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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Himmelfahrt, 14.05.2015

Predigt zu Lukas 24:50-53, verfasst von Th.-M. Robscheit

Himmelfahrtgottesdienst im Freien auf dem Sperlingsberg bei Kapellendorf

 

mögliche Hilfsmittel:

Quadrocopter oder Silversterrakete (Achtung in Dt. ist eine Genehmigung nötig, wenn man diese nicht in der Silvesternacht startet!) Beides müßte von einer weiteren Person betätigt werden.

Im Namen des Vaters, des Sohnes & des heiligen Geistes. Amen.

 

Liebe Gemeinde,

Lukas, der Verfasser unseres heutigen Predigttextes, kannte die Geschichte um Christi Himmelfahrt nur vom Hörensagen. Ebenso auch die Weihnachtsgeschichte, die Wundergeschichten und alles andere, was das Wirken Jesu auf der Erde ausmachte. Ob er darüber traurig war? Wäre er gerne Zeitzeuge gewesen oder war es ihm lieber, alles aus einer gewissen zeitlichen Distanz & damit mit mehr Überblick zu betrachten? Wir wissen es nicht. Doch wenn ich in seinem Evangelium lese, habe ich den Eindruck, dass er diesen Abstand durchaus zu schätzen wusste, weil es ihm Freiheit bei der Gestaltung seines Evangeliums ließ: ganz offensichtlich ist es ihm wichtig gewesen, die Gute Nachricht erlebbar zu verkünden, Details zu erzählen und im Narrativen seine Zuhörer und Leser gefangen zu nehmen. Lukas bemüht sich nicht in theologischen Verrenkungen um Plausibilität. Es geht ihm nicht darum, seinen Lesern Wissen einzutrichtern, sondern er gestaltet sein Evangelium so, dass theologische Aussagen in Geschichten verpackt keine weiter Erklärung benötigen. Narratives Predigen, könnte man das heute nennen und eigentlich ist eine Auslegung dazu auch nur insofern nötig, als Zeitbezüge, die uns heute nicht mehr bewusst sind, transformiert werden müssten.

Lukas gelingt es, vor unserem inneren Auge Bilder entstehen zu lassen. Denken Sie an die Weihnachtsgeschichte und die unzähligen Krippenspiele, die sich an seiner Erzählung orientieren! Sehr plastisch beschreibt er alles, was mit der Schwangerschaft, der Volkszählung, der Geburt im Stall zu tun hat; sogar eine Episode aus Jesu Kindheit gibt es bei ihm zu lesen! Alles ist so verwoben, dass immer wieder Erfahrungen der Menschen angesprochen werden: das Strampeln des Embryos im Mutterleib der Elisabeth, die Sorge der Eltern, als ihr Kind verschwunden ist usw.

 

Und schließlich am Ende seines Evangeliums: die Auferstehung, die ganz offensichtlich leiblich verstanden wird. Zunächst sind die Frauen am leeren Grab; sie sehen Jesus nicht. Aber sie vertrauen seinem Wort und verkünden die Auferstehung. Doch ihnen glauben die Jünger nicht. Dann die Männer auf dem Weg nach Emmaus, nachvollziehbar für uns die tiefe, blind machende Traurigkeit. Und schließlich erscheint Jesus den Jüngern in Jerusalem: Jesus kann man anfassen & er isst Fisch.

So wie Lukas dies alles erzählt, hat er nun aber ein erzählerisches Problem: Wenn Jesus nicht nur Geist war, nicht nur einen anderen oder neuen Geistleib hatte, wie geht es dann weiter? Irgendwann war er so körperlich ja nicht mehr anwesend!

 

Lukas bleibt sich treu und erzählt auch den irdischen Abschied Jesu plastisch und phantasievoll. In seinem Evangelium wird als einzigem von der Himmelfahrt vor den Augen seiner Jünger berichtet. Und zwar richtig deutlich sicht- & erlebbar! Da kommt nicht etwa eine Wolke und plötzlich ist Jesus verschwunden! Nein, er schwebt nach oben von dannen! Auch in der zweiten Variante, die Lukas in der Apostelgeschichte erzählt, wird Jesus zusehends in den Himmel aufgehoben, dann erst nimmt ihn eine Wolke auf, aber die Jünger stehen unten und blicken ihm nach, wie er verschwindet.

 

-an dieser Stelle startet der Quadrocopter, fliegt hoch und verschwindet schließlich-

 

So etwas, liebe Gemeinde, hat sich Lukas vorgestellt: alle blicken wie gebannt nach oben. Er kannte keine Raketen oder anders Fluggerät, das einfach so wegfliegen kann. Aber ich bin mir sicher, dass genau das seinen Intentionen entspricht! Ohne lange Erklärungen erzählt er eine unglaubliche Begebenheit so, dass uns Menschen Bilder im  Kopf entstehen, deren Aussage wir ohne Erläuterungen verinnerlichen können.

 

Man kann es kaum deutlich machen, was sich mit Himmelfahrt verändert: Jesus ist nicht mehr auf dieser Erde.

Seine Anhänger können ihn nicht mehr einfach fragen, ihm nicht mehr physisch folgen.

Etwas Neues, eine neue Stufe von Glaube & Vertrauen ist nötig! Doch davon mehr in 10 Tagen.

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vorstellungskraft bewahre Eure Herzen und Sinne in Jesus Christus. Amen.



Th.-M. Robscheit
Apolda & Kapellendorf
E-Mail: thm@robscheit.de

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