Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

1. Weihnachtstag, 25.12.2014

… von Hirten bekannt gemacht
Predigt zu Lukas 2:15-20, verfasst von Winfried Klotz

15 Als die Engel in den Himmel zurückgekehrt waren, sagten die Hirten zueinander: »Kommt, wir gehen nach Betlehem und sehen uns an, was da geschehen ist, was Gott uns bekannt gemacht hat!«

16 Sie liefen hin, kamen zum Stall und fanden Maria und Josef und bei ihnen das Kind in der Futterkrippe.

17 Als sie es sahen, berichteten sie, was ihnen der Engel von diesem Kind gesagt hatte.

18 Und alle, die dabei waren, staunten über das, was ihnen die Hirten erzählten.

19 Maria aber bewahrte all das Gehörte in ihrem Herzen und dachte viel darüber nach. 2,51

20 Die Hirten kehrten zu ihren Herden zurück und priesen Gott und dankten ihm für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genauso gewesen, wie der Engel es ihnen verkündet hatte.

Liebe Gemeinde!

Heute, am 1. Christtag, ist für manche Weihnachten schon fast vorbei. Weihnachten, das ist der Heilige Abend, was danach kommt, das ist nur noch gutes Essen und mehr oder weniger erfreuliche Familienbesuche. Gut, dafür Zeit zu haben, besser Weihnachten nicht gleich zu vergessen, sondern sich von der Botschaft bewegen zu lassen!

Genauso wie wir es an den Hirten sehen! Die machen sich gemeinsam auf den Weg, um zu sehen, was geschehen ist und Gott ihnen bekannt gemacht hat. Aber da scheinen uns die Hirten doch einiges voraus zu haben. Ihnen hat ein Engel die Botschaft von der Geburt des Retters gebracht, wir lesen sie mit 2000 jährigem Abstand in einem Buch. Sie durften einen Blick in die himmlische Herrlichkeit tun, sie hörten das Gotteslob der Engel, wir sitzen in einer Kirche und müssen selbst singen (und spielen). Das scheint uns schon ein gewaltiger qualitativer Unterschied zu sein; wir haben es viel schwerer als die Hirten. Wirklich?

Und dann: die lebten doch damals in einer völlig anderen Welt. Vermutlich waren die Hirten bei einem Großgrundbesitzer angestellt. Sie genossen nicht das größte Vertrauen, der Lohn war gering, die Lebensmöglichkeiten auch. Und ob sie viel gelernt hatten davon, wie man nach Gottes Geboten lebt und es auch befolgen konnten- wahrscheinlich eher nicht.

Wir heute leben in einer Welt der Medien, Fernsehen, Internet, Zeitung; wir leben mobil, sind viel unterwegs mit dem Auto oder anderen Verkehrsmitteln. Wir hüten- meistens- keine Schafe und bewirtschaften keine Felder. Unsere Nahrung entsteht industriell und oft in weit entfernten Regionen der Erde; wir erstehen sie im Supermarkt. Auch wir leben, auf andere Weise wie die Hirten, oft abhängig von großen Firmen. Der Glaube an Gott führt auch bei uns eher ein Schattendasein, zu viel anderes drängt sich in den Vordergrund.

Die Hirten damals, wir heute, da stehe sich sehr verschiedene Lebenssituationen gegenüber. Und doch verbindet uns einiges mit den Hirten: damals wie heute ist ein Lebenskampf zu bestehen, gibt es Abhängigkeiten und auch ein Wissen um Gott. Damals wie heute sind wir als lebendige Wesen, als Menschen mit Geist und Sinn, in eine Verbindung, ein Gegenüber, zu Gott gestellt und können die Frage nach ihm wohl ausblenden, aber nicht völlig ignorieren. Und das gilt auch für all die aufgeklärten, postmodernen Menschen, die mit Gott absolut nichts im Sinn haben. Nach Liebe und Glück strebst Du, nach sinnvollem, erfülltem Leben, das hat mit Gott zu tun, auch wenn Du es nicht weißt und annehmen willst. Und das nicht deshalb, weil Gott wie eine Art Weltmechanik letztlich dafür sorgt, dass jeder das von ihm erstrebte Glück bekommt und alles gut wird - jeder weiß, dass dies ein hohles Versprechen wäre, sondern weil er Jesus gesandt hat. Seine Geburt im Stall, sein Leben in der Kraft Gottes voller Liebe und Wahrheit, sein Sterben und seine Auferstehung sind geschehen, weil Gott jeden Menschen sucht und liebt. Ich kann es nicht deutlicher als mit den Worten aus dem 3.Kapitel des Johannesevangeliums sagen:

„Gott hat die Menschen so sehr geliebt, dass er seinen einzigen Sohn hergab. Nun werden alle, die sich auf den Sohn Gottes verlassen, nicht zugrunde gehen, sondern ewig leben."

