Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Christfest I, 25.12.2015

Predigt zu Titus 3:4-7, verfasst von Hilmar Menke

 
 

Viele große, bedeutungsschwere, theologische Wörter in diesem Abschnitt: "Werke der Gerechtigkeit" und "Bad der Wiedergeburt", "Erneuerung im Heiligen Geist" und "Erben des ewigen Lebens", "Barmherzigkeit" und "Seligkeit"- schwere Worte auch für unser Verstehen und Begreifen - und daneben ein unscheinbares Wort, das doch für den Apostel in diesem Brief eine besondere Bedeutung hat: "es erschien"..
Es erschien mir so oder so - es erschien mir angebracht - so sagt man wohl - ein nicht nur unscheinbares Wörtchen - ein Wort  auch, das eher Unsicherheit ausdrückt, ein wenig vage und verschwommen - nicht ganz eindeutig.

Ganz anders, wenn der Apostel es gebraucht - wenn wir es hören und bedenken angesichts der Weihnachtsbotschaft.
Da erscheint der Bote Gottes der Maria, und ihr wird  deutlich, wozu sie von Gott berufen ist: "Siehe, ich bin des Herrn Magd; mir geschehe wie du gesagt hast"- das ist ihre Antwort.
Den Hirten auf den Feldern erscheinen Gottes Engel "und die Klarheit des Herrn umleuchtete sie"- klar wird ihnen alles und eindeutig - selbst ihr Erschrecken zeigt noch, dass sie die Nähe Gottes gespürt haben: "Lasst uns nun gehen nach Bethlehem" - das ist ihre Antwort mit der sie sich auf den Weg machen, das Wunder zu sehen und davon zu sagen.

Ein Stern erscheint den Weisen im Osten - und sie haben so wenig Zweifel daran, dass hier entscheidendes für Mensch und Welt geschehen soll, dass sie sich auf den langen, unsicheren Weg zum unbekannten Ziel machen...

Was zuvor dunkel war, wird hell - was zuvor verschwommen erschien, wird durchsichtig - was zuvor getrübt war wird klar...
Und das, was da erscheint, klar wird, deutlich, das sagt der Apostel trotz all der schweren Worte mit ganz einfachen Worten: Die "Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes, unseres Heilands" -so groß ist seine Menschenliebe, dass er selbst Mensch wird - so groß seine Freundlichkeit, dass er nicht als Herrscher kommt, vor dem man sich fürchten könnte, sondern als neugeborenes Kind, dem man eigentlich nur freundlich begegnen kann...

Wenn da nicht auch das wäre, was uns berichtet wird von Herodes und den Seinen - denen erscheint selbst dieses Kind als eine Gefahr, ein Angriff  Gottes auf ihre Position, ihre Macht und ihre Machenschaften - sie sind und bleiben - sehr vorsichtig gesagt "unfreundlich" und statt Menschenliebe beherrscht sie Menschenverachtung.

Ja, das alles gab es auch angesichts der Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes - und auch heute bringen wir Menschen es fertig, Gottes Liebe nicht erscheinen zu lassen in unserem Leben und in unserer Welt - nicht immer absichtlich und oft in der besten Absicht; selbst das, was für uns die Weihnachtszeit prägt hat ja immer mehrere Seiten:
Wir versuchen, unseren Mitmenschen freundlich zu begegnen - und selten "geht man sich mehr auf die Nerven" als im Trubel der Vorbereitungen und im Anspruch der Festtage - wir wollen Freude machen - aber Advents - und Weihnachtsfeiern ersetzen doch nicht den Besuch, das Gespräch, das persönliche Wort, die menschliche Nahe - wir beschenken uns (und tun es gern) - und Geschenke sind doch kein Ersatz für Zuwendung und Zuneigung und ihre Zeichen im Alltag, für die Zeit, die wir füreinander eigentlich brauchten - wir sind bereitwillig mit unseren Gaben für Notleidende in aller Welt - und übersehen doch oft die Not vor unserer Tür ,sehen über die Fremden hinweg, die bei uns leben, und manchmal auch auf sie herab
Das Erscheinen der Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes lässt eben beides deutlicher erscheinen: Licht und Schatten - auch in mir selbst und in dem was ich will - und in dem, was ich zustande bringe, in dem was ich beabsichtige - und in dem, was daraus wird...

Es ist darum so gut, dass Gottes Liebe erscheint - „nicht um der Werke der Gerechtigkeit willen, die