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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

1. Weihnachtstag, 25.12.2014

Predigt zu Lukas 2:1-20, verfasst von P. Friedrich Schleinzer

Jesus von Nazareth ist kein Mythos. Sein Leben und seine Geschichte lassen sich in Ort und Zeit festmachen. Seine Geschichte  ist keine Wanderlegende. Die Geschichte Jesu verknüpft sich mit der Weltgeschichte. ...es geschah in jenen Tagen, als der Kaiser Augustus (31v.bis 14n.Chr) zu einer Volkszählung aufrief. Auch der zuständige römische Beamte, der für den ordnungsgemäßen Ablauf der Zählung in Syrien verantwortlich ist, wird uns im Evangelium vorgestellt: Publius Quirinius. Wenn Josef mit seiner schwangeren Verlobten nach Bethlehem zieht, dann erfüllt er damit die Vorschrift, dass sich jeder in seiner Heimatstadt in Listen einzutragen habe.  In dieses historische Geschehen wird der Sohn Marias geboren, Jesus, der später von seiner AnhängerInnen Christus, der Gesalbte, genannt wird. Sein Leben und sein öffentliches Wirken haben die Welt verändert, nicht ohne Grund wird die Zeitrechnung in ein vor und nach Christi Geburt eingeteilt.

 

Die historischen Quellen zur Geburt Jesu sind auf der ganzen Welt gleich, doch im Alpenraum hat sich daraus ein lebendiges Brauchtum mit Herbergsuche und Krippenspielen entwickelt. 1,7 Millionen Menschen aus aller Herren Ländern sind schon zum Salzburger Adventsingen gekommen, dem Inbegriff  adventlichen Brauchtums. Musik, Tanz, Schauspiel bringen Menschen die Geburt Christi näher. Auch wenn sie sich den Weg zum Festspielhaus durch die Menschenmassen in den Salzburger Einkaufsstraßen und den Salzburger Christkindlmarkt bahnen müssen. Was ist das Geheimnis dieses einzigartigen Erfolges? Viele Besucher erinnern sich an ihre eigene Kindheit, als die „stillste Zeit im Jahr" noch nicht vom lauten Kommerz übertönt war. Es gibt eben immer noch die Sehnsucht, dass der Berg an Weihnachtspaketen nicht alles ist. Und so kommen scharenweise Besucher, die sich bei Adventsingen - mittlerweile gibt es viele - auf das Fest einstimmen lassen.

 

Im „Salzburger Advent" heißt es in der Lokalzeitung, rücken  die Menschen zusammen. Ganz klar, denkt sich der Salzburger, man kann nicht über den Christkindlmarkt auf dem  Domplatz gehen, ohne geschoben oder gedrückt zu werden. Aber ob das  das richtige Verständnis von Zusammenrücken ist? Zusammenhalt und Nähe, wie sie in der adventlichen Zeit angebracht wären ?

 

Was ist wichtig zur Vorbereitung auf die Weihnacht? Das Singen und Musizieren, meint die Leitung des Adventsingens. Was ist wichtig für die Ankunft Christi? Die Bibel berichtet, wie die Menschen durch Jahrtausende die Ankunft des Messias herbeigesehnt haben. Wie sie in den Sternen nach Hinweisen auf die Geburt des Erlösers gesucht haben. Diese Sterngucker kommen heuer auch im Salzburger Adventsingen vor. Sterndeuter (Astrologen) kennt man in Babylon und aus Syrien. Priester meinen, durch Beobachtung der Sternenkonstellation das  Schicksal bestimmen zu können. Biblisch steht die Astrologie im unvereinbaren Gegensatz zum Glauben an Gott. Gott offenbart seinen Willen nicht durch Gestirne, sondern durch Menschen wie die  Propheten. Spöttisch wird über den Sturz Babels bei Jesaja (47,13) berichtet: „Du hast dir große Mühe gemacht, mit deinen vielen Beratern; sollen sie doch auftreten und dich retten, sie, die den Himmel deuten und die Sterne betrachten, die dir an jedem Neumond verkünden, was kommt." Nach den Sternen zu schauen und daraus die Zukunft wahrzu sagen ist nutzlos und überheblich. (Hiob 38,33) „Kennst du die Gesetze des Himmels, legst du auf die Erde seine Urkunde nieder?" Beim Salzburger Adventsingen 2014 lauschen die Sterngucker in die Stille dieses unendlichen fernen Himmels hinein, um mit Gott dem Schöpfer alles Seins vertraut zu werden. In den adventlichen langen Nächten vor der Wintersonnenwende ist die Sehnsucht nach dem Licht besonders groß und sei es auch nur ein winziges Sternenlicht im Dunkel der Nacht. Vielleicht, so die Frage, werden wir selbst zu einem leuchtenden rettenden Stern für jemand anderen.

 

Zum unverzichtbaren Personal an jeder Krippe gehören die Hirten. „Da trat der Engel des Herrn zu ihnen und der Glanz des Herrn umstrahlte sie, sie fürchteten sich sehr." Der Hirte ist der Bibel ein wichtiger Alltagsberuf, sowohl von Männern auch als von Frauen. Ihre Sorge gilt zuverlässig Menschen und Tieren. In der Kindheitserzählung Jesu spielen Hirten, die zur Unterschicht der damaligen Gesellschaft gehören, eine wichtige Rolle. Der Engel des Herrn verkündet ihnen eine große Freude. Die Geburt des Retters und verspricht ihnen als Zeichen ein in Windeln gewickeltes und in einer Krippe liegendes Kind. Sie sind die ersten Christuszeugen. Bestärkt in der Gewissheit, dass Gottesverheißungen zuverlässig sind, loben die Hirten Gott. Die Salzburger Hirtenkinder sind Publikumslieblinge, sie ernten spontanen Applaus, wenn sie mit ihrer kärglichen Habe nach Bethlehem aufbrechen und Geschenke für das Christkind zusammensuchen.

Die vergebliche Herbergsuche von Maria und Josef geht zu Herzen. Herbergsuche ist noch immer das Schicksal von Millionen Menschen, sie sind mittellos auf der Flucht und finden oft nicht einmal einen Stall. Ein primitives Dach über dem Kopf, das Gott reichte, um Mensch zu werden. Die Krippe steht  in dem Stall und dann kommen sie, die Hirten mit ihren Gaben,  die Sterndeuter mit Gold, Weihrauch und Myrrhe, und wir - hoffentlich nicht mit leeren Händen.  

AMEN.



Univ. Prof. Mag. Dr. P. Friedrich Schleinzer
Salzburg
E-Mail: Friedrich.Schleinzer@sbg.ac.at

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