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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

1. Weihnachtstag, 25.12.2014

Worte, die die Welt verändern
Predigt zu Lukas 2:1-20, verfasst von Peter Schuchardt

Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeder in seine Stadt. Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das jüdische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, weil er aus dem Hause und Geschlechte Davids war, damit er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. Und als sie dort waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und der Engel des Herrn trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens. Und als die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen nach Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. Als sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, das zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. Und alle, vor die es kam, wunderten sich über das, was ihnen die Hirten gesagt hatten. Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war. (Anmerkung: Lk 2,-12 wird als Evangelium gelesen)

 

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Manche Worte können das ganze Leben verändern, zum Guten wie zum Schlechten. „Ich liebe dich!". „Sie haben Krebs."  „Es ist ein Mädchen". Manche Worte können die ganze Welt verändern, zum Guten wie zum Schlechten. „Seit 5. 45 Uhr wird zurückgeschossen." „Diese neue Reiseregelung gilt meines Wissens nach ab sofort."

Heute hören wir wieder auf die Worte, die die Welt, unser Denken und Fühlen, unser Fühlen, unser Hoffen, unsere Welt verändern. Heute und immer wieder, wenn wir sie hören. „Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging". Es sind die Worte der Weihnachtsgeschichte. Es sind die Worte, die uns erzählen, wie Jesus geboren wird. Es sind die Worte, die uns sagen, wie Gott auf unsere Welt und in unser  Leben kommt.

Es sind Worte, die Erinnerungen wecken. Allein das Wort „Weihnachten" führt uns sofort viel Bilder und Erinnerungen vor Augen. Erinnerungen aus unserem Leben, an die Weihnachtsfeste, als wir Kinder waren. Erinnerungen, die uns noch jetzt glücklich machen. Erinnerungen, die uns noch jetzt schmerzen. Und immer sind diese Erinnerungen verwoben mit den Worten der Weihnachtsgeschichte. Sie sind der Rahmen, in dem wir Weihnachten feiern.

Wir lesen von Maria, Josef und dem Kind, von der Heiligen Familie - und denken an unsere eigenen, oft so unheilige, zerstrittene, verletzte Familie. Der Engel verkündet Frieden auf Erden - und wir sehen die Bilder der zerschossenen Orte und Städte dieser Welt, sehen Flüchtlinge und Machthaber, die kalt und unbarmherzig agieren.

Wir lesen von den Hirten, die sich als erste Gemeinde um Christus sammeln - und sehen unsere Kirchen, die an den Weihnachtstagen gut gefüllt sind. Doch viele dieser Menschen sehen wir erst in einem Jahr wieder, beim nächsten Christfest.

 

Alles das sehen wir, liebe Schwestern und Brüder, und alles das stimmt. Der Streit in den Familien ist da, der Unfriede auf der Welt, die scheinbar schwindende Akzeptanz der Kirchen und der christlichen Botschaft. Alles das stimmt und alles das können wir an jedem anderen Tag im Jahr beklagen. Doch nun, an Weihnachten, bekommt das alles einen anderen Klang. Denn wir hören wieder die Worte der Weihnachtsgeschichte. „Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa. ... Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe." Und nun sehen wir das alles in einem anderen Licht, in dem Licht Gottes, das von der Krippe her  in unsere Welt und in unser Leben strahlt. Durch die Worte der Weihnachtsgeschichte nehmen wir die Welt anders wahr. Wir sehen sie in einem anderen Licht. Wir sehen sie im Licht Gottes.

 

Liebe Schwestern und Brüder, wir können uns einen x-beliebigen Schlager anhören oder einen der zahllosen Liebesfilme im Fernsehen. Alles das erzählt uns von Liebe, von Frieden, von Glück und von Freude. Und wir wissen doch zugleich: das hat mit meinem Leben eigentlich nichts zu tun. Ein kurzer Moment der Flucht vor der Wirklichkeit, und dann, wenn der Schlager, der Film zu Ende ist,  hat uns die Wirklichkeit wieder und sagt: SO ist es!

 

Die Weihnachtsgeschichte aber hat in sich eine große, unbezwingbare Macht. Es ist die Macht, unser Leben, unsere Wirklichkeit,  sogar die Weltgeschichte anders zu sehen. Die Weihnachtsgeschichte sagt uns: „So soll es sein - und so wird es werden, mit Gottes Hilfe!" Diese machtvollen Worte schaffen es, alle Jahre wieder, unser Leben, unser Denken, unser Fühlen, unsere Welt anders zu sehen.

 

Ich weiß ja: so viele beklagen sich zu Recht über den übermäßigen Konsum und die Geschäftemacherei zum Christfest. „Süßer die Kassen nie klingen", so war es wieder zu lesen. 285 € wollte jeder Bundesbürger dieses Jahr ausgeben - im Durchschnitt. Der Einzelhandel ist einigermaßen zufrieden. Ist das wirklich das, was nun im Mittelpunkt steht?

