Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

1. Sonntag im Advent, 29.11.2015

Seine Liebe kommt und verändert alles – Gott sei Dank
Predigt zu Römer 13:8-12, verfasst von Peter Schuchardt

 

 

Der Predigttext steht im Brief des Apostels Paulus an die Gemeinde in Rom im 13. Kapitel, die Verse 8 bis 12:
Seid niemandem etwas schuldig, außer dass ihr euch untereinander liebt; denn wer den andern liebt, der hat das Gesetz erfüllt. Denn was da gesagt ist (2.Mose 20,13-17): »Du sollst nicht ehebrechen; du sollst nicht töten; du sollst nicht stehlen; du sollst nicht begehren«, und was da sonst an Geboten ist, das wird in diesem Wort zusammengefasst (3.Mose 19,18): »Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst.« Die Liebe tut dem Nächsten nichts Böses. So ist nun die Liebe des Gesetzes Erfüllung.
Und das tut, weil ihr die Zeit erkennt, nämlich dass die Stunde da ist, aufzustehen vom Schlaf, denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit, da wir gläubig wurden. Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen. So lasst uns ablegen die Werke der Finsternis und anlegen die Waffen des Lichts.

Liebe Schwestern und Brüder,

es ist Advent. Es geht um Liebe und um das, was auf uns zukommt. Ja natürlich, das Fest der Liebe kommt doch nun bald. Nur noch 3 ½ Wochen, dann ist es soweit: Dann steht in vielen Stuben der Baum, die Geschenke warten darauf, ausgepackt zu werden, die Familie kommt zusammen, es wird gut gegessen, es wird gefeiert. Bis dahin, das kennt ihr, gibt es  bei vielen noch viel Hektik und Stress. Geschenke müssen gekauft werden, hoffentlich die richtigen, was sollen wir essen, fahren wir diesmal zuerst zu deinen Eltern oder zu  meinen, wo kriegen wir den Baum her? Besinnlich soll sie sein, diese schönste Zeit im Jahr, und ist doch für viele alles andere als das. Da ist von Liebe nicht viel zu spüren, sondern mehr von Zeitnot und  „ich muss jetzt schnell noch los“ und „ich hab noch so viel zu tun“. Die Sehnsucht ist da nach Liebe, nach Geborgenheit, und davon verspricht uns die Werbung jetzt ja besonders viel. Doch weder das besondere Geschenk für die Frau, den Mann oder die Kinder noch der Einkauf in gerade dem Supermarkt werden uns diese Geborgenheit und diese Liebe geben. Das wissen wir, und doch fallen wir wohl auch in diesem Jahr wieder darauf hinein. Weihnachten heißt ja gerade darum das Fest der Liebe, weil wir sie in unserem Leben und in unserer Welt so sehr vermissen. Und mancher wird sie auch am Heiligen Abend unter dem Baum vermissen.

Lieblos ist diese Welt geworden. Das haben uns die Anschläge von Paris leider vor Augen geführt. Doch die Antwort auf diese Lieblosigkeit darf nicht Hass und Gewalt sein. Denn das wird unsere Welt nicht zum Guten verändern. Die Antwort kann nur Liebe und Versöhnung sein. Ich weiß, wie schwer das manchem fällt angesichts der schrecklichen Bilder, angesichts des Gefühls der Ohnmacht gegenüber den Terroristen. Aber unser christlicher Weg ist eben der Weg der Liebe.

Denn Advent heißt ja „Ankunft“. Und der, der zu uns kommt, der bringt uns die Liebe Gottes in unser Leben. Wir Christen reden von der Ankunft unseres Herrn Jesus Christus. Wir erinnern heute dran, wie er nach Jerusalem kommt, mit Palmenzweigen und lautem Jubel wird er begrüßt. Wir singen die Lieder, die die Liebe Gottes zu uns besingen. Viele von euch haben ihr Haus und ihre Wohnung geschmückt, mit Tannenzweigen, mit einem Adventskranz, mit Kerzen, haben vielleicht sogar schon eine Krippe aufgebaut. Nun wird gebacken. Nun wird vorbereitet. Denn das große Fest steht doch bevor. Der Heilige Abend, Weihnachten. Gott wird ein Mensch im Stall von Bethlehem. Seine Liebe bekommt Hand und Fuß in dem kleinen Baby, das in der Krippe liegt und Jesus heißt. Jesus, das bedeutet: Gott hilft. Gott hilft uns Menschen, weil er uns liebt. Gott will sogar den Menschen helfen, die voller Hass sind, für die Liebe und Versöhnung nur Fremdworte sind, Worte aus einer Sprache, die sie nicht verstehen. Und mit seiner Liebe verändert er diese Welt und unser Leben.

