Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

2. Sonntag im Advent (Nikolaus), 06.12.2015

Predigt zu Matthäus 25:1-13 (dän Perikopenordn.), verfasst von Anne-Marie Nybo Mehlsen

 

Es ist ja nicht unmöglich. Es geschieht tatsächlich – und wir nennen es oft ein Wunder, ein Mirakel oder etwas tiefer gegriffen: ein Glück. Es geschieht, dass wir es schaffen, ohne ordentlich vorbereitet zu sein. Es geschieht obendrein, dass wir es überaus gut schaffen. Wenn wir improvisieren. Impulsiv sind. Die Notlösung zeigt eine unbekannte Qualität.

Aber das geschieht selten. Meistens, wenn wir nicht ordentlich vorbereitet sind, nicht wach sind, nicht klar im Kopf und die Dinge nicht im Griff haben, ist das nur ganz unangenehm, peinlich und misslungen.

Die Vorbereitungszeit geht auch ganz von selbst, auch wenn wir nicht das tun, was wir sollten, uns nicht vorbereiten, nicht auf die Zeit achten. Nun breitet sich eine gewisse Examensstimmung aus, ein Hauch von Zwischenprüfung, Gesellenprüfung, Deadline ….

Es kommt unbestreitbar darauf an, auf was man sich vorbereitet. Was das ist, für das man bereit sein soll.

Wir haben uns daran gewöhnt zuwarten. Aufeinander zu warten, darauf warten, dass die anderen Zeit haben, Zeit in Form einer Notiz im Kalender, die zeigt, dass dieser Termin für uns vorgemerkt ist. Nun geht es darum, ihn zu nutzen, denn er ist begrenzt, und wenn die Sache wichtig ist und die Zeit knapp, macht es keinen Sinn, unvorbereitet zu kommen und nicht zu wissen, was man mit der abgesprochenen Zeit anfangen soll, gemütliches Zusammensein, Gespräch, Umarmung ….. Wir sind es auch gewöhnt zu planen. Wir planen und arrangieren uns durch die Zeit.

Quickservice, Schnelldruck, E-Mail, Blitzboten, Eilpakete, Fastfood, Minutenpreis und Kiosk rund um die Uhr. Wir haben ein ganzes System von Instanzen entwickelt, die sich für uns beeilen, wenn es gilt. Wenn wir es kaum schaffen. In der nächsten Woche werden Illustrierte und Zeitungen seitenlang über das schnelle Weihnachten schreiben, Geschenke des letzten Augenblicks und all das, was du noch schnell vorbereiten kannst in aller Kürze. Wenn du nun einmal noch nicht weitergekommen bist als zu Überlegungen.

All dieser schnelle Service hat uns daran gewöhnt, dass wir alles doch noch schaffen. Es wird schon gehen. Eine Notlösung. Klar, die Wirtin bekommt keine feuchten Augen über einen Strauß von der Tankstelle oder Schokolade von Seven-eleven. Aber es kann nicht immer hausgemacht und original eingepackt sein

Aber es kommt wie gesagt zweifellos darauf an, auf was wir uns vorbereiten sollen. Ein Treffen mit dem Geliebten, eine Hochzeit werden nicht leichthändig vorbereitet nach dem Prinzip: schon gut so. Es ist ein Teil der Freude, sie vorzubereiten und mit ihr schwanger zu sein, zu merken, wie die Freude wächst, geduldig, sanftmütig. Nicht die Hoffnung abzulegen, sondern uns in sie immer zu vertiefen, sie am Leben zu erhalten.

Das bedeutet nicht, dass wir weltfremd herumlaufen, begraben in unserem jeweiligen Luftschloss über das, was einmal geschehen wird. Die echte Hoffnung, der wahre Mut, die starke lebendige Erwartung sieht alles um sich und sieht es als Wegweiser, Hilfe, als einen Teil der Vorbereitung. Alles wird gesehen im Lichte dessen, was kommt, was unterwegs ist. Frag nur das kommende Brautpaar oder die werdenden Eltern oder den, der die ganze Familie zu Weihnachten bei sich erwartet – auch die, die weit weg sind und die man lange nicht gesehen hat …

Unsere Fähigkeit zu hoffen und zu erwarten treibt uns an, macht, dass wir uns strecken und aufrichten, so dass wir wachsen und klug, listig, voraussehend und gut vorbereitet werden. Dazu gehört Phantasie. Einbildungskraft. Hochkarätige Tagträume, nicht Luftschlösser, sondern ein klarer Blick für das war verlangt wird, was dem Ziel dient.

Menschen haben Hunger, Not, Armut, Folter, Gefangenschaft, Wüstenwanderungen, Schiffbruch und den Verlust der Fähigkeit zu hoffe überlebt. Der Mensch hat die sublimste Kunst geschaffen, das Schönste, fast Übernatürliche in Hoffnung und Erwartung.

Die Wartezeit kann lang sein, das weiß jedes Kind. Die Klugen sind vorausschauend und rüsten sich mit Geduld und Vorrat, mit Öl für die Lampe, sie sammeln sich von dem was das Licht der Hoffnung am Leben erhält. Ihr tut das gerade jetzt, sammelt Brennstoff, nährt Hoffnung, stärkt die Erwartung und die Freude auf Weinachten, das zu uns bald kommt, unbekannt, aber wohlvorbereitet.

