Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

8. Sonntag nach Trinitatis, 26.07.2015

Predigt zu Matthäus 7:15-21 (dän. Perikopenordn.), verfasst von Elof Westergaard

 

Sehet euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.

Das Bild von den falschen Propheten in Schafskleidern ist ein starkes Bild für all das in der Welt, was falsch ist, und für jeden, der sich für etwas anderes ausgibt, als er tatsächlich ist. Es handelt sich um ein äußerst realistisches Bild von dem, was uns in der Welt und bei uns selbst begegnet.

Die Worte Jesu sind zugleich eine Ermahnung. Jesus fordert Übereinstimmung zwischen Wort und Tat, und er warnt vor aller Falschheit, falsche Führung und falsche Autorität. Wir sollen nichtjedem beliebigen Propheten folgen.

Die Frage ist jedoch, ob Jesus anderes und mehr will als uns unsicher und wachsam zu machen. Macht Jesus mit diesen Worten über Propheten, Wölfe und Schafe anderes als Unsicherheit zu schaffen und uns daran zu hindern, einander zu vertrauen? Spaltet er nicht eher als zu versöhnen?

Die Ermahnungen Jesu sind oft hart. Er geißelt, entlarvt und richtet, Aber er geht doch immer von einer Gemeinschaft aus und hat das Anliegen, zu versöhnen und eine Gemeinschaft zu erneuern, neue Horizonte zu eröffnen und neue Perspektiven zu schaffen.

Man kann sagen, dies liegt bereits implizit darin, dass Jesus die falschen Propheten mit Wölfen in Schafskleidern vergleicht. Mit dem Vergleich betont er ja, wie wir Menschen und Tiere aneinander gebunden sind und aus derselben Erde genommen sind. Allen Unterschieden zwischen Mensch und Tier zum Trotz gibt es etwas, worin wir uns in den Tieren wiedererkennen können. Ein Mensch kann sich als schlau wie ein Fuchs erweisen, stark wir ein Bär, brüllend wie ein Löwe, gerissen wie eine Schlange oder langsam wie eine Schildkröte. Eine wird als ein Falke angesehen, ein anderer als eine Taube. Einen Menschen mit einem Tier zu vergleichen hat oft einen illustrativen Zweck, aber der Vergleich wurzelt in der Tatsache, dass wir denselben Ursprung haben. Biblisch gesprochen: Mensch und Tier sind nach dem zweiten der beiden Schöpfungsgeschichten aus der Erde genommen und von Gott geschaffen.

Sehet euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe.

Mit einem Wolf verglichen zu werden kann zum Ausdruck bringen, dass man stark ist, aber der Wolf in den Worten Jesu ist eher ein Symbol für das Tierische und die rohe Gewalt, das rücksichtslose und egoistische Verhalten. Der Patriarch Jakob beschrieb auf seinem Sterbebett seinen Sohn Benjamin in dieser Weise: Benjamin ist ein reißender Wolf; des Morgens wird er Raub fressen, und des Abends wird er Beute austeilen (1. Mose 49,27).

Jesus spricht freilich in der Mehrzahl. Er spricht von den Propheten als Wölfen. Seine Worte erinnern somit mehr an die Kritik des alttestamentlichen Propheten Zephanja an den Richtern seiner Zeit: Ihre Richter sind Wölfe am Abend, die nichts bis zum Morgen übriglassen (Zeph. 3,3).

Falsche Propheten und ungerechte Richter sind wie Wölfe, und überhaupt sind Wölfe ein Symbol für eine rohe Welt. Wenn Jesus an anderer Stelle seine Jünger zusammenruft und sie zu ihrem weiteren Auftrag als Apostel weiterschickt, sagt er zu ihnen: Siehe, ich sende euch wie Schafe mitten unter die Wölfe. Darum seid klug wie die Schlangen und ohne Falsch wie die Tauben. Hütet euch aber vor den Menschen (Matt. 10,16f.). Die Jünger sind wie Schafe, die in die Welt gesandt sind unter einem Koppen von Wölfen. Sie sollen wissen, dass sie in ständiger Gefahr leben vor den bissigen Zähnen der Wölfen und ihrem wilden Treiben. So ist die Welt! Wir leben in einer Wolfswelt, was auch Paulus infolge der Apostelgeschichte bestätigt: Denn das weiß ich, dass nach meinem Abscheiden werden unter euch kommen greuliche Wölfe, die die Herde nicht verschonen werden (Apg. 20,29). Die Wölfe werden sich nicht zurückhalten, auch nicht wenn die Schafe in einer Herde versammelt sind und ihr neuer Hirte nahe ist.

Die falschen Propheten sind wie Wölfe im Schafspelz, und wir Menschen leben in einer rohen Wolfswelt. Hier ist viel zu befürchten. Jesus will ab er anderes und mehr, als den Zustand der Welt zu schildern und sie zu richten und zu entlarven. Seine Botschaft ist6 auch nicht nur eine Ermahnung an uns, das Tierische und damit die Welt, in der wir leben, zu verlassen. Denn er weiß sehr wohl, dass wir nicht allein damit fertig werden und aus eigener Kraft und Stärke leben können. Mit anderen Worten, es genügt nicht, dass wir an unseren eigenen scharfen weißen Wolfszähnen feilen.

Das Evangelium ist aber die frohe Botschaft vom Kommen des Sohnes Gottes und der weiteren Gegenwart des Geistes Gottes. D.h. es ist eine Verkündigung der Hoffnung auf die Nähe Gottes, seine Hilfe und Gnade hier.

Der Prophet Jesaja entfaltet diese Hoffnung in einem Bild. Er spricht davon, wie ein Reis hervorgehen wird aus dem Stamm Isais und nein Friedensreich kommen wird. Kühe und Bären werden in diesem Reich Freunde sein, und der Löwe Stroh fressen wir die Rinder. Zu Beginn nennt der Prophet auch den Wolf: Da werden die Wölfe bei Lämmern wohnen (Jes. 11,6). D er Wolf ist nun wie verwandelt. Er liegt neben dem Lamm. Die prophetische Vision des Jesaja scheint weit weg, fern von unserer Welt mit all ihrem Unfrieden und ihrer Gewalt. Die Welt brennt. Aber die Vision des Jesaja steht dennoch da für uns als Trost und Hoffnung, und im Lichte dieser prophetischen Vision sollen wir die Ermahnung Jesu hören.

Es bedarf einer besonderen Sonne, um einem Baumstumpf blühen zu lassen, und besonderer Kräfte, einen Wolf zu zähmen. Aber das soll geschehen, und das geschieht im Namen Jesu. Denn auf ihm wird ruhen der Geist des Herrn, der Geist der Weisheit und des Verstandes, der Geist des Rates und der Stärke, der Geist der Erkenntnis und der Furcht des Herrn. Und Wohlgefallen wird er haben an der Furcht des Herrn. Er wird nicht richten nach dem, was die Augen sehen, noch Urteil sprechen nach dem, was seine Ohren hören, sondern wird mit Gerechtigkeit richten die Armen … (Jes. 11,1-4a). Bei ihm wird der Wolf bei dem Lamm wohnen, und niemand hat mehr etwas zu fürchten. Das geschehe im Namen Jesu. Amen.

 



Biskop Elof Westergaard
DK-6760 Ribe
E-Mail: eve(at)km.dk

(zurück zum Seitenanfang)