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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Osternacht, 05.04.2015

Eine Nacht voller Lebens-Zeichen
Predigt zu Matthäus 28:1-10, verfasst von Peter Schuchardt

Liebe Schwestern und Brüder!

 

Wir kommen heute Nacht zusammen, um das Leben zu feiern. „Der Herr ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden!“ Dieser Jubelruf erklingt heute Nacht und an den Ostertagen in unzähligen Gottesdiensten. Ja, sogar am Frühstückstisch und wenn wir einander begrüßen, klingt es mit im „Frohe Ostern!“

Dieser Osterjubel ist ein gereifter, ein tiefer Jubel. Denn wir kommen vom Karfreitag her. Wir haben das Dunkel, die Trauer, den Tod ganz nah gespürt. Die Flugzeugkatastrophe in den Alpen hat uns noch einmal eine so abgründige Tiefe der Trauer und Verzweiflung gezeigt. So viel Hoffnungen, so viele Sehnsüchte, so viele Leben sind zerstört worden – dort und in den Familien der Opfer. Diese zerstörten Hoffnungen lassen uns ahnen, wie es den Frauen geht, die am Sonntagmorgen zum Grab kommen, in dass sie Jesus gelegt hatten. Sie hatten den Karfreitag durchlitten. Sie hatten Jesus sterben sehen. Und damit waren ihre Freude, ihre Sehnsucht und ihr Leben gestorben. Es war so unfassbar. Immer wieder war Jesus der Tod auf seinem Weg begegnet. Immer wieder hatte er sich dem Tod entgegengestellt – und nun war er selbst ein Opfer des Todes geworden. Keine Hoffnung mehr auf die neue Welt Gottes. Keine Freude mehr an dem Wunderbaren, was Jesus gesagt und getan hatte. In ihrer Trauer wollen die Frauen noch einmal zum Grab gehen. Dort möchten sie trauern und weinen. Dort wollen sie sich erinnern und versuchen zu begreifen, was mit Jesu Tod geschehen ist.

Doch nun erleben sie etwas, was ihr Denken, ihr Herz und ihr Verstehen übersteigt. Denn ein Engel, so erzählt es Matthäus, kommt vom Himmel, von Gott herab und rollt den Stein zur Seite. Das Grab ist offen – und das Grab ist leer! Wie gut, dass Gott uns seine Engel schickt. Denn wir finden Jesus nicht dort, wo wir ihn suchen, nicht im Palast und nicht im Grab. Ihr erinnert euch: Ein Engel hatte den Hirten damals in Bethlehem den Weg zur Krippe im Stall von Bethlehem gewiesen. Dort fanden sie die Wahrheit: das Kind, den Sohn Gottes, den Christus. Und wieder zeigt ein Engel uns Menschen die Wahrheit. Jesus  ist nicht mehr im Grab. Aber was ist passiert? Der Engel weiß, welche  Gedanken sich die Frauen machen: „Fürchtet euch nicht! Jesus, den Gekreuzigten, den ihr sucht, den findet ihr hier nicht. Denn er ist auferstanden aus dem Grab und von den Toten. Sagt das schnell  seinen Jüngern. Er wird euch begleiten nach Galiläa.“ Die Frauen hören das und sehen das und laufen schnell weg vom Grab, wie Matthäus schreibt, mit Furcht und großer Freude! Denn dass Jesus tot war, getötet worden war, das hatten sie doch gesehen. Der Tod gehört doch zu unserer Welt. Er prägt unser Leben und Denken ja bis heute. Aber nun ist etwas geschehen, das ganz neu und anders ist. Hier, am Ort des Todes, am Grab, hören sie das neue Wort des Lebens! Jesus ist auferstanden. Das Grab ist leer. Er lebt. Er erwartet uns mitten in unserem Leben.