Und es schmerzen uns in diesen Weihnachtstagen besonders die Berichte über Krieg, über Verfolgung und Terror. Im Irak werden jahrtausendealte christliche Gemeinden ausgelöscht, vor unseren Augen! Können wir das nur so hinnehmen?

Und es schmerzen auch diejenigen, die eben nur einmal im Jahr  in unsere Kirchen kommen, denen unsere Botschaft sonst egal  zu sein scheint. Das alles könnte uns sonst auch auffallen. Aber gerade jetzt, mit dem Klang der Worte aus dem Lukasevangelium im Ohr, gerade jetzt fällt uns doch auf: SO soll es nicht sein! Gott möchte, dass es anders wird. Und wie es werden soll, davon erzählen uns die Worte der Weihnachtsgeschichte, die von Frieden reden, von den armen Menschen, die Gott auserwählt, die er in seinen Dienst nimmt und denen er seine frohe Botschaft sagt.

 

Warum hat diese Geschichte diese große Kraft? Weil sie uns mit jedem Wort von Gott selbst erzählt. Sie erzählt uns von seiner Liebe. Der Kaiser Augustus, der mächtigste Mensch der Welt, er spielt nur eine Statistenrolle in Gottes großer Geschichte mit uns. Das Kind in der Krippe, Jesus Christus, er ist es, der mächtiger ist als alle Kaiser, Könige und Potentaten der Welt zusammen. Denn er ist Gottes Liebe, die die Welt verändert. Die Weihnachtsgeschichte spricht von seinem Frieden. Darum setzen sich Christen unentwegt zu allen Zeiten ein, dass Friede werde. Sie erzählt uns von den Menschen, die sich voll und ganz auf Gott verlassen. Sie erzählt von Maria und Josef und den Hirten, von Menschen, deren Herz offen ist für Gottes Wort. Sie hören auf ihn. Sie vertrauen auf ihrem Weg auf ihn. Sie warten auf seine Zeichen.

 

Wir aber gucken nach dem DAX, nach dem ifo-Index der Wirtschaft, nach dem Ölpreis  und warten von dort auf Zeichen für unser Leben. Wie armselig aber ist ein Leben, das sich nur am Kaufen und Verkaufen, an Wertpapierkursen und Gewinnmaximierung orientiert! Und: Wie traurig wäre ein Leben, wäre eine Welt, in der wir uns abgeben mit all dem Streit, mit Unfrieden und Krieg, mit Flüchtlingen und Terror!

 

Aber wir geben uns nicht damit ab. Wir nehmen das nicht einfach hin. Denn Gott selbst nimmt das nicht hin. ER gibt sich hin. ER gibt sich hinein in diese Welt mit seiner Liebe. Weil uns die Weihnachtsgeschichte davon erzählt, darum nur hat sie diese große Macht. Darum stoßen uns ihre Worte immer wieder an, auch heute. Denn es soll Frieden werden. Kein Kind soll in einem Stall zur Welt kommen, in Schmutz und Dreck. Kein Mensch soll der Willkür der Mächtigen ausgesetzt sein. Gott kommt darum in unsere Welt. Wir suchen ihn immer mit unseren Augen am Himmel. Dabei liegt er hier vor uns, klein und ungeborgen als Kind in einem Futtertrog. Da, mitten hinein in unser Leben, in die dunklen Nächte, kommt unser Gott mit seiner Liebe. Die Künstler aller Zeiten haben die Geburt und die Engel bei den Hirten immer mit Licht dargestellt. Denn mit Gottes Ankunft  kommt sein göttliches Licht zu uns. Die Hirten haben Augen für seine Zeichen, für die Windeln und die Krippe. Die Heiligen Drei Könige später werden dem Stern folgen, weil sie in ihm das Zeichen Gottes erkennen. Als die Hirten das Kind finden, strahlen sie vor Freude. Denn ihnen ist das Herz aufgegangen. „Das Wort, was zu ihnen von diesem Kinde gesagt war", hier ist es Wirklichkeit geworden. Gottes Wort ist ein Mensch, ist Fleisch geworden, wie es das Johannesevangelium sagt. Gottes Liebe hat Hand und Fuß und ein Gesicht bekommen. Sein Mund wird dann so viele Worte sagen, die Worte, die die Welt, unser Denken und Fühlen, unser Fühlen, unser Hoffen, unsere Welt verändern bis heute. Sein Weg beginnt hier im Stall von Bethlehem. Seitdem verändert Gottes Liebe, verändert sein Wort diese Welt und unser Leben. Das, was ist, wird sich ändern. Das, was uns bedrückt, wird seine Macht verlieren. Dort, wo jetzt noch Dunkel herrscht, wird Gottes Licht scheinen. Von dieser Freude und von dieser Hoffnung erzählen uns die Worte der Weihnachtsgeschichte. Wie gut, dass wir sie heute wieder hören dürfen. Wie gut, dass wir sie weitersagen dürfen: Freude und Hoffnung für alle Menschen und für  diese Welt. Euch allen frohe und gesegnete Weihnachten. Amen



Pastor Peter Schuchardt
Bredstedt
E-Mail: pw-schuchardt@versanet.de

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