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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Himmelfahrt, 14.05.2015

„fröhlich und befreit“
Predigt zu Lukas 24:44-49.50-53, verfasst von Karsten Matthis

Liebe Gemeinde,

der Himmelfahrtstag hat etwas Leichtes und Fröhliches an sich. Viele Kirchengemeinden feiern diesen Tag im Freien. Posaunenchöre umrahmen fröhliche Gottesdienste. Diakonische Werke haben sich den Himmelfahrtstag zu Eigen gemacht und laden nach dem Gottesdienst ein zu Begegnungen an Tagen der offenen Tür.

Christen gedenken an diesem Tag im Kirchenjahr, dass Christus zu seinem Vater zurückgekehrt ist. Jesus verabschiedet sich von seinen Jüngern, segnet sie und wird emporgenommen in den Himmel. So geht die Geschichte des irdischen Jesus versöhnlich zu Ende. Im Text bei Lukas heißt es, dass die Jünger gut gerüstet, fröhlich nach Jerusalem zurückgingen. Von der Hoffnung getragen, dass sie einen Fürsprecher beim Vater im Himmel haben.

Auf alten Gemälden sieht man die Jünger, wie sie nach oben schauen; über ihnen eine Wolke, aus der nur noch zwei Füße herausragten. „Aufgefahren in den Himmel, er sitzt zu rechten Gottes, des allmächtigen Vaters…“ haben die apostolischen Väter festgehalten, so wie es Lukas erzählt und andere Zeugnisse im Neuen Testament festgehalten haben.

Wenn Lukas die Himmelfahrt sowohl in seinem Evangelium als auch in der Apostelgeschichte schildert, dann sollten wir uns dies nicht als Überwindung der Schwerkraft mit den Jüngern als Zeugen zurechtlegen. Vielmehr wird dadurch gesagt: Jesus ist jetzt bei Gott. Es ist in eine andere Wirklichkeit übergegangen. Nun hat Jesus Anteil an der Herrschaft Gottes, an seiner Fülle wie der Epheser Brief sagt. Was mit der Auferstehung Jesu begann, findet nun seine Fortsetzung. Wir dürfen darauf vertrauen, dass Christus alles jenes überwindet, was uns das Leben so schwer macht: Krankheit und Tod, Gewalt und Hass.

Liebe Gemeinde, zur Zeit des Evangelisten Lukas bestand das gängige Weltbild er Menschen aus drei Stockwerken: Im untersten lebten die Menschen. Im obersten Stockwerk galt der Himmel als Wohnung Gottes. Im mittleren Stockwerk existierten die unsichtbaren Wesen Engel und Geister. Die Wesen versperrten nicht nur den Zugang zu Gott, sondern bestimmen auch die Schicksale der Menschen. Christus ist der Erste, der diese Grenze überwunden hat. Er ist durch dieses mittlere Stockwerk hindurchgelangt.

Mit dem Himmelfahrtstag feiern wir den Tag, an dem diese hermetische Grenze durchbrochen wurde. Mit Christi Himmelfahrt verbindet sich die fröhliche Gewissheit, Jesus hat alle Mächte und Gewalten niedergerungen, die zwischen Gott und den Menschen standen.

Zu Ostern hat er sie schon besiegt. Am Tag seiner Himmelfahrt wird dieses noch einmal in Gegenwart seiner Jünger demonstriert. Jesus hat alle Macht erhalten auf Erden und im Himmel. Dies ist die gute Nachricht des Himmelfahrttages. Eine Nachrichtet die Fröhlichkeit und Zuversicht bei den Jüngern einst und unter uns Christen heute stiftet.

Wenn wir heute zum Himmel aufschauen, dann tun wir es mit der Gewissheit, dass der Abstand zwischen Erde und Himmel geringer geworden ist, weil sich Erde und Himmel einst in Christus berührt haben.

Liebe Gemeinde, natürlich ist „der Himmel“ ist kein geografischer Ort. Christus ist auch nicht auf den Himmel festgelegt, sondern ist wie sein Vater allgegenwärtig. Der irdische Jesus war auf seine unmittelbare Umwelt auf Jerusalem, Judäa und Galiläa in seinem Radius beschränkt.

Nach Ostern führt der Auferstandene Menschen aus allen christlichen Kirchen zusammen. Die weltweite, unsichtbare Kirche ist sein Leib. Er ist ihr Haupt, wie es im Brief an die Epheser geschrieben steht. Wo immer sich christliche Gemeinde versammelt, ist er mitten unter ihnen, in welcher Sprache und an welchem Ort sie auch immer ihre Gottesdienste feiern. Ob sie sich in prächtigen Domen oder verborgen in Privathäusern aus Angst vor Verfolgung wie in arabischen Ländern oder China treffen, ist er bei ihnen.

Christen wissen um die bösen Geister, Gewalten und Mächte, denn sie noch immer auf Erden präsent. Seien es menschenverachtende Ideologien, die Kriege anzetteln, oder Naturgewalten, die Menschen ins Unglück stürzen. Christen sind Realisten und leiden an der unerlösten und zerrissenen Welt. In diese Welt sind Christen gestellt und sollen aus dieser nicht fliehen. „Ausgerüstet mit der Kraft aus Höhe“ dürfen wir Zeugen sein für die Liebe und Vergebung Jesu Christi. Gegen Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung, gegen Hass und Gewalt sollen wir unsere christliche Hoffnung und Zuversicht setzen. Wir sollen dagegen ansprechen, anschreien und aufrufen zur Umkehr und Versöhnung mit Gott. Jesus hat einst seine Jünger und uns heute zu Zeugen gemacht, dass wir sein Wort der Liebe und Versöhnung in die Welt hinaustragen.

Obwohl die Aufgabe, die Beauftragung, groß und schwer ist, fühlen wir doch in uns eine Erleichterung. Denn Christus hat bereits diese unerlöste Welt überwunden und hinter sich gelassen, uns ist dies auch zugesprochen.

Der Blick auf den auffahrenden Christus rückt unsere Welt in ein anderes Licht. Weil wir Christenmenschen mit Christus verbunden sind - auf Erden und im Himmel - ist es für uns leichter geworden in dieser unerlösten Welt zu leben.

So wirkt der Himmelfahrttag wirkt auf uns wie eine Ballonfahrt bei schönstem Wetter. Wir gewinnen Abstand von der Welt, sehen auf sie herab, und erahnen eine andere himmlische Wirklichkeit. Wir sind dem Himmel per Heißluftballon näher gekommen. Wir haben Ballast abgeworfen und fühlen uns befreit. So dürfen wir fröhlich und befreit diesen Himmelfahrtstag feiern. Amen.

 



Dipl. Theol., Geschäftsführer Stiftung Christlich Soziale Politik, Prädikant Karsten Matthis
Wachtberg
E-Mail: karsten.matthis@gmx.de

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