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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

8. Sonntag nach Trinitatis, 26.07.2015

Das sind wir: Licht und Würze der Welt - durch Christus
Predigt zu Matthäus 5:13-16, verfasst von Peter Schuchardt

 

 

Jesus Christus sagt: Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz nicht mehr salzt, womit soll man salzen? Es ist zu nichts mehr nütze, als dass man es wegschüttet und lässt es von den Leuten zertreten. Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein. Man zündet auch nicht ein Licht an und setzt es unter einen Scheffel, sondern auf einen Leuchter; so leuchtet es allen, die im Hause sind. So lasst euer Licht leuchten vor den Leuten, damit sie eure guten Werke sehen und euren Vater im Himmel preisen.

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen! Amen

 

Liebe Schwestern und Brüder!

Wir sind zusammen, wie jeden Sonntagmorgen, um Gottesdienst zu feiern. Wir sind Gemeinde heute Morgen, wir sind Kirche. Denn für uns evangelische Christen steht die Gemeinschaft untereinander an 1. Stelle – die Gemeinschaft mit Christus und die Gemeinschaft untereinander. Aber wer sind wir denn als Kirche, als Christen? Mancher denkt vielleicht auch angesichts schlechter Meldungen: Wer sind wir denn schon? Vor wenigen Tagen war in unserer Zeitung zu lesen: Die Zahl der Kirchenaustritte ist so hoch wie nie! Das waren zwar die Zahlen der katholischen Kirche, aber Nachfragen bei uns Evangelischen zeigen: Da sieht es auch nicht besser aus. Wer sind wir? Wenn man sich die Diskussionen im Fernsehen und im Internet ansieht, dann mag man denken: Wir sind eine Randgruppe der Gesellschaft, die immer kleiner wird. Eine verschwindende Schar von Menschen, die gegen alle Vernunft an einen Gott der Liebe glauben. Eine ehemals mächtige Institution, die aus der Erinnerung an glorreiche Zeiten lebt. Sind wir das?

 

Liebe Schwestern und Brüder, die Diskussion um die Mitgliederzahlen ärgert mich. Ja, ich weiß, Menschen treten aus der Kirche aus. Aber immer noch gehören über 60% unserer Gesellschaft der Kirche an. Wir sind - und werden es auch bleiben: die größte Institution in unserer Gesellschaft. Von 80 Millionen Menschen in unserem Land sind fast 47 Millionen Christen, das sind über 60 %. Wisst ihr, wie viele Menschen einer politischen Partei angehören? Insgesamt sind es 1,2 Millionen, un diese Zahl sinkt weiter. Das aber ist den Nachrichten kaum eine Meldung wert. Wisst ihr, wie viel Prozent der Bundesbürger Aktien besitzen? Bei der großen Rolle, die die Wirtschaft in den Nachrichten und im Bewusstsein einnimmt, müssten es wohl immens viele sein. Es sind aber nur knapp 4%. Die Zahl der Kirchenmitglieder mag sinken, aber das macht uns doch nicht zu einer bedeutungslosen Randgruppe! Und nicht immer sagt die Zahl etwas über die Bedeutung aus: In Deutschland leben Gott sei Dank wieder 100000 Juden. Von der Gesamtzahl mögen es nur wenige sein. Aber es ist doch außerordentlich wichtig, dass es wieder jüdisches Leben in unserem Land gibt. Es ist wichtig, dass sie die Erinnerung an die Gräuel der Nazizeit weiter wach halten – und auf die Gefahren von Rassismus und Antisemitismus heute hinweisen.