 

Wie mag es in den Frauen aussehen? Wohl so: Wie schön wäre es, wenn das wahr wäre! Aber das kann ja gar nicht wahr sein, denn so etwas kann doch gar nicht sein! Ich kann dieses Gefühlschaos in den Frauen gut verstehen. Und in dieses Gefühlswirrwarr hinein kommt Jesus selbst. Die Frauen sehen und hören ihn: Fürchtet euch nicht!, sagt auch er. Er muss ihnen nicht sagen: Ich bin auferstanden. Denn das sehen und hören sie doch und begreifen es nun. Voller Ehrfurcht fallen sie nieder und umfassen seine Füße, wie bei einem gewaltigen Herrscher, wie bei Gott selbst. Doch Jesus richtet sie mit seinen Worten auf und schickt sie zu den anderen. Er schickt sie zu den Schwestern und Brüdern, in die Gemeinschaft und in den Alltag, nach Galiläa, dort, wo er so viel gewirkt hat.

 

Und das Wunderbare ist: Genau das tun die Frauen auch! Sie gehen wieder zu den andern. Doch nun sie sind von Grund auf verändert. Sie sind reich beschenkt mit einer völlig neuen Erfahrung und einer neuen Sprache. Jesus ist auferstanden. Die Welt vorher war geprägt von Trauer, von Angst und Verzweiflung. Mit der Auferstehung Jesu von den Toten kommen andere Worte in die Welt und verändern sie: Hoffnung, Trost, Leben. So beschenkt Gott auch uns heute Nacht wieder mit dem Wunder der Auferstehung. Es bleibt Gottes Geheimnis, an dem alle naturwissenschaftlichen, psychologischen und menschlichen Erklärungsversuche scheitern. Wie sollten sie auch das erklären können, was die alte Welt, das alte Denken so völlig übersteigt? Die Auferstehung ist das ganz Neue und ganz Andere. Gottes Welt ist doch so viel mehr als das, was wir fühlen, denken und sehen.

 

Heute Nacht feiern wir wieder das Wunder  und das Geheimnis der Auferstehung. Gott selbst gibt uns Hilfen und Zeichen, um diese Neue zu fassen. Unser Gottesdienst ist erfüllt mit den Symbolen und Zeichen des Lebens: Das Licht der Osterkerzen in euren Händen und das Wasser der Taufe helfen uns, zu verstehen und zu begreifen. Christus selbst schenkt uns ja diese Zeichen des Lebens gegen die Zeichen des Todes. Das Licht verdrängt die Dunkelheit. Im  Wasser der Taufe schenkt Gott uns Leben und schenkt Gemeinschaft. Wie schön, dass NN un NN heute durch die Taufe mit aufgenommen werden in die große weltweite Gemeinschaft der Schwestern und Brüder Jesu! Und auch wir feiern Tauferinnerung heute. Ihr bekommt am Taufbecken gleich ein Wasserkreuz auf die Stirn gezeichnet, als Erinnerung an eure Taufe, als Zeichen des Lebens, als Christuszeichen.

 

Und beides, die Kerze und das Wasser, dürft ihr mitnehmen, wenn ihr nachher nach Hause geht, so wie die Frauen und die Jünger nach Galiläa gehen. Und von da gehen sie in die Welt, um es allen zu sagen: Christus ist auferstanden. Der Tod ist besiegt. Gott schenkt allen Hoffnung und Leben! Auch ihr dürft es der Welt sagen, allen, die in Trauer, in Angst und Verzweiflung gefangen sind.

 

Ich weiß: Die Kerze in eurer Hand wird irgendwann abgebrannt sein. Das Wasserkreuz auf eurer Stirn wird trocknen. Aber von nun an wird euch jede Kerze und wird euch jeder Wassertropfen auf eurer Haut daran erinnern: An das Licht der Welt, an das Wasser des Lebens. Wenn ihr das seht, seht ihr Hoffnung und Leben für die Welt. Wenn ihr das seht, seht ihr das Wunder dieser Nacht. Ihr seht Christus, den Auferstandenen. Ich wünsche euch frohe und gesegnete Ostern!

Amen



Pfarrer Peter Schuchardt
Bredstedt
E-Mail: pw-schuchardt@versanet.de

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