Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Estomihi, 15.02.2015

Predigt zu Matthäus 3:13-17, verfasst von Leise Christensen

Heute ist Faschingssonntag, der Tag der Masken. Sollte jemand im Zweifel sein: Wir nähern uns auch einem Wahlkampf. Parteien - und nicht zuletzt ihre Vorsitzenden - werden analysiert, durchsucht und unendlich debattiert. Journalisten, Leser und Zuhörer Fragen sich selbst: "Wer sind sie in Wirklichkeit? Wie sieht es in ihnen wirklich aus? Sind sie wirklich so, wie sie im Fernsehen erscheinen, oder haben sie auch aus diesem Anlass eine Maske aufgesetzt? Sind sie zu Hause anders? Schwierig zu entscheiden, und man bohrt nach. Analytiker und Kommentatoren und Kommunikationsratgeber bewerten, Fragen nach Bedeutung, bohren nach, stellen dar und geben sich alle Mühe. Was meinen die Politiker wirklich hinter all den Worten über Nullwachstum, grüne Projekte und die dänische Krone unter Druck der internationalen Devisenspekulanten. Zurück bleibt eine staunende Öffentlichkeit und fragt sich selbst, wer sie in Wirklichkeit sind. was für Personen? Ja, das was ich hier über die verschiedenen Spitzenpolitiker und Parteivorsitzenden gesagt habe, könnte insoweit auch für dich oder mich gelten. wir sind ja auch nicht immer dieselben. Ich trage nicht dieselbe Maske, wenn ich Ehefrau bin oder Mutter oder Tochter oder Schwester oder Nichte oder Freundin. Da ist natürlich ein Kern, der unveränderlich ist, aber Masken trage ich, tragen wir alle. Ein Mensch ist eine Person, sagen wir. Das lateinische Wort persona, von dem unser Wort Person stammt, hat die grundlegende Bedeutung Maske. Eine Person ist also eine Maske. Eine persona war in der ursprünglichen Bedeutung eine Maske, die man vor sein Gesicht hielt und durch die man redete, wenn man z.B. irgendwo auftrat. Diese persona, die Maske, konnte ausgewechselt werden je nachdem, welche Rolle man spielte. In seiner Weise ist das logisch, dass der Begriff Person so eng mit dem der Maske verbunden ist. Denn selbst der stabilste, gemäßigte und ordentliche Mensch ist ein anderer, wenn er zu Hause bei der Familie ist, als wenn er im Beruf tätig ist. So muss es natürlich sein. Wir haben viele Masken. wir sagen, dass man in einer guten Familie alle Masken fallen lassen kann, aber das ist im Grunde nicht ganz wahr. Wir tragen noch immer eine Maske - sind noch immer Person, wenn wir mit unseren engsten Freunden und Angehörigen zusammen sind, ab das ist dann vielleicht wohl die ehrlichste Maske, die wir dort tragen. Eine Maske ist notwendig um auftreten und zeigen zu können, wer man ist. Man kann auch ganz grundlegend sich dafür entscheiden, mitten im Leben die Maske zu wechseln. Ich habe einmal eine Frau besucht, die ich gut kannte. Dachte ich. Sie war extrem tüchtig in ihrer Arbeit, sie hielt Wort und war eine loyale Kollegin, eine fürsorgliche Mutter, als Person könnte man nichts an ihr aussetzen. Die Maske war vollkommen. Glaubte ich. Ich hatte sie erst als Erwachsene kennengelernt. Als wir da saßen und Kaffee tranken am fein gedeckten Tisch, erblickte ich eine Einladung, die auf dem Tisch lag. Es war eine Einladung zu einem Wiedersehensfest aus ihrer alten Schule. "Na", sagte ich, "das wird doch spannend". Plötzlich verzog sich ihr Gesicht, und sie teilte kurz mit, dass sie bestimmt nicht vorhatte, an dem Fest teilzunehmen. Und das lag natürlich an einem ganz großen Trauma als Opfer von Mobbing in der Schule, ein Trauma, das verborgen blieb hinter eine Maske von voller Effektivität und fachlicher Tüchtigkeit, ein Trauma. Mit dem sie lebte unsagbar gut lebte, aber dennoch war es von einer solchen Art, dass die unter keinen Umständen am Fest teilnehmen wollte. "Denn"' wie sie sagte, sie war eine ganz andere Person jetzt, trug eine ganz andere Maske, und sie wollte nicht riskieren, als die Person gesehen zu werden, die sie damals in der Schulzeit war, verzagt, erniedrigt, übersehen. Sie wollte nicht riskieren, gezwungen zu werden, die Maske zu tragen, die sie damals trug. Nichts mit dem Fest also. Sie hatte endgültig die Maske abgelegt, um sie niemals wieder anzunehmen. So kann man fühlen, dass die Maske, die andere Menschen unwillkürlich einem aufsetzen, gar nicht mehr passt oder relevant ist. Man kann auch fühlen, dass man nicht man selbst sein kann, wie es heißt, mit der Maske, die einem aufgesetzt wurde. Man meint nicht, dass man die Person ist, die man andere jahrelang hat glauben machen, dass man sie ist. Deshalb kann man sich genötigt sehen, eine Entscheidung zu treffen, die Entscheidung, eine andere Maske zu wählen, eine andere Person zu sein. Das erfordert Mut, und das kann Angst machen. Alles in Allem ist all das mit Masken und Personen sehr kompliziert. Wer bin ich im Grunde? Wer sind der Ministerpräsident oder der Oppositionsführer oder alle anderen im Grunde? Wen kennen wir im Grunde?

 

Heute hören wir davon, dass Jesus von Johannes im Jordan getauft wird. Wir taufen ein Kind im Gottesdienst. Warum wurde Jesus getauft, und warum wird das kleine Kind getauft? Es gibt viele Gründe - die Theologie der Taufe hat eine lange Geschichte, aber ganz grundlegend wissen wir es: Weil Gott in der Taufe zeigt, dass das kleine Kind ihm gehört, und er zeigte in der Taufe Jesu, dass Jesus ihm gehörte. In der Taufe fallen alle Masken, alle unsere Erscheinungsformen. in der Taufe sind wir nackt, aber nichtsdestoweniger Gottes geliebte Kinder. Den Menschenkindern gegenüber trägt Gott nur eine Maske, und das ist die Maske der Liebe. die Liebe ist die Person Gottes, seine Erscheinungsform. Gott kann andere Erscheinungsformen haben, aber das gehört zu dem Teil des göttlichen Wesens, den wir nicht verstehen - auch wenn wir als Menschen am liebsten alles verstehen möchten! Die Person oder Maske, die Gott uns zeigt, ist Jesus Christus ganz konkret. Wir haben Gott kennengelernt als Liebe durch Jesus, und das wird uns in der Taufe zugesprochen. Ich habe vorher gefragt, wer wir im Grund sind, welche Maske im Grunde die unsere ist. Wir haben viele Masken gesehen, aber die grundlegendste und die wichtigste wird uns in der Taufe geschenkt. Das ist der Blick Gottes auf uns als von ihm Geliebte. Dort können wir uns immer zuhause und geborgen fühlen und erkannt als die, die wird sind - ganz gleich welche Masken andere oder wir selbst an unser Leben und unsere Existenz anlegen. Amen.



Lektor, ph.d Leise Christensen
DK-6240 Løgumkloster
E-Mail: LEC@KM.DK

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