Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Ostermontag, 06.04.2015

gesegnetes Leben
Predigt zu Lukas 24:50-53, verfasst von Thomas Jabs

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen.

 

Liebe Gemeinde!

Vor über 40 Jahren begann eine junge Pfarrerin ihren Dienst in der kleinen Kirchengemeinde in Küstrin-Kietz an der Grenze zu Polen. Sie hielt jeden Sonntag Gottesdienst. Anfangs kamen viele, einige wohl auch aus Neugier. Dann pendelte sich der Gottesdienstbesuch ein. Mal kamen mehr mal weniger. Doch ein alter Herr kam Sonntag für Sonntag jede Woche.

Am Ausgang verabschiedete die Pfarrerin Ihre  Gemeinde. Sie fasste sich ein Herz und sprach den alten Herren an: Herr … Sie kommen jeden Sonntag. Sagen Sie, gefallen Ihnen meine Predigten?

Er antwortete prompt: „Nu bild dir mal nischt ein Mädel. Ick komm wegen den Segen.“

 

Er kam wegen des Segens auch künftig Sonntag für Sonntag. Jeder Gottesdienst schließt damit. Eine Pfarrerin, ein Pfarrer hebt die Hände und segnet. Dann ist der Gottesdienst zu Ende und man verabschiedet sich. Es ist ein schöner Abschied, denn man geht gesegnet.

Davon hören wir im heutigen Predigttext: Lk 24,50-53

50 Jesus führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel. 52 Sie aber beteten ihn an und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude 53 und waren allezeit im Tempel und priesen Gott. Dann ist das Lukasevangelium zu Ende. Mit diesem Segen verabschiedete sich der Auferstandene Christus von seinen Jüngern. Und sie kehrten zurück mit großer Freude, gingen Sonntag für Sonntag vielleicht sogar Tag für Tag in den Tempel, in den Gottesdienst und wurden wieder und wieder gesegnet.

Mit diesen Sätzen verabschiedet sich Lukas von den Lesern seines Evangeliums. Und er selbst ging dann mit Freuden in seine Gemeinden um erneut Gottesdienst für Gottesdienst gesegnet zu werden und machte sich an die Arbeit die Apostelgeschichte zu schreiben. Die Berichte, Erzählungen und Geschichten, wie Menschen von Gott, von Christus gesegnet, jeden Tag, jede Woche, jedes Jahr lebten.

Es ist ein Abschied vom Leser des Evangeliums, mit Freude. Freudig kann jeder, der es gelesen hat nun selbst gehen um gesegnet zu werden, von Christus, in seinem Namen von Pfarrerinnen und Pfarrern jeden Sonntag oder jeden Monat oder immer zu Weihnachten. Je nach dem.

 

Dieser Segen wirkt dreierlei. Davon möchte ich Ihnen heute etwas vorschwärmen.

 

  1. Glück, 2. Gebet, 3. Freude

 

Segen wirkt Glück. 1. Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.

Segen der Glück wirkt, erkläre ich gern mit einem Märchen. Sie alle kennen Frau Holle:

Dort heißt es: „Die Frau Holle sagte: „Es gefällt mir, dass du wieder nach Haus verlangst, und weil du mir so treu gedient hast, so will ich dich selbst wieder heraufbringen.“ Sie nahm es darauf bei der Hand und führte es vor ein großes Tor. Das Tor ward aufgetan, und wie das Mädchen gerade darunter stand, fiel ein gewaltiger Goldregen, und alles Gold blieb an ihm hängen, so dass es über und über davon bedeckt war. „Das sollst du haben, weil du so fleißig gewesen bist“, sprach die Frau Holle und gab ihm auch die Spule wieder, die ihm in den Brunnen gefallen war. Darauf ward das Tor verschlossen, und das Mädchen befand sich oben auf der Welt, nicht weit von seiner Mutter Haus; und als es in den Hof kam, saß der Hahn auf dem Brunnen und rief: „Kikeriki, unsere goldene Jungfrau ist wieder hie.“

Da ging es hinein zu seiner Mutter, und weil es so mit Gold bedeckt ankam, ward es von ihr und der Schwester gut aufgenommen.“

 

Das ist Segen: wir sind damit bedeckt, er klebt an uns und vergoldet unser Leben. Weil wir von Christus gesegnet sind über und über mit seinem Gold bedeckt. Weil er uns so fleißig dient, werden wir bei Gott gut aufgenommen, wann immer wir uns an ihn wenden.

 

  1. Gebet Sie aber beteten ihn an

Das ist auch so ähnlich wie bei Frau Holle: Dort geht es nämlich weiter:

„Das Mädchen erzählte alles, was ihm begegnet war, und als die Mutter hörte, wie es zu dem großen Reichtum gekommen war, wollte sie der andern hässlichen und faulen Tochter gerne dasselbe Glück verschaffen.“

Das Gebet der Gesegneten ist Anbetung. Anbetung ist: erzählen alles, was uns mit Jesus begegnet ist. Von dem Segen erzählen, den er uns im Leben schenkt. Die Jünger von denen Lukas berichtete gingen zurück nach Jerusalem und erzählten von allen goldenen Stunden und Erfahrungen. Viele, die sie hörten, wollten gern dasselbe Glück erfahren, wollten auch von Christus gesegnet sein. Und das ist bis heute so geblieben.

Hier liegt der gewaltigste Unterschied zwischen dem Märchen Frau Holle und dem Evangelium des Lukas. Jene ist  eine Märchengestalt. Wir erzählen unseren Kindern gern von ihr. Wenn wir erwachsen werden spielt sie in unserem Alltag keine Rolle mehr.

Jesus von Nazareth hat mit seinen Jüngern im Alltag gelebt. Wahrer Mensch.  Christus ist für jeden von uns erfahrbar geworden im alltäglichen Leben, wahrer Gott. Jede und jeder unter uns ist Menschen begegnet, die von goldenen Stunden und Erfahrungen mit Christus zu erzählen wussten und deren Glück auch wir uns wünschen. Ja, Sie und ich sind selbst solche Menschen. Wir beten Christus an, wir danken ihm für unsere goldenen Erfahrungen seiner Liebe und erzählen davon.

 

  1. Freude.

und kehrten zurück nach Jerusalem mit großer Freude

Abschied verbinden wir mit Tränen und Taschentüchern und einem schmerzlichen Gefühl. Heute hören wir von Lukas: Jesus verabschiedete sich von seinen Jüngern und sie kehrten zurück nach Jerusalem, zurück in den Alltag mit Freude.

Es gibt auch hier eine Parallele zu unserem Volksmärchen. Als die Goldmarie zurückkehrte, bekam sie die Spule wieder, die ihr in den Brunnen gefallen war.

Mit ihren nun goldenen Händen konnte sie sich mit ihrer Arbeit an der Spule eine goldene Nase verdienen, ihr Leben vergolden. Soweit das Märchen. Die Wirklichkeit ist:

Wie die Jünger haben auch wir einen Alltag mit goldenen und mit schwarzen Stunden. In den goldenen Stunden freuen wir uns. Mögen unsere Gottesdienste solche goldenen Stunden sein, dieser Gottesdienst heute.

Am Ende werden wir im Namen Gottes gesegnet werden. Dann verabschieden wir uns, kehren zurück, manche in eine goldene Woche und manche in Schwarze. Doch der Segen klebt an uns, ist in uns, geht mit. Sein goldener Schein erhellt jeden Moment unseres Lebens. Mit neuem Mut ziehen wir los. Dem Mut auch in die dunklen Momente des Alltags, das Licht zu tragen. Das Licht des Segens.

Diese Art der Freude kennen wir alle. Die Freude zu wissen: diese Arbeit die jetzt beginnt, selbst die Mühe, die mit der Arbeit verbunden ist, diese Arbeit wird gelingen, weil ich Hilfe habe und es leisten kann. Wir freuen uns schon auf das Ergebnis unserer Mühe, wenn wir noch mitten in der Arbeit stecken. Die Arbeit der Jünger Jesu ist es, seinen Segen in diese Welt zu tragen. Den Segen Gottes, der selbst in die Dunkelheit des Todes das Licht der Auferstehung trägt, das Licht neuen Lebens und neuer Lebensmöglichkeiten. Dazu gibt er uns seine Worte mit, jeden Sonntag die Worte des Segens und darin sein Geist des Lebens, seine Kraft alle Dunkelheiten zu erhellen selbst den Tod in Leben zu verwandeln.

Das ist mehr als eine goldene Spule. Es ist der Geist, der Mut und die Kraft jede Fähigkeit, jedes Handwerkszeug, jede Begabung nutzen zu können. Jede und jeder von uns wird mit diesem Geist und diesen Worten Glück erleben im eigenen Alltag. Davon erzählen wir voll ansteckender Freude.

Das ist kein Märchen und um den alten Herrn aus Küstrin-Kietz noch einmal zu bemühen: Das, liebe Gemeinde, bilde ich mir nicht ein. Das habe ich von vielen anderen gelernt und selbst erfahren:

Christus hat seine Jünger gesegnet und ist als Segnender in den Himmel aufgefahren zu Gott. Aufgefahren in eine Position von der aus er jederzeit, alle Welt segnet.

 

50 Jesus führte sie aber hinaus bis nach Betanien und hob die Hände auf und segnete sie. 51 Und es geschah, als er sie segnete, schied er von ihnen und fuhr auf gen Himmel.

 

In seinem Namen erheben Menschen in jedem Gottesdienst ihre Hände und segnen wie Gott es uns aufgetragen, verheißen, vorgemacht hat.

Dieses Glück zog den alten Mann aus Küstrin-Kietz jeden Sonntag in seine Kirche. Mit vielen anderen betete er Christus an voller Freude über die gesegnete Woche die hinter ihm lag und in Vorfreude auf das kommende Glück. Das liebe Gemeinde ist Segen, und Christus ist aufgefahren in den Himmel, um uns allezeit und überall zu segnen. Nicht nur die Jünger vor fast 2000 Jahren, nicht nur den alten Herrn in Küstrin-Kietz vor 40 Jahren. Auch heute wieder, auch hier, auch uns. Amen

Und der Friede Gottes der höher ist alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und sinne in Christus Jesus unserem Herrn.



Pfarrer Thomas Jabs
Berlin
E-Mail: Pfarrer.Jabs@kirche-mahlsdorf.de

(zurück zum Seitenanfang)