 

Aber reicht das für uns Christen aus? Reicht es aus für uns als Kirche, dass wir eine große Institution sind und es bleiben werden? Wäre das alles, was wir sind, dann wäre es eigentlich gar nichts. Und dann wären wir eigentlich auch nichts. Liebe Schwestern und Brüder, was wir sind, das kann uns nur der sagen, nach dem wir unseren Namen haben. Wir Christen erfahren, wer wir sind, in dem wir auf Christus hören – und eben nicht auf Statistiken und schlechte Meldungen in den Nachrichten. Wir hören auf Christus, der für uns der Weg und die Wahrheit ist. Und er sagt uns heute: „Ihr Christen, ihr meine Kirche, ihr seid das Licht der Welt. Ihr seid das Salz der Erde und das Licht der Welt.“ Und nur so können wir es sein, wenn Christus es uns sagt. Jeder, der mit diesem Anspruch auftreten würde, käme uns doch sehr verdächtig vor. Stellt euch, ein Mann, eine Frau, eine Gruppe stellt sich hin und sagt das von sich: Ich bin das Licht der Welt. Wir sind das Salz der Erde. Wir würden doch sofort nach dunklen Flecken in dem Leben dieses Menschen und dieser Gruppe suchen. Wir haben zurzeit ja ein großes Problem mit Menschen, die gut sind, die besser sind als andere. Wir versuchen alles, um diese Menschen fertig zu machen. Das nimmt schon krankhafte Züge an. Niemand darf besser sein als der Durchschnitt – und zugleich ist eine riesengroße Sehnsucht danach da. Möge doch endlich jemand kommen, der anders ist als der Alltag, das Normale, der Durchschnitt. Jemand, der anders ist als wir selber es sind! Wir evangelische Christen haben ja immer eine tiefe Ahnung von den Abgründen, die sich in einer Seele auftun können. Hochmut, Hybris und Selbstüberschätzung, das sind Dinge, die wir bei einem anderen sofort ankreiden würden. Unsere Geschichte lehrt uns auch, sehr vorsichtig mit solchen Lichtgestalten zu sein, mit Menschen, die als Heilsbringer auftreten.

 

Aber hier ist doch der eine, der keine menschliche Macht sucht. Hier ist der eine, der nicht nur auf den eigenen Vorteil auf ist. Hier ist der eine, der sich selbst für uns hingibt, der mit seiner Liebe uns und die Welt verändern kann und will – und nicht mit menschlichem Machtstreben. Hier ist Jesus Christus, der von sich sagt: „Ich bin das Licht der Welt.“ Und er sagt uns, wer wir sind: „Ihr seid das Licht der Welt. Ihr seid das Salz der Erde.“ Nur weil er es uns sagt, sind wir es. Nur wenn er es uns sagt, sind wir es: Salz der Erde, Licht der Welt. Das sind, liebe Schwestern und Brüder, doch ganz andere Worte als das: „Ohauehaueha, schon wieder weniger Mitglieder!“ Das ist ja das, was Jesus Christus immer wieder macht. Er verändert unseren Blick – und damit verändert er unsere ganze Lebenseinstellung. Christus sieht ja in unser Herz. Er weiß, welche Gedanken uns umtreiben. „Ihr meint, ihr werdet immer weniger? Ihr habt Angst, in der Bedeutungslosigkeit zu versinken? Vergesst doch alle diese Sorgen. Guckt doch auf mich. Hört doch auf mich. Denn ich bin doch bei euch. Und ihr habt doch einen Auftrag, eine Aufgabe als Kirche, als Christen, als Menschen, die meinen Namen tragen in dieser Welt. Ihr seid Licht und Salz für diese Welt und für die Menschen, die hier leben! Guckt nicht auf Umfrageergebnisse und Statistiken. Guckt nach vorn. Guckt auf mich. Und seht dorthin, wo Menschen sich nach Licht und Lebenswürze sehnen. Dort sollt ihr sein.“

 

