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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Letzter Sonntag des Kirchenjahres, Ewigkeitssonntag, 22.11.2015

Totensonntag und Ewigkeitssonntag
Predigt zu Matthäus 25:1-13, verfasst von Ludwig Schmidt

 

Predigttext
Jesus sprach zu seinen Jüngern: 1 Dann wird das Himmelreich gleichen zehn Jungfrauen, die ihre Lampen nahmen und gingen hinaus, dem Bräutigam entgegen. 2 Aber fünf von ihnen waren töricht und fünf waren klug. 3 Die törichten nahmen ihre Lampen, aber sie nahmen kein Öl mit. 4 Die klugen aber nahmen Öl mit in ihren Gefäßen, samt ihren Lampen. 5 Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden sie alle schläfrig und schliefen ein.
6 Um Mitternacht aber erhob sich lautes Rufen: Siehe, der Bräutigam kommt! Geht hinaus, ihm entgegen! 7 Da standen diese Jungfrauen alle auf und machten ihre Lampen fertig. 8 Die törichten aber sprachen zu den klugen: Gebt uns von eurem Öl, denn unsre Lampen verlöschen. 9 Da antworteten die klugen und sprachen: Nein, sonst würde es für uns und euch nicht genug sein; geht aber zum Kaufmann und kauft für euch selbst.
10 Und als sie hingingen, zu kaufen, kam der Bräutigam und die bereit waren, gingen mit ihm hinein zur Hochzeit, und die Tür wurde verschlossen. 11 Später kamen auch die andern Jungfrauen und sprachen: Herr, Herr, tu uns auf! 12 Er antwortete aber und sprach: Wahrlich, ich sage euch: Ich kenne euch nicht.
13 Darum wachet! Denn ihr wisst weder Tag noch Stunde.

 

Liebe Gemeinde!

Wir begehen heute den Totensonntag. Wahrscheinlich haben zumindest einige von Ihnen den Eindruck, dass der Predigttext nicht zu diesem Sonntag passt. In ihm erzählt ja Jesus von einer Hochzeit. Eine Hochzeit ist aber in der Regel ein Fest der Freude, bei dem Trauer nicht angebracht ist, sondern alle fröhlich sind oder es sein sollten. Der Totensonntag stimmt aber viele traurig. Wir gedenken der Menschen, die seit dem letzten Totensonntag aus unserer Gemeinde verstorben sind. Die meisten unter uns werden sich heute auch an Angehörige erinnern, von denen sie vielleicht schon vor vielen Jahren Abschied nehmen mussten. Wer an diesem Sonntag zu einem Friedhof geht, wird oft Leuten begegnen, die die Gräber ihrer Angehörigen besuchen. Dabei wird so manche Träne vergossen, weil die Lücke, die der oder die Verstorbene hinterließ, noch immer nicht geschlossen ist. Wenn wir der Toten gedenken, kann und sollte uns deutlich werden, dass unsere eigene Lebenszeit begrenzt ist. Wir sind ja meist so sehr mit den täglichen Problemen und den Anforderungen, denen wir uns stellen müssen, beschäftigt, oder wir sind über gute Zeiten glücklich, die wir gerade erleben, dass wir nur selten daran denken, dass auch wir einmal sterben müssen. Daran erinnert uns der Totensonntag und deshalb ist es gut, dass es ihn gibt. Wir gehen unausweichlich auf den Tod zu, der den einen früher, den anderen später treffen wird. Dann wird es für uns keine Rolle mehr spielen, ob wir reich oder arm waren, ob wir beliebt waren oder von anderen meist übersehen wurden. Diese und andere Unterschiede, die wir Menschen jetzt oft sehr wichtig nehmen, werden verschwinden, wenn wir tot sind. Darauf macht uns der Totensonntag aufmerksam