Wir werden von dem erfüllt und bestimmt, worauf wir hoffen. Wir erhalten Mut von dem, worauf wir unsere Hoffnung gesetzt haben. Die Hoffnung gibt uns unterwegs Aufgaben, Vorbereitungen in der Zwischenzeit, kleine Schritte, wir gehen schrittweise und gehen der Erwartung entgegen.

Aber was ist das nun mit den törichten Jungfrauen, die nicht mitkamen? Wir sollten ja gerne drinnen enden, erzähl uns also nun, was das für ein Öl ist, von dem wir uns genügend Vorrat verschaffen sollen.

Wir sind geneigt, das Gleichnis so zu hören, als handelte es nur von uns als Brautjungfern – und werden ganz blass bei dem Gedanken, dass er da kluge und törichte gibt, drinnen und draußen. Was nun, wenn wir schließlich vor einer verschlossenen Tür stehen? Und wie ein Fest feiern, wenn draußen Leute stehen und anklopfen?

Jesus sagt, das Himmelreich ist auch wie die zehn Brautjungfern – und dann fällt ein ganz anderes Licht auf die erschreckenden Worte. Denn das Himmelreich ist dann der Ort, der von Licht und Freude erfüllt ist, wo nur die Guten einen Platz haben. Etwas muss draußen bleiben. Die Finsternis hat keinen Platz im, Festsaal des Lichts.

Aber „etwas“, nicht „jemand“, ist etwas anderes. Könnte es sein, dass die Trennlinie mitten durch uns selbst hindurch geht – so dass das Finstere, das Böse vor die Tür gejagt wird und dort ein für alle Mal hingesetzt wird, so dass die Freude im Himmelreich ungeteilt ist?

Das ist wahrlich ein weihnachtliches Reinemachen. Und vielleicht sollen wir damit gar nicht warten. Vielleicht sind wir mitten drin, gerade erwacht? Vielleicht ist dies etwas, was sich täglich wiederholt?

Täglich? Die wenigsten von uns begnügen sich mit einem Bad oder einem Reinemachen im Jahr, wir bevorzugen die laufende, beständige Wiederholung. Jeder Tag ist wichtig in der Zwischenzeit!

Auf dem wunder baren Weihnachtsbild des Isenheimer Altars mit Maria und dem Jesuskind befindet sich eine Kanne mit Öl – so wunderbar klar und leuchtend gemalt, als sei es ein Edelstein. Die Sonne scheint in ihr zu leuchten, und von ihr aus, als wäre das Licht aufgesogen vom Öl, aufgespart, so dass das Licht nun aus der kleinen Kanne strahlt. Vielleicht ist das die Art und Weise des Künstlers zu erzählen, dass Christus das Licht ist – und das dies Licht uns durchleuchtet und alle Finsternis, auch die Finsternis in uns, verjagt.

Es gibt einen Grund für unsere Freude auf Weihnachten. Es gibt einen Grund für den üppigen Schmuck, die endlosen Vorbereitungen. Es gibt einen Grund, aufzuräumen und sauberzumachen für Weihnachten. Etwas soll gerne draußen bleiben zum Fest, damit die Freude dort drinnen vollkommen sein kann.

Es ist etwas banal und primitiv, dies auf Personen zu beziehen und die fünf törichten Brautjungfern selbstverständlich mit anderen Menschen zu identifizieren, denen die alles schleifen ließen und die sich nicht zusammengerissen haben und jetzt wie üblich fünf Minuten nach Ladenschluss zum Seven-eleven laufen.

Gott hat ein für alle Mal das Böse, die Finsternis, den Tod vor die Tür gesetzt. Der Bräutigam ist der, der die Geschichte erzählt, und er hat eine Vergangenheit und eine Zukunft mit den Brautjungfern. Er ist nicht lau oder kalt, sondern brennt mit der vollen Kraft seiner Liebe das Neue in uns ein, er jagt die Schatten fort.

Das Böse, die Finsternis und den Tod vor die Tür zu setzen, das soll auch mit uns geschehen, in uns. Das ist ja nicht nur etwas, was es außerhalb von uns gibt. Es muss gereinigt, verworfen, geläutert und erleuchtet werden in uns. Es ist ein Teil der Vorbereitung, sich bereit zu machen. Nicht nur heute, als wäre das ein jährliches Weihnachtsbad, sondern jeden Tag. Das ist beine Wiederholung, eine Erwartung der Begegnung mit Gott, der immer und jeden Tag zu uns kommt.

Es kommt ein Tag, wo die Wartezeit vorbei ist. Wo die Worte, die sich in unsere Sprache wie Lebensfeinde einschneiden: „niemals“, „unmöglich“ und „ohne“, nichtmehr sein werden. Es kommt ein Tag, wo wir eins werden mit Christus – und Glaube, Hoffnung und Liebe eine Heimat finden. Ein Tag für die Begegnung - die Vereinigung. Ein Tag, wo alle diese nervöse Vorschlusspanik vorbei ist und wo Seven-eleven und alle traurigen Kompromisse endgültig überflüssig sind. Ein Tag, wo Christus alles in allen ist. Amen.

 



Pastorin Anne-Marie Nybo Mehlsen
DK-4100 Ringsted
E-Mail: amnm(a)km.dk

(zurück zum Seitenanfang)