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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Ostermontag, 06.04.2015

Predigt zu Lukas 24:13-35, verfasst von Thomas Reinholdt Rasmussen

Wo ging Jesus hin, als er aus dem Grabe ging? Das ist eigentlich eine Frage, die man sich sehr wohl stellen könnte. Wo ging Jesus hin, als er aus dem Grabe ging?

Den ist der Auferstandene eigentlich geblieben?

Das Neue Testament hat unterschiedliche und zeitweise sowohl kurze als auch widersprüchliche Auffassungen, wo der Auferstandene abgeblieben ist. Paulus findet ihn zunächst in der Begegnung mit unzähligen anderen. Der Auferstandene ist also in der Begegnung, so Paulus.

Und so finden wir auch die berichte bei Johannes und heute bei Lukas. Da können die Jünger auch nicht Christus finden, ehe er ihnen begegnet. Bei Lukas und dem Emmaus-Bericht des heutigen Tages ist es jedoch erst bei dem Brechen des Brotes – also beim Abendmahl – dass sie Christus finden und ihm begegnen. Sie begegnen Christus im Abendmahl, und damit liegt Lukas an dieser Stelle ganz auf der Linie mit Paulus.

Also: Wo ging Jesus hin, als er aus dem Grabe ging?

Ja, später in den Bericht fährt er gen Himmel. Und phantasievoll sind die Schilderungen des gen Himmel fahrenden Christus, die ihn abbilden, wie er auffährt in der Wolke, so dass nur seine Füße zu sehen sind. Hier ist jedenfalls kein Zweifel daran, wo Christus hinging, als er auferstand. Er fuhr gen Himmel.

Aber dann kommt das Problem: Wie können wir ihm dann im Abendmahl, wenn er irgendwo im Himmel sitzt? Wenn der Auferstandene ganz konkret irgendwo im Weltraum sitzt, wie kommt er dann herab in das Brot und den Wein des Abendmahls, von dem wir ja gerade hier hören, dass es die Stelle ist, wo wir dem Auferstandenen begegnen, wie das auch bei Paulus der Fall ist.

Wie geschieht das?

In den 1520er Jahren hatte Luther einige Diskussionen mit anderen Theologen, die behaupteten, Christus könne nicht im Brot und im Wein sein, wenn er nun einmal im Himmel ist. Er kann nicht sowohl im Himmel als auch auf Erden sein. Entweder ist er an einem Ort, oder auch an einem anderen.

Gegen diese Behauptung sagte Luther: Wenn das der Fall wäre – dass Christus im Himmel sitzt und nicht im Brot und Wein sein kann – dann wäre er ein armseliger Erlöser, denn dann säße er „wie ein Storch im Nest“ ohne etwas auf Erden auszurichten.

Denn für Luther bestand kein Zweifel daran, wo Christus hinging, aus er aus dem Grabe ging. Er ging sozusagen über in das Brot und den Wein. Sein Leib ist nun das Brot und der Wein im Abendmahl, und hier begegnen wir dem Auferstandenen, wie es auch den beiden Jüngern geschah, von denen wir heute hören.

Deshalb ging es Luther darum, den auferstandenen Leib mit dem Brot und Wein zu vereinen. Christus ist auferstanden und er aufersteht im Brot und Wein des Abendmahls, und hier begegnen wir ihm.

Das bedeutet auch, dass die ganze Diskussion, die wir in Dänemark in diesem Jahr darüber geführt haben, ob Christus physisch auferstanden ist, b ei Luther (und Paulus dazu) nur auf Kopfschütteln stoßen würde. Sie würden sagen, dass Christus wirklich auferstanden ist, als0o nicht nur in unseren Köpfen, aber dass die Auferstehung überhaupt nicht, wenn man sich an die Bibel hält, „physisch“ verstanden wird, aber wahrlich „wirklich“. Weder Luther noch Paulus mit ihm würden sehen können, wie ein physischer Körper im Brot und Wein sein kann.

Die Auferstehung ist Wirklichkeit. Die Auferstehung geschieht unabhängig von uns. Aber wie begegnen wir dem Auferstandenen, was ja gerade der Sinn des ganzen ist? Die Begegnung mit dem Auferstandenen ist der Kern des ganzen Neuen Testaments.

Die Begegnung geschieht im Brot und Wein des Abendmahls. Das ist es, was Paulus sagt, und das ist es, was das Evangelium für diesen Tag deutlich zum Ausdruck bringt. Die Begegnung geschieht im Brot und Wein, die eichen der Liebesmahlzeit Gottes mit uns sind. Wir begegnen hier dem Auferstandenen als Brot und Wein, wir begegnen seiner Liebe mit uns, die sich dann in der Liebe zueinander verwirklichen soll - die Liebe, die es wagt zu lieben, die das Lieben wagt, weil sie aus der Vergebung der Sünden liebt.

Wo ging Jesus hin, als er aus dem Grabe ging?

Er ging in Taufe und Abendmahl, wo wir ihm konkret und fassbar begegnen. Christus schwebt nicht im Weltraum oder sitzt wie ein Storch in einem Nest. Christus ist gegenwärtig in der Taufe und im Abendmahl als eine wirksame Liebe, die lebendig für mich und für dich gegenwärtig ist.

Als Christus aus dem Grabe ging, verschwand er nicht einfach, sondern wurde in allerhöchstem Maße gegenwärtig in der Kirche, die seinen Namen trägt. Und immer, wenn wir ein Kind taufen oder das Brot brechen, wie es im Evangelium dieses Tages geschieht, erfahren wir deutlich seine Gegenwart. Eine Gegenwart mit einem Füllhorn der Vergebung.

Denn Christus wurde in der Auferstehung kein schwebender Geist oder eine unglaubliche Geschichte, von der wir leben sollen. Christus wurde gegenwärtig in dem, was er selbst eingesetzt hatte: Taufe und Abendmahl. Wir haben Christus lebendig bei uns in dem, was er uns selbst geschenkt hat.

Als Christus aus dem Grabe ging, tat er das für dich. Deshalb verschwand er nicht irgendwohin. Er blieb b ei uns, wie es die Jünger auch im heutigen Evangelium sagen: Bleibe bei uns! Und das tat er! Christus bleib b ei uns, um uns zu erneuern und uns Mut zu geben im Leben und im Sterben.

Denn der Herr ist wirklich auferstanden, er ist den Jüngern begegnet, und danach auch mir und dir. Auch wir sind dem Auferstandenen begegnet, als er aus dem Grabe ging. Denn als Christus auferstand, ging er nicht fort. Er ging zu dir. Amen.



Pastor Thomas Reinholdt Rasmussen
DK 9800 Hjørring
E-Mail: trr@km.dk

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