Wir feiern Advent. Es geht um Liebe und um das, was auf uns zukommt. Gott selbst kommt auf uns zu. Noch gehen wir auf das große Fest zu. Noch bereiten wir uns vor, auf das Fest der menschgewordenen Liebe. Gott möge uns dieses Fest segnen. Und auch dann, wenn das Fest gewesen ist, gehen wir weiter. Denn der Advent, das Kommen Jesu in unsere Welt, geht weiter, über diese Zeit hinaus. Jesus Christus, die menschgewordene Liebe, wird wiederkommen. Das ist unsere Hoffnung als Christen. Darum beten wir in jedem Vaterunser: „Dein Reich komme!“ Aber schon einige Christen in den ersten Jahren und Jahrzehnten nach der Auferstehung Jesu fragten: „Ja, und wann kommt er denn nun? Wir warten schon so lange! Hat Gott uns vergessen – oder kommt Jesus nun doch nicht wieder?“ Und heute lästern manche Kritiker unseres Glaubens: „Also, das ist doch wirklich Humbug und Unsinn. Wie kann man denn an so etwas glauben, an eine neue Ankunft, einen neuen Advent von Jesus!“ Ich sage euch: Gott sei Dank dürfen wir daran glauben und darauf hoffen. Denn das heißt doch: Gott gibt unsere Welt nicht verloren. Sie wird nicht so bleiben, wie sie jetzt ist. Das wäre doch wirklich zum Verzweifeln! Sollen etwa Vernunft und kluge Gedanken allein diese Welt verändern? Daran sind schon so viele gescheitert, und Vernunft und kluge Gedanken haben bald verloren, wenn Hass, Angst und Neid dazu kommen. Das erleben wir jetzt ja leider. Hass, Angst und Neid werden nicht durch Vernunft und kluge Gedanken, sondern nur durch die Liebe überwunden. Und wir dürfen ja auf Gottes Liebe hoffen. Diese Liebe kam in der Mitte der Zeit in unsere Welt. Diese Liebe hat  Hass, Verrat und sogar den Tod überwunden, als Jesus Christus am Ostermorgen von den Toten auferstand. Und diese Liebe wirkt weiter in unserer Welt und in unserem Leben. Gottes Liebe verändert weiter unsere Welt hin zum Guten. Und Gott möchte, dass auch wir miteinander liebevoll miteinander umgehen. Wir sollen darauf hoffen, und zugleich sollen wir in dieser Liebe jetzt auch leben. Die Menschen, die mit uns leben, sollen diese Liebe von uns spüren.

Damit wir gut miteinander leben können, hat Gott uns die Gebote gegeben. Diese Gebote sollen unser Miteinander regeln. Nun kann man leicht dahin kommen, und das ist im Laufe der Zeit immer wieder geschehen, dass Menschen sagen: „Also, ich erfülle wirklich jedes der Gebote. Ich mache das nicht und das nicht und das nicht.“ Dabei geht aber leider der Sinn, der Kern der Gebote verloren. Und darum holt Jesus den Kern der ganzen Gebote Gottes wieder hervor: Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten wie dich selbst. Die Liebe ist für ihn die Antwort auf die Fragen des Lebens. Die Gebote sind doch keine Schulden, die ich Gott gegenüber habe und die ich dann irgendwann abgezahlt habe. Die Gebote verstehe ich nur richtig, wenn ich bei jedem denke: Gott möchte mir damit helfen, dass ich liebevoll mit dem anderen umgehe. Davon schreibt auch Paulus in den Versen, die heute der Predigttext sind: „Die Liebe ist die Erfüllung des Gesetzes.“ Und weil die Liebe in unserem Glauben im Mittelpunkt steht, kann unser christlicher Weg auch niemals der der Einschüchterung, der Bomben und des Terrors sein. Wer das tut und sich auf Gott beruft, der glaubt an einen Gott des Hasses – aber das ist nicht unser Gott. „Die Liebe tut dem anderen nichts Böses.“ Denn nur so kann ich den anderen verändern. Es ist für Paulus ganz wichtig, dass wir das tun, denn die Zeit geht ja weiter. Und das heißt: Gott wirkt ja weiter in dieser Welt und in unserem Leben. „Die Nacht ist vorgerückt, der Tag aber nahe herbeigekommen.“  Und weil Gott weiter in unserem Leben mit seiner Liebe wirkt, darum sollen wir auch mit den Waffen des Lichts, mit Glauben, mit Liebe und Hoffnung in dieser Welt unterwegs sein. Dann wird unsere Welt heller werden. So wie Gott zu uns kommt, so sollen wir den anderen auch begegnen.

Gott ist ja längst in unser Leben gekommen in unserer Taufe. Da hat er das Band seiner Liebe zu uns geknüpft. Und Gott ist in unsere Welt gekommen als einer von uns, als ein Mensch. Er, der große, der mächtige Gott, der Weltenschöpfer und –herrscher, der macht sich ganz klein, um bei uns zu sein. Lest einmal die Bibel und seht darauf, wie oft Gott zu uns kommt:  Er liegt in der Krippe im Stall, er kommt nach Jerusalem, der König, der Gerechte und Helfer, er stirbt am Kreuz. So kommt er zu seinen Jüngern als der Auferstandene. Es ist immer Gott selbst, der kommt. Nicht wir müssen zu ihm, nein, er kommt dahin, wo wir sind. Er kommt, weil er uns liebt, trotz allem. Diese Liebe ist das Zeichen, an dem man die erkennt, die zu ihm gehören. Diese Liebe ist unsere Antwort auf das Dunkel dieser Welt.

Es ist Advent. Es geht um Liebe und um das, was auf uns zukommt. Es geht um Gott, um Christus und um seine Liebe zu uns. Und das allein gibt uns Hoffnung und Licht und Freude –für diese Zeit und weit darüber hinaus, bis ans Ende der Zeiten. Amen



Pastor Peter Schuchardt
25821 Bredstedt
E-Mail: pw-schuchardt@versanet.de

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