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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

1. Sonntag nach Weihnachten, 28.12.2014

Weihnachsbräuche – ein Segen
Predigt zu Lukas 2:22-38, verfasst von Thomas Jabs

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen.


Liebe Gemeinde!
Weihnachten, das Fest der Familie. Und jede Familie feiert Weihnachten auf Ihre Weise.
Wissen Sie eigentlich von wem Sie Ihre Weihnachtsbräuche gelernt haben? Ich kenne vieles
von meinen Eltern und das ist sicher bei Ihnen nicht anders. Von seinen Eltern lernt
man feiern, lernt man leben, und lernt man glauben. Gerade jetzt zu Weihnachten, fallen
uns so manche Erinnerungen wieder ein. Das gemeinsame Singen mit den Eltern, die
gute Stube von damals und manches andere. So ging es auch dem Lukas, der uns das
heutige Evangelium aufgeschrieben hat. Es waren nicht seine leiblichen Eltern, die ihm
einfielen sondern seine Eltern im Glauben. An sie dachte er in der Weihnachtsgeschichte.
Joseph und Maria, der alte Simeon und die Witwe Hanna. Sie waren alle sehr aufmerksame
Leute was den Glauben und Gottes Geist betraf. Von ihnen erzählt unser Evangelium.
Kurz und knapp drei große Vorbilder christlichen Lebens vor Augen gestellt. Maria, Simeon
und Hanna. Eltern im Glauben. Also betrachten wir kurz und knapp, worin sie uns Vorbilder
sind.

Maria und Joseph beachten aufmerksam den religiösen Brauch, das Gesetz ihres Volkes.
Wie es Brauch ist ziehen sie extra nach Jerusalem in den Tempel. Das war der Ort, an
dem die Glaubenden zusammenkamen, die religiöse Institution für die Juden. Maria und
Joseph gingen hin hielten sich an die Bräuche.

Sie brachten den Heiland an den Ort, an den er gehörte und gingen dann selbst als Gesegnete
und Nachdenkliche wieder nach Hause.

Unser Ort heute ist der Gottesdienst in der Kirche. Das ist unser religiöser Brauch. Wir
sollten ihn nicht gering achten. Es mag uns klein erscheinen oder gar nicht sichtbar, was
der Gottesdienst Gott und uns bedeutet. So ist es mit allen gebräuchlichen Dingen. Es ist
so selbstverständlich, dass man erst merkt wie wichtig es ist, wenn es uns fehlt. So wie die
Hausfrau und ihre alltägliche Arbeit. Wer nicht mehr aufmerksam den Gottesdienst besucht,
der hat bald einen Berg von Gründen vor sich nun auch nicht mehr zu gehen. Bleiben
wir einfach dabei, so wie Maria und Joseph.

Simeon wartete schon Jahre darauf den Heiland zu sehen. Das war ihm von Gott versprochen,
das erhoffte er am meisten von seinem Tempeldienst. Dabei legte er zweierlei an
den Tag. Als erstes Geduld. Als zweites Aufmerksamkeit für die Menschen inmitten der
Routine seines Priesterdienstes. Im Tempel waren immer Menschen. Deshalb fiel Jesus
niemand anderem auf. Kinder gab es viele. Simeon aber kam auf Anregen des Geistes
und nahm ihn auf die Arme. Simeon hatte einen wachen aufmerksamen Geist und offene
Arme Jesus zu empfangen.

Mehr brauchen wir auch nicht. Vorausgesetzt wir bleiben aufmerksame Gottesdienstbesucher
wie Maria und Joseph, können wir in all den gewohnten Gottesdiensten und bekannten
Gesichtern doch jedes Mal Neues entdecken. Wir brauchen lediglich einen aufmerksamen
Geist und Blick für unsere Geschwister in Jesus Christus. Oft genug habe ich das
schon gesehen. Das ist zum Beispiel, dass man einander ansieht wo Hilfe nötig ist, sei es
der Arm, den man jemandem reicht um die Stufe hinauf zu helfen, sei es ein Wort an jemanden,
dem man eine Not ansieht, sei es das Gesangbuch, das wir mit dem Banknachbarn
teilen. Es kann auch gerade das sein: Man bemerkt, dass jemand fehlt. Vielleicht
fehlt ihr oder ihm ja etwas. Sollte sich in der folgenden Woche eine Gelegenheit bieten,
kann man ja mal anrufen oder nachfragen. Vielleicht bemerkt man ein neues Gesicht oder
Kinder, die sich nicht benehmen können. Dann bedarf es offener Arme, nicht strafender
Blicke für die Kinder, nicht musternd die oder den Neuen zu betrachten sondern freundlich
auf sie zugehen mit einem Lächeln, mit einem Gruß und beim zweiten Mal vielleicht damit,
dass man sich vorstellt und ins Gespräch kommt.

Simeon jedenfalls nahm das Baby in den Arm. Ihn störte kein Kind. Und sicher hatte auch
er als guter Bibelkenner ganz andere Vorstellungen vom Heiland. Er ließ sich aber von
Gott überraschen und durch Gottes Geist, Herz und Verstand bewegen, dieses Kind zu loben
und Frieden zu finden.

Dann kam die Hanna dazu. Sie war eine Witwe. Lobend erwähnt Lukas, sie hätte nach
dem Tod ihres Mannes nicht wieder geheiratet und all die Jahre Gott gedient. Lukas kannte
das aus den christlichen Gemeinden, die er gesehen hatte.
Dort gab es das Amt der Witwen. Eine Frau die heiratete, war für den Mann und den hei -
mischen Haushalt zuständig und hatte nichts in der Öffentlichkeit zu schaffen. In der Armenversorgung,
Essen zubereiten und aufteilen für die Bedürftigen in der Gemeinde, Kleidung
sammeln, waschen und reparieren, das brachten die Männer nicht zu Wege, die
doch die Öffentlichkeit der Gemeindearbeit trugen. Also brauchte man ehelose Frauen. So
schuf man das Ehrenamt der Witwen.

Hanna war zwar eine Prophetin und gleichzeitig so eine Witwe in den Augen des Lukas.
Sie füllte ihr Ehrenamt redlich aus. Darin war sie eng mit dem Tempel verbunden und dadurch
offen für den Heiland.

Wir haben zwar heute immer noch die Arbeitsteilung, dass Frauen mehr oder weniger für
die drei K zuständig sind: Küche, Kinder, Kirche; doch für die Hilfe in der Kirche, für ihr Ehrenamt
muss die Frau heute nicht mehr ehelos leben.

So haben wir nicht mehr das eine Ehrenamt der Witwen, sondern den Besuchsdienst, die
Helferinnen für den Altenkreis, die Ältesten im Gemeindekirchenrat, den Küsterdienst, den
Orgeldienst, den Lektorendienst, den Chor, und die Bläser, die Mitarbeiterinnen Kindergottesdienst,
und die Leiter unserer Kreise und und und. Dazu kommen noch Helfer und Helferinnen
beim Verteilen der Gemeindebriefe. Alles Ehrenämter die in unseren Gemeinden
Menschen tun, um Gott zu dienen. Bleiben wir treu in unseren Ämtern und nutzen unsere
Gaben. Bringen Sie sich ein, wo Arbeit oder Ehrenamt liegen bleiben oder gerade auf Sie
zugeschnitten sind. Bleiben wir treue Diener Gottes in der Gemeinde, wie Hanna treue
Dienerin des Tempels blieb.

Am Ende des zweiten Kapitels heißt es bei Lukas:
Das Kind aber wuchs und wurde stark, voller Weisheit und Gottes Gnade war bei ihm. Es
hatte Eltern, die in den religiösen Bräuchen zu Hause waren, war gesegnet worden, von
einem Frommen Mann mit aufmerksamem Geist und offenen Armen und war von einer
Witwe im religiösen Ehrenamt allen ans Herz gelegt worden.

Jesus ist inzwischen bei Gott und das Haupt unserer Kirche und Gemeinden. Dieser Körper
Christi, unsere Kirche und unsere Gemeinde, soll auch wachsen und stark werden voller
Weisheit, und Gottes Gnade möge bei uns sichtbar werden. Dazu bedarf es Gemeindeglieder
mit diesen drei Eigenschaften:

Sie besuchen regelmäßig und aufmerksam den Gottesdienst
Sie haben offene Arme und aufmerksame Augen und Ohren für jede und jeden, die zu
uns kommen oder von uns wegbleiben.

Sie sehen Arbeit in der Gemeinde und sind bereit Ehrenämter zu übernehmen.
In solch einer Gemeinde tue ich meinen Dienst inmitten von Menschen, die seit Weihnachten
die wichtigsten Bräuche von Ihren Vorbildern im Glauben wohl gelernt haben.
Amen


Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne
in Christus Jesus unserem Herrn.

 



Pfarrer Thomas Jabs
12623 Berlin
E-Mail: Pfarrer.Jabs@kirche-mahlsdorf.de

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