Liebe Schwestern und Brüder, Licht und Salz der Welt sind wir nie aus uns selbst. Wir kennen uns selbst zu gut. Wir wollen strahlend sein, und sind doch oft nur ein glimmernder Docht, der auszugehen droht. Wir wollen Salz sein –und leben unser Leben fade, eintönig und ohne Würze. Wir kennen auch die anderen nur zu gut. Wir suchen nicht nach dem Licht, sondern nach den dunklen Seiten bei einem anderen, der Licht sein will. Aber was ist das für eine Welt, die nur von Misstrauen geprägt ist! Was ist das für ein Umgang miteinander, wenn wir nur in Distanz und Kritik mit den anderen leben? Christus bringt andere Töne und einen anderen Blick in unser Leben. Er geht voller Vertrauen auf die Menschen zu. Denn er weiß: Nur mit Vertrauen wächst Leben. Er sieht nicht auf unsere Fehler und unser Versagen, obwohl er doch weiß: wir haben so viel davon in uns. Aber diese Fehler und dieses Versagen hindern ihn doch nicht, uns zu lieben. Und er macht uns zu Boten seiner Liebe. Selbst uns, die wir doch so oft an uns zweifeln und uns an jeden dunklen Fleck in unserem Leben erinnern. Er macht uns zu dem Licht, das seine Liebe zu den andern bringt, die sich danach sehnen. Er macht uns zu dem Salz, das Würze und Geschmack in jedes Leben bringt. Und weil Christus uns dazu macht, weil er uns diese große Aufgabe gibt, sollen wir das auch sein. Wir sollen nicht unser Licht unter den Scheffel stellen, sollen nicht eine Kerze anzünden und dann einen Eimer darüber stülpen. Das ist doch sinnlos! Wir sollen auch das Salz nicht vergammeln lassen. Dann taugt es nichts mehr und wird weggeworfen. Christus sieht so viele Gaben und Talente in uns. Die sollen wir doch um Gottes willen nicht verkümmern lassen. Gott hat sie uns doch gegeben, damit wir sie nutzen, zu unserer Freude und damit sich andere daran erfreuen, damit wir anderen damit helfen.

 

Und wenn wir das tun, wenn wir auf das Wort Christi hören, wenn dieses Wort uns entzündet, dann werden wir leuchten. Dann können wir zu andren Menschen in ihrer Traurigkeit und Angst gehen und ihnen von dieser Liebe erzählen. Diese Liebe Gottes überwindet alle Traurigkeit und Angst. Dann werden die Menschen von Gott hören – und sie werden ihn preisen, unseren Vater im Himmel. Nein, sie werden nicht uns preisen. Das ist auch gar nicht wichtig. Vielleicht werden sie uns danken, dass wir ihnen von dieser Liebe erzählt haben. Das wäre schön. Aber viel wichtiger ist der eine, der das Licht der Welt ist. Er bringt diese Liebe zu uns bringt. Er zeigt uns sogar noch am Kreuz: Diese göttliche Liebe ist stärker als der Tod. Und so ruft er uns heute. Wir sollen offen sein für sein Wort. Das ist das einzige, was Christus von uns möchte. Wenn dieses Wort uns erfüllt, dann werden wir strahlen und leuchten. Und durch unser Strahlen und Leuchten werden die Menschen Gottes Licht sehen. Und sie werden froh werden. Endlich.

 

Wer sind wir Christen? Was sind wir als Kirche? Wir sind Boten. Wir sind Boten von Gottes Liebe. Wir dürfen Gottes Licht und Wort in diese Welt tragen. Unsere Welt sehnt sich danach. Darum ist es wichtig, dass wir als Kirche, als Christen unsere Stimme erheben für die Armen, für die Schwachen und Kranken, für die Verfolgten und Flüchtlinge. Es ist wichtig, dass wir als Christen von Gott und seiner Liebe reden in dieser Welt. Denn diese Welt droht immer dunkler zu werden. Es ist wichtig, dass wir von der Hoffnung erzählen, die Christus uns schenkt, und von seinem Licht. Wenn wir das tun, dann sind wir seine Kirche, dann sind wir Licht der Welt und Salz der Erde. Dazu gebe Gott uns immer wieder Mut, Kraft und Freude. Amen

 

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, der bewahre eure Herzen und Sinne in Christus Jesus, unserem Herrn.

 



Pastor Peter Schuchardt
25821 Bredstedt
E-Mail: pw-schuchardt@versanet.de

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