Aber dieser Sonntag heißt ja auch Ewigkeitssonntag. Er lenkt damit unseren Blick auf ein Jenseits des Todes. Wir müssen uns nicht damit abfinden, dass wir sterben werden und unser Leben im Schatten des Todes steht, sondern Gott hält für uns eine helle Zukunft bereit. Wir sind eingeladen zu dem ewigen Leben bei ihm, das wir nach unserem Tod erwarten dürfen. Jesus ist ja nicht nur am Kreuz gestorben, sondern er ist von den Toten zu einem ewigen Leben auferstanden, damit auch wir an diesem Leben teilhaben. Es wird ein Leben sein, in dem wir keine Schmerzen mehr ertragen müssen, keine Enttäuschungen mehr erfahren und in dem es alles nicht mehr geben wird, was uns jetzt immer wieder unser Leben erschwert. In diesem ewigen Leben werden wir uns nur noch freuen. Deshalb wird es in der Bibel gelegentlich mit der Feier einer Hochzeit als dem Fest der Freude verglichen

So ist es auch in dem Gleichnis, das Jesus in unserem Predigttext erzählt. In ihm sollten zehn junge Frauen Bräutigam und Braut mit Fackeln in das Haus des Bräutigams begleiten, wenn er in der Dunkelheit kommt, um die Braut zu sich zu holen. Fünf jener Frauen nahmen Öl mit. Sie waren klug, weil sie dachten: Vielleicht kommt der Bräutigam erst spät. Darauf müssen wir uns vorbereiten. Die fünf anderen nahmen dagegen kein Öl mit. Sie meinten: Der Bräutigam, wird schon rechtzeitig kommen. Das war dumm von ihnen, denn sie konnten nicht wissen, wann der Bräutigam eintrifft. Tatsächlich ließ er sich Zeit. Als er dann endlich angekündigt wurde, hatten die klugen Frauen für ihre Fackeln genügend Öl, die anderen aber nicht. Die Klugen konnten ihnen nichts von ihrem Öl abgeben, weil sonst ihre Fackeln verlöschen würden. Ein Hochzeitszug im Dunkeln wäre aber für die Frauen und den Bräutigam eine große Schande gewesen. Davon hätte man im Dorf noch viele Jahre erzählt. Als die fünf törichten Frauen endlich mit dem eingekauften Öl zu dem Haus des Bräutigams kamen, waren die Türen verschlossen. Sie hatten sich selbst von der Feier der Hochzeit ausgeschlossen, weil sie es versäumt hatten, sich richtig vorzubereiten.

Vielleicht hat es Sie überrascht, dass die fünf törichten Frauen nicht an der Hochzeitsfeier teilnehmen dürfen. Das bedeutet ja, dass es Menschen gibt, die nicht in das Reich Gottes kommen werden. Jesus hat aber doch auch gesagt: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken“ (Mt 11,28). Er nennt hier keine Bedingungen, die man erfüllen muss, damit man zu ihm kommen darf. Jeder und jede sind ihm willkommen. Dazu muss man freilich seine Einladung annehmen. Es kommt immer wieder einmal vor, dass jemand an einem Sarg oder einem Grab nachdenklich wird und sich sagt: Eigentlich möchte ich nicht, dass für mich mit dem Tod alles aus ist. Vielleicht ist doch etwas dran an der Hoffnung der Christen auf ein ewiges Leben bei Gott. Aber er kann sich nicht dazu entschließen, ein bewusster Christ zu werden. Einige denken auch: Es reicht, wenn ich im Alter fromm werde. Jetzt will ich mein Leben noch nicht ändern. Tatsächlich gibt es Menschen, denen Jesus erst in ihrem Alter wichtig wurde. Vielleicht trifft das auch für einige unter uns zu. Sie können wie alle anderen, die sich zu Jesus halten, darauf hoffen, in das Reich Gottes zu kommen. Aber niemand sollte sich darauf verlassen, dass er im Alter fromm wird. Er kann nicht nur vorher sterben, sondern wir Menschen folgen ja häufig dem, was wir gewohnt sind und was wir uns im Lauf unseres Lebens angewöhnt haben. Den meisten Menschen fällt es schwer, sich im Alter zu ändern. Das gilt auch für den Glauben an Jesus. Es halten sich ja nur wenige Ältere zu Jesus, wenn er ihnen zuvor nicht wichtig war. Deshalb sollten wir jetzt seine Einladung annehmen, damit wir nach unserem Tod in das ewige Leben eingehen und nicht darauf vertrauen, dass wir dafür immer noch Zeit haben. Weil uns Jesus dieses Leben zusagt, müssen wir unser Herz nicht mehr an das, was vergänglich ist, hängen. Es kann doch nicht in unserem Interesse sein, dass uns der Tod für immer auslöscht. Jesus verspricht uns für unser Leben ein Ziel jenseits des Todes, das besser ist als alles, was wir in unserem Leben auf der Erde erreichen und erleben können. Deshalb ist es für uns gut, wenn wir seine Einladung annehmen.

