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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Septuagesimae, 01.02.2015

Business und Basileia
Predigt zu Matthäus 20:1-16a, verfasst von Ralf Reuter

Business und Basileia, Arbeitswelt und Himmelreich, die Geschichte hat es in sich!

Wie kommen unsere Präferenzen und Potentiale, die Gaben und Fähigkeiten, unser Können zum Zuge?

Von Anfang an ein Glückskind gewesen, behütetes Elternhaus, gute Schule, super Ausbildung, toller Arbeitgeber, eine Karriere wie aus dem Bilderbuch?

Dann ist unsere Geschichte der Spielverderber, denn du hast keinen Vorteil gegenüber den Verlierern. Die sich nicht glänzend geschlagen haben, die spät eingestellt wurden, sie bekommen das gleiche Silber wie du. Unvorstellbar, Leistung bringt keinen Statusvorteil mehr, was ist das für ein Leben.

Wie kommen wir mit dem Leben zurecht?

Geboren mit einem Handicap, Schule schwierig, Ausbildung abgebrochen, einfach nicht optimal gefördert, in keinen Netzwerken gewesen, übersehen worden. Pech gehabt, wir waren zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort.

Da ist die Geschichte wunderbar, die Letzten werden zuletzt auch noch eingestellt und erhalten das gleiche Silber wie die Ersten. Beschämend und wiedergutmachend zugleich, doch unvorstellbar.

Arbeiten im Weinberg des Lebens, was ist Arbeit und was ist Leben?

Geht es in der Geschichte um Business, um Arbeitswelt und Unternehmertum, um Existenzminimum und Mindestlohn? Die Schilderung legt das nahe, sie ist nicht ohne, sie hat etwas, man kann mit ihr für Gerechtigkeit kämpfen.

So autoritär patriarchalisch dieser Unternehmer daher kommt, alle seine Arbeiter können ihre Familien ernähren. Er stellt die, die arbeitslos und einfach da sind, ein und zahlt vollen Lohn. Man kann das heute transformieren in soziales Unternehmertum und Beteiligungsgerechtig keit.

Doch ist Teilhabe und Grundsicherung alles? Ist das Arbeit, und weiter gefragt, ist das Leben? Gerechtigkeit als Himmelreich? Oder meint Jesus Himmelreich als Gerechtigkeit. So beginnt er ja zu erzählen.

Also keine Geschichte aus der Wirtschaft, sondern eine des Glaubens, der Kirche, der Spiritualität, mit Gott als Weinbergbesitzer, ist das gemeint?

Dann sind die echten Gläubigen nicht besser dran als die Gleichgültigen. Die Kerngemeinde bekommt nicht mehr als die U-Boot-Christen, die einmal im Jahr auftauchen.

Die kirchliche Karriere von Elternhaus und Konfirmandenunterricht, kirchlicher Trau-ung und sonntäglicher Kirchgang, sie ist nicht mehr wert als eine Bekehrung am Ende des Lebens. Wenn Kirchensteuer nicht mehr droht und Zeit im Überfluss ist, gehen auch sie in die Kirche und lernen vor dem Tod noch zu beten. Und erhalten das gleiche Silber, den gleichen Himmel wie die lebenslang Frommen, kann das sein?

Ist das Himmelreich das Leben? Für die, die nie eine religiöse Chance gehabt haben, die ohne christliche Bezüge aufgewachsen sind oder in einer durch und durch materiea-listischen Familie, für die ist das eine gute Geschichte. Gott in seiner Allmacht und Güte nimmt auch sie auf.

Basileia ist der Himmel Gottes, aber Gott ist Mensch geworden und dieser Gottessohn als Menschensohn erzählt von Business und Basileia, vom Arbeiten und Leben mit Gott auch auf dieser Erde. Business und Basileia, von beiden erzählt diese Geschichte.

Arbeiten können, sich plagen, richtig schwitzen, es hinbekommen, wunderbar! Arbeiten und davon leben können.

Oder arbeiten und keinen Lohn bekommen, aber Unterstützung, Rente, Hartz, Grund-sicherung, und es reicht trotzdem für die Grundlagen des Lebens. Wenn das ginge, auch wunderbar!