In seiner Liebe hat Gott Jesus gesandt, damit wir nicht zugrunde gehen, sondern leben! Wer auf Jesus sein Vertrauen setzt, wird hineingerettet in Leben mit Gott. In Jesus tritt Gott heraus aus seiner Verborgenheit und erweist sich als liebender Vater. Durch Jesus überbrückt Gott das, was uns von ihm trennt und das Leben sinnlos macht. Unsere Not der Friedlosigkeit, der unvergebenen Schuld, der Weglosigkeit in den Krisen des Lebens, der Angst vor dem Tod, überwindet der Retter Jesus; das aber nicht wie eine Art Herkules für den Augiasstall Mensch durch kluges Handeln, sondern durch die Hingabe seines Lebens am Kreuz von Golgatha.

Diesen Retter, diesen Gesalbten Gottes, diesen Herrn verkündet der Engel den Hirten und die machen sich auf den Weg zum Stall. Wer anders als die Hirten war einfältig genug, den Worten des Engels zu glauben und den Retter zu suchen in einem Stall als neugeborenes Kind, gewickelt und in eine Futterkrippe gelegt? Die Hirten kannten die möglichen Karsthöhlen, die man benutzte, um im Winter die Schafe und Ziegen aufzustallen. Die Botschaft von dem, der geboren wurde, um Leben aus Gott und seinen Segen zu schenken, treibt die Hirten. Sie könnte auch uns zu Jesus treiben, wenn wir denn auch den Worten des Boten Glauben schenken wollten und zugeben könnten, dass wir Leben und Segen brauchen. Und dass all unser Besitzen und Können uns aus dem Dilemma von Sünde und Tod nicht befreien kann. Dass wir angewiesen sind auf diesen Strom der Liebe und des Lebens von Gott, durch den wir neu gemacht werden. Lasst uns also mit den Hirten den Weihnachtsweg gehen zum Kind und an seiner Krippe zugleich auch dem gekreuzigten und auferstandenen Herrn Jesus begegnen. Unser Bibelwort enthält das Versprechen, dass auch wir IHN finden werden. Die Hirten sind uns nur einen Schritt voraus. Sie gehen den Weg durch die Nacht mit nur einem Verheißungswort, wir dagegen wissen die ganze Geschichte und sind damit klar im Vorteil. Sind wir einfältig genug den Weihnachtsweg zu gehen? Mit einfältig meine ich nicht dumm, sondern sensibel und ansprechbar für die Botschaft der Heiligen Schrift, die uns ruft und einlädt zum Kind in der Krippe. Wie es ihnen versprochen war, finden die Hirten Maria und Josef, dazu das Kind in der Futterkrippe. Wir aber finden Gott in Jesus, dem Retter, wenn wir uns auf den Weg machen.

Das Versprechen des Boten Gottes hat sich erfüllt, das bezeugen die Hirten all denen, die in dieser Notunterkunft mit Maria und Josef hausen müssen. Vermutlich waren die ja nicht allein, sondern andere ohne Dach über dem Kopf bei ihnen. „Als sie es sahen, berichteten sie, was ihnen der Engel von diesem Kind gesagt hatte. Und alle, die dabei waren, staunten über das, was ihnen die Hirten erzählten", so sagt unser Bibelwort. Nicht umsonst sind die Hirten den Weihnachtsweg gegangen, alle, die in der Stallhöhle versammelt sind, sollen nun erfahren, wer hier geboren wurde. Die Zuhörer staunen, Maria aber trägt das Zeugnis der Hirten in ihrem Herzen. Sie bewegt es, es bewegt sie, und das meint wohl vor allem, sie fragt nach Gottes Plan und Weg für dieses Kind. Noch vieles wird Maria erleben mit ihrem erstgeborenen Sohn Jesus, und manchmal wird sie ihn überhaupt nicht verstehen. Aber nach seiner Auferstehung wird sie mit zu den Menschen gehören die wissen: Gott war in Christus und versöhnte die Welt mit sich selber. (2. Kor. 5, 19) Und sie wird das weitersagen können, was sie gehört und gesehen hat. Sie wird nicht nur Mutter des Christus, sondern durch ihr Zeugnis von ihm, Mutter derer sein, die an ihn glauben.

Zuletzt: die Hirten kommen noch einmal in den Blick. Sie haben das Kind gefunden. Ihnen wurde nicht nur große Freude angekündigt, sondern sie haben große Freude gefunden. Voller Jubel gehen die Hirten nun zu ihren Herden zurück. Unser Wort sagt:

„Die Hirten kehrten zu ihren Herden zurück und priesen Gott und dankten ihm für das, was sie gehört und gesehen hatten. Es war alles genauso gewesen, wie der Engel es ihnen verkündet hatte."

Wo Gott sein Wort bestätigt und Menschen den Christus finden, da ist große Freude und Dankbarkeit, selbst wenn noch manches von Gottes Zusagen aussteht. Da stimmen wir in den Chor der Engel ein. Oder anders: da merken wir, wie unser Singen und Loben Gottes schon ein Teil des himmlischen Gottesdienstes ist auf den wir mit großer Erwartung zugehen. Amen.



Pfarrer Winfried Klotz
Bad König/Odw.
E-Mail: winfried.klotz@web.de

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