In unserem Predigttext haben freilich nicht nur die klugen sondern auch die fünf törichten Frauen die Einladung zum Hochzeitsfest angenommen, und sie haben sich über sie wohl auch gefreut. Es war ja eine Ehre, wenn man mit Fackeln Bräutigam und Braut in das Haus des Bräutigams begleiten durfte. Aber die törichten Frauen haben sich für diese Aufgabe nicht richtig vorbereitet, weil sie kein Öl mitnahmen. Das sollen wir ihnen nicht nachmachen, sondern wir sollen uns mit dem Öl des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung auf das ewige Leben vorbereiten. Freilich ist unser Glaube immer wieder gefährdet. Mit ihm widersprechen wir dem, was wir täglich hören und sehen. Wir leben in einer Welt, in der das Böse immer wieder Triumphe feiert. Kriege, Hass und Terror schädigen und zerstören das Leben von Menschen. Man kann den Eindruck gewinnen, dass sie in unserer Zeit immer mehr zunehmen. Auch Egoismus und Neid und alles, was schlecht für andere ist, bestimmen nach wie vor das Handeln vieler Menschen. Es hat den Anschein, dass das Böse und der Tod noch immer die Welt beherrschen, obwohl Jesus auf der Erde war und von den Toten auferstanden ist. Das macht es uns manchmal schwer, an dem Glauben an Jesus festzuhalten. Dann sollten wir uns daran erinnern, dass Jesus einmal mit großer Macht in diese Welt kommen und das Böse und den Tod endgültig beseitigen wird. Mit unserem Glauben an ihn vertrauen wir darauf, dass er jetzt schon stärker ist als die dunklen Mächte dieser Welt. Deshalb können wir uns ihm anvertrauen und darauf bauen, dass er uns in das ewige Leben führen wird. Das ist das Öl des Glaubens und der Hoffnung, mit dem wir uns auf das ewige Leben vorbereiten. Mit ihm widersprechen wir zugleich der Auffassung vieler, dass sich jeder selbst der Nächste ist. Weil sich Jesus mit seinem Tod am Kreuz für uns eingesetzt und dafür schwer gelitten hat, können wir uns für andere einsetzen, die auf unsere Hilfe angewiesen sind und dem Hass widerstehen, der nur Unglück über Menschen bringt. Wir geben damit etwas von der Liebe weiter, mit der uns Jesus liebt. Man kann das Öl des Glaubens, der Liebe und der Hoffnung nicht in einzelne Bestandteile aufspalten, sondern es ist ein Öl, mit dem wir uns auf das ewige Leben vorbereiten. Wir müssen nicht befürchten, dass uns dieses Öl ausgeht, weil wir Quellen haben, aus denen wir es schöpfen können. Eine solche Quelle sind zum Beispiel unsere Gottesdienste. In ihnen hören wir das Wort Gottes, damit wir das Ziel unseres Lebens nicht aus den Augen verlieren und mit neuer Kraft unseren Weg in das ewige Leben gehen. Amen.

 



Prof. i.R. Dr. Ludwig Schmidt
91154 Roth
E-Mail: gi_schmidt@t-online.de

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