Schwierig wird es, Geld zu bekommen und nicht zu arbeiten. Die reichen Müßiggänger dieser Welt, die Gelderben, keine glückliche Vorstellung.

Oder Unterstützung bekommen und nichts machen, auch wenn man könnte, ebenso unerquicklich.

Beiden gilt: Nie richtig Feierabend erleben, der sich ja nur nach Mühe und Arbeit im Tagewerk einstellt. Nie Urlaubsfreuden genießen, weil das ganze Leben Urlaub oder Stillstand ist. Ohne Business keine Basileia auf Erden, Anstrengung und Himmelreich gehören zusammen.

Das gilt für den Bereich der Wirtschaft. Sinnvoll arbeiten, die Kultur der Unternehmen verbessern, auf globale Gerechtigkeit achten. Menschen mit den Augen Gottes sehen, mit Wertschätzung und Würde. Die Aufgaben aus einer christlichen Ethik angehen mit Freiheit und Verantwortung.

Und den jungen Erben Mut machen und helfen, das elterliche Unternehmen zu übernehmen. Es aktiv weiter führen und nicht verkaufen. Sie mit evangelischen Unternehmern vernetzen. Wer stellt den Kontakt her?

Und ebenso Jugendlichen Steine aus dem Weg räumen, damit sie die Ausbildung abschließen können, sie behutsam in Arbeit bringen. Und begleiten in kirchlichen Gruppen von gleichaltrigen. Wer baut so ein Angebot auf?

Das gilt für den Bereich des Glaubens. Hier investieren, in den Jahren der Arbeit und der Familie die spirituelle Entwicklung treiben, damit am Ende nicht alles an einer guten Kirchengemeinde hängt, die einen doch noch einfängt. Um dabei zu sein auf dem Weg des ewigen Lebens.

Ja, für die geistliche Gesundheit trainieren, sie wie die körperliche Fitness auch im Beruf nutzen, ranklotzen und das Feiern nicht vergessen. Und ein eigenes Selbst bewahren in der Balance von Work und Life. Das Leben hat es in sich.

Deshalb: Immer wieder mit seinem ganzen Leben in die Geschichten dieses Jesus von Nazareth kriechen, sich hier orientieren, zurecht bringen lassen, und auch seinen Kindern und Kollegen davon erzählen.

Aber immer auch die letzte Chance wahrnehmen. Sich noch zu später Stunde einstellen lassen, und selber mit einstellen, vollgültig mit dabei sein und Teilhabe ermöglichen, im Wirtschaftsleben wie in der Kirchengemeinde.

Arbeit und Leben, Business und Basileia, das Himmelreich hat längst begonnen hier auf der Erde und führt weit über dieses Leben hinaus.

Es gibt keinen Ruhestand, wir sind Gottes Arbeiter in seinem Weinberg, und selber Akteur und Gestalter in den einzelnen Weinbergen. Eine jede und ein jeder ist ihm recht, auch wenn hier auf Erden und bei uns selber nicht alles recht ist.

Diese Geschichte ist tief und vielseitig, sie begleitet ein Leben lang. Je öfter wir sie hören, desto mehr gehen Business und Basileia zusammen, beide in ihrer eigenen vollen Bedeutung, und machen das Leben und die Arbeit reich, befruchten unser Tun, unser Denken, unsere Power.

Es bedarf eines gewaltigen Stücks Erde, um den Menschen den Himmel Gottes glaubhaft nahe zu bringen. Und es braucht eines gewaltigen Stücks vom Himmel Gottes, um die Verhältnisse und uns selber hier auf Erden wieder zurecht zu bringen, gerechter, sinnvoller.

So sind und bleiben wir Gottes Arbeiter und Akteure im Weinberg des Lebens.

 

(für die Gottesdienstgestaltung: Die Geschichte ist komplex, am besten bei der Lesung bereits kleine Spielszenen einbauen, damit der Ablauf hier schon verstanden werden kann. Meine Lieder: Vor der Predigt: EG 419 Hilf Herr meines Lebens, nach der Predigt: EG 395 Vertraut den neuen Wegen)



Pastor Ralf Reuter
Göttingen
E-Mail: Ralf.Reuter@evlka.de

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