpacken, die gerne mitziehen, etwas tun. Nicht ein leeres Tun für sich allein, sondern ein Tun, das einen Unterschied macht. Das erleichtert die Bürde für andere.

Die Arbeit der Liebe borgt Sinn und Freude. Auch wenn die mühsam ist und schwer. Ja, auch wenn uns alles misslingt und wir die Übersicht verlieren. Vielleicht wird uns dann gerade deutlich, dass es eine Stärke ist, ohnmächtig und unmündig zu sein. Denn dann verstehen wir, worum es geht. Dass ein Anderer da ist, der immer mitträgt, uns begleitet, manchmal das Untragbare mit uns trägt. Gott geht mit uns alle Tage und steht ein für die Vollendung der Liebe, auch in dem, was verloren ist, vergeblich, gebrochen und verbrochen. Das entlastet und, um das zu tun, was wir können, so gut, wie wir es können, mit Vertrauen, Glauben, heißt es - Vertrauen auf den morgigen Tag. Immer einen Tag heißt es für den Unmündigen dort, wo es wirklich rennt. Wo Handy und PC nützliche Geräte sind, wenn sie funktionieren, aber für das Leben da sind, für die Menschen, sie sollen uns dienen und nicht umgekehrt. Wir brennen für etwas - von Gott geliebt. Amen.



Pastorin Anne-Marie Nybo Mehlsen
DK-4100 Ringsted
E-Mail: amnm(a)km.dk

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