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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Sonntag nach Weihnachten, 04.01.2015

Glaubensglut
Predigt zu Lukas 2:41-52, verfasst von Thomas Jabs

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen.

Liebe Gemeinde!

Bilanz von Eva Strittmatter

Wir alle haben viel verloren,

Täusche dich nicht: auch ich und du.

Weltoffen wurden wir geboren.

Jetzt halten wir die Türen zu

Vor dem und jenem. Zwischen Schränken

Voll Kunststoffzeug und Staubkaffee

Lügen wir , um uns nicht zu kränken.

Und draußen fällt der erste Schnee ...

Wir fragen kalt, die wir einst kannten:

Was machst denn du, und was macht der?

Und wie wir in der Jugend brannten ...

Jetzt glühn wir anders. So nie mehr.

Welch ein schönes Gedicht und doch auch ein Schmerz darin. Ein Schmerz Älter zu sein und anders als in der Jugend. Wie wunderbar ähnlich und doch anders unser heutiges Evangelium. Eine Jugendgeschichte über Jesus von Nazareth und gleichzeitig über die Älteren in Familie und Religion. Schmerz ist auch darin, doch ein ganz anderer keine Wehmut über Verlust. Statt dessen drei der schönsten Aspekte des Lebens, die man überhaupt erzählen kann:

1. Das Feuer der Jugend,

2. eine gelungene Begegnung und

3. die Glut des Alters.

Das Feuer der Jugend wurde in Jesus entzündet. Seine Eltern übten sich im religiösen leben ihrer Zeit. Jedes Jahr zogen sie hinauf nach Jerusalem. Und dann nach 12 Jahren nahmen sie ihren Ältesten, nahmen sie Jesus mit. Er war noch jung. Genau in dem Alter an das Eva Strittmatter in ihrem Gedicht erinnert:

Weltoffen wurden wir geboren.

Das zeichnet die Jugendzeit aus: Weltoffenheit und um es noch präziser auszudrücken:

Gottoffenheit. Ich verstehe es so: In der Jugend ist ein Mensch, war Jesus, waren, sind wir offen dafür, uns selbst zu verändern. Jesus nahm teil an dem Gottesdienst seines Volkes an dem jährlichen, regelmäßigen Brauch, am dazugehörigen Unterricht. Genau dort begegnete er der großen Stadt Jerusalem, sah den Tempel, erfuhr die Mitte des Glaubens seiner Eltern und seiner eigenen Religion. Er wurde entzündet, Feuer und Flamme für Gott. Ganz Jugendlicher, welt- und gottoffener Mensch öffnet er sich dieser Begeisterung, läßt sich verändern und hineinziehen in diese neue Welt. Die alte Welt, Alltag, Familie, vergißt er darüber und verpasst den geplanten Termin dort hin zurückzukehren. Das ist das Feuer der Jugend. Und wohl uns, wenn es uns entzündet hat in unserer Jugendzeit. Wohl unserer Gemeinde wenn das geschieht. Es kommen Jugendliche mit 12 in unseren Gottesdienst, in den Konfirmandenunterricht, zu einer Rüstzeit oder auf einen Kirchentag, eben in die Mitte unseres Glaubens und unserer Religion und werden entzündet. Wohl diesen Jugendlichen, wenn sie welt- und gottoffen sich verändern lassen, entzündet werden, Feuer und Flamme sind für ein solches Erlebnis. Mit ganzem Herzen daran teilnehmen, sich anstecken lassen von neue Erfahrungen, sich entzünden lassen von der Glut des Glaubens der Älteren und ihren bisherigen Alltag, das gewohnte Leben in Frage stellen, verändern. Sie werden nicht in den alten Alltag zurückkehren, nicht in den eigenen der Kindheit und des Kinderglaubens, nicht in den Alltag ihrer Gemeinde, wie er vor diesem Erlebnis war. Wohl den Eltern und Verantwortlichen in der Gemeinde, wenn sie sie sich auf die Suche machen nach diesen Jugendlichen, so wie die Eltern Jesu damals.

Beide, Eltern und Jugendliche, werden erhellt werden im Schein einer einer gelungenen Begegnung:

46 Und es begab sich nach drei Tagen, da fanden sie ihn im Tempel sitzen, mitten unter

den Lehrern, wie er ihnen zuhörte und sie fragte. 47 Und alle, die ihm zuhörten, verwunderten

sich über seinen Verstand und seine Antworten.

Jesus hörte zu und fragte. Das war ein gelungener Konfirmandenunterricht für Jesus. Er hörte zu und er fragte. Und es war eine gelungene Begegnung für alle die ihm zuhörten. Sie verwunderten sich über seinen Verstand und seine Antworten. Davon lebt eine lebendige Gemeinde davon lebt brennender Glaube. Als erstes hörte Jesus zu. Er ließ sich die biblischen Geschichten erzählen, die Traditionen des Glaubens erklären. Er war offen, wissbegierig. Ja das ist auch das Feuer der Jugend, wissen zu wollen, mehr wissen zu wollen, neues erfahren und in sich aufnehmen. Und dann fragte er.

Jugend stellt die Erzählungen vor allem die hergebrachten Deutungen in Frage ebenso die Traditionen des Glaubens. Welch ein Glück. Wie ein Feuer sind diese Frage. Das wertvolle, das Gold und Silber des Glaubens eingefaßt in Holz und Stroh von Gewohnheiten geht durch das Feuer Jugend. Wohl den jungen Menschen, die genau prüfen, was ihnen als Lebensorientierung angeboten wird. Wohl den Menschen, die Stroh und Holz der äußeren Formen, der Worte und Erzählungen, der Traditionen und Bräuche verbrennen und die Glut des Glaubens, das Gold in der Tiefe für sich selbst freilegen. Und wohl den Älteren, die ihnen zuhören und sich verwundern über den jugendlichen Verstand. Wohl den Menschen, die das Wunder des tiefen Glaubens durch die Flammenden Reden und Taten der Jugend erkennen. So gelingt Begegnung und bleibt die Glut bis in jedes Alter.

Und seine Mutter sprach zu ihm: Mein Sohn, warum hast du uns das getan? Siehe, dein

Vater und ich haben dich mit Schmerzen gesucht.

Nein sie verstanden nicht. Sie wollten Schmerzen vermeiden. Sie wollten nahtlos in den Alltag zurückkehren und nichts verändern. Doch Gott begegnen ohne entzündet zu werden, ohne sich zu verbrennen, ohne Schmerzen, das gibt es nicht. Das ist kein lebendiger, kein flammender Glaube.

49 Und er sprach zu ihnen: Warum habt ihr mich gesucht? Wisst ihr nicht, dass ich sein

muss in dem, was meines Vaters ist? 50 Und sie verstanden das Wort nicht, das er zu ihnen

sagte.

Feuer fangen und sich nicht verbrennen, ist wie unser Sprichwort: Wasch mich aber mach mich nicht nass. An Gott glauben verändert uns, unsere Gedanken, unsere Erzählungen, unsere Taten unser Leben unseren Alltag. Er verändert auch unsere Einstellung zum Schmerz:

Bilanz von Eva Strittmatter

Wir alle haben viel verloren,

Täusche dich nicht: auch ich und du.

Weltoffen wurden wir geboren.

Jetzt halten wir die Türen zu

Vor dem und jenem. Zwischen Schränken

Voll Kunststoffzeug und Staubkaffee

Lügen wir , um uns nicht zu kränken.

Und draußen fällt der erste Schnee ...

Der zwölfjährige Jesus log nicht, um andere nicht zu kränken. Er ließ sich keine Notlüge einfallen, um die Not einer Auseinandersetzung zu vermeiden. Er belog sich nicht selbst darüber, dass eine Auseinandersetzung notwendig war. Er war gekommen den Glauben seines Volkes zu reinigen. Die starren Balken, die man zur Sicherheit um den Glauben herumgezimmert hatte, musste er verbrennen. Erkaltete Herzen wieder entzünden. Es gab nur diesen Weg. Er mogelte sich nicht herum. Wohl uns, dass er dies tat und Menschen in der Kirche ihm noch heute nachfolgen.

51 Und er ging mit ihnen hinab und kam nach Nazareth und war ihnen untertan. Und sei -

ne Mutter behielt alle diese Worte in ihrem Herzen. 52 Und Jesus nahm zu an Weisheit,

Alter und Gnade bei Gott und den Menschen.

Jesus kehrte zurück mit seinen Eltern in den gewohnten Alltag. Die flammenden Worte und Taten in Jerusalem waren verloschen. Im Herzen seiner Mutter blieb die Glut des erlebten Glaubens heiß. Diese Wärme nahm sie mit nach Nazareth wie Jesus auch. Darum nahm er an Weisheit zu, an der Fähigkeit Worte und Taten des Glaubens mit der Glut der Gottoffenheit und Neugier zu hinterfragen. Nahm zu an Alter. Anders als im Gedicht nahm er mit dem Alter nicht ab. Mochten auch die flammenden Worte und Taten des zwölfjährigen verloschen sein. Die Glut, die er nun in sich trug loderte immer wieder auf und entzündete schließlich sein ganzes Leben und andere Menschen. Er nahm zu an Gnade bei Gott und den Menschen. Gottes Herz entbrannte für ihn und so ganz notwendig auch die Herzen seiner Jünger und Anhänger.

Wohl den Jungen Menschen, die in unserer oder jeder anderen Gemeinde nicht nur kurz aufflackern sondern bis in die Tiefe des Herzens entzündet werden. Die jahrelang einfach nur da bleiben in unseren Traditionen und Erzählungen, in unseren Gottesdiensten und Gemeindegruppen und in all diesen Jahren die Glut bewahren, den kritischen Glauben im Herzen. Die auflodern, wann immer Dummheit oder Ungnade sich im Leben einer Gemeinde zeigt. Solche Menschen lassen unsere Kirche zunehmen an Weisheit, an Alter und Gnade. Sie verbrennen, was Gott im Wege steht in und unter uns und lassen uns zunehmen an Glaubensglut. So geschah es damals und so ist es noch heute.

Mit dem Feuer der Jugend, gelungenen Begegnungen und der Glut des Alters können

wir getrost Bilanz ziehen:

Einmal entzündet glauben wir auch heute

Wir fragen noch, Was denkst denn du, was macht denn die?

Im Herz bewegen wir die Worte junger Leute.

Wir glühn jetzt anders. Doch ohne Feuer sind wir nie.

Amen

Und der Friede Gottes der höher ist alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und sinne in

Christus Jesus unserem Herrn.



Pfarrer Thomas Jabs
Berlin
E-Mail: Pfarrer.Jabs@kirche-mahlsdorf.de

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