Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

7. Sonntag nach Trinitatis, 19.07.2015

Was ist es, das Jesus in Zachäus sehen kann?
Predigt zu Lukas 19:1-10 (dän. Perikopenordn.), verfasst von Lasse Rødsgaard Lauesen

 

Zachäus, Zachäus, Zachäus, der hässliche Mann schubst mir in den Rücken. Mit steifen Augen stieren wir auf Jesus, man kann ihn fast nicht sehen. Lasst uns sehen, was passiert, wenn er in die Stadt kommt. Vielleicht vollbringt er auch Wunder bei uns? Und was will eigentlich dieser Zachäus in der ersten Reihe, der hässliche Mann muss ein Nein akzeptieren. Ich bin zwei Meter groß, und da ist kein Platz.

Um Gottes Willen, jetzt fängt er auch an, auf den Baum zu klettern, dieser Affe. Bleib ruhig sitzen in dem Baum und sieh in von fern, Zachäus, du hässlicher Mann. Wir wollen dich hier am Boden nicht haben. Kommst du herunter zu uns anderen, willst du nur in unser Haus und sehen, was wir in unseren Schränken und Schubladen verborgen haben. Du hast große Augen, wenn es darum geht zu sehen, was ich für mich selbst verborgen habe. Du sitzt und frisst dich dick an dem Erbe meiner Kinder. Ich hasse dich, Zachäus, du sollst nicht neben mir stehen. Ich bin zwei Meter groß und da gibt es nichts für dich zu sehen. Das hast du nicht verdient, du hässlicher kleiner Mann, krieche nur hinauf auf deinen Baum und lass es dir gut gehen, ich hoffe, du fällst mit dem Kopf nach unten.

Jesus hält an, und er sieht mich. Er erhebt den Blick von der Erde auf mich und sieht in den Himmel. Halb oben erblickt er etwas hinter mir, einen kleinen hässlichen Mann, der ist eingeklemmt in Gottes Schöpferwerk. Ach, Jesus erblickt Zachäus, ihn, der gerne sehen wollte. Nicht einmal ein kleines Wunder durfte ich sehen, und jetzt geht er zu Zachäus und isst bei ihm. Da sitzt der hässliche Mann und bekommt seinen Willen. Er wollte gerne sehen, wer Jesus ist, aber will er wirklich sehen, oder will er sich am liebsten in der Baumkrone verstecken und von Ferne beobachten? Hat er wirklich Lust, alles zu sehen und von allen gesehen zu werden?

Was ist es, das Jesus in Zachäus sehen kann?

Zachäus wird in einem Maße gesehen, dass der Blick fasst brennt. Gottes Blick, der sich nicht steuern oder ablenken lässt. Zachäus wollte Jesus sehen, und Jesus erblickt ihn, ihre Blicke begegnen sich, und es geschieht etwas.

Was tust du nun, Zachäus? Nun sieht er, wie hässlich du bist. Jesus sieht Zachäus, und Zachäus weiß, was er sieht, und versucht, den Blick abzulenken, indem er sagt:

Sieh, Herr, die Hälfte dessen, was ich besitze, gebe ich den Armen, und wenn ich von jemanden Geld erpresst habe, gebe ich es vierfach zurück.“

Dann ist wohl alles gut? Zachäus will handeln und gut aussehen. Der alte Geizhals, nichts kann er geben, was meinen Hunger wieder stillen könnte. Nie soll er einen Platz neben mir bekommen. Ich sage dir, Zachäus: Wenn du einmal stirbst, dann sieht es nicht gut aus für dich. Denk an die Geschichte mit Lazarus in Abrahams Schoß, der hässliche Mann, vielleicht hieß der eiche Mann ja Zachäus!

Hör nun, sagt Jesus, heute ist das Heil in das Haus des Zachäus gekommen. Jesus kann, was ich nicht kann, dem hässlichen Mann vergeben und ihm sagen, dass er auch Gott gehört. Gott gehört in diesem irdischen Leben, wo er versuchen kann, das wieder gut zu machen, was er seinen Nachbarn angetan hat. Dort, wo er daran arbeiten soll, das Vertrauen und die Glaubwürdigkeit wiederherzustellen – dort, wo wir alle ihn weiter als einen kleinen hässlichen Mann betrachten. Gott sah etwas anderes als wir, als er Gast war bei dem Menschen, der der sehen wollte, aber gesehen wurde. Gesehen wurde in einem Maße, dass sein Leben eine neue Wende erfuhr, als Zachäus sah, was er getan hatte.

Zachäus war mehr als die Summe seiner Taten, und das sind wir und die anderen zwei Meter großen auch. Du, der du ihn aus der Gemeinschaft ausschloss, ohne zu sehen, dass eine Umkehr für Zachäus möglich war. Da sahst nicht, dass die lieben Worte, die du gebrauchst, wenn du von deinen Kindern sprichst, dieselben Worte waren, die das Herz, die Tür und den Geldbeutel von Zachäus hätten öffnen können. Jesus sah es, und Zachäus sah sich selbst und schämte sich, schämst du dich auch?

Lasst und hoffen, dass Gott auch uns so sieht, dass er den Menschen sieht, Nicht nur das sieht, was wir getan haben, sondern auch einen Blick hat für das, was wir tun könnten.

Wende unseren Blick und unser Leben zu dir und lass uns das Gute auch in dem kleinen hässlichen Mann wie Zachäus sehen. Lasst uns den Kontakt bewahren, den Blickkontakt, und darauf hoffen, dass Gott uns in die Augen sehen will und uns das geben will, was wir uns nicht selbst geben können, eine Würde, wieder ins Leben zu gehen und uns mit unseren Nachbarn zu versöhnen. Beeile dich nun und gehe, Zachäus. Amen.

 



Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen
DK-5000 Odense C
E-Mail: lrl(at)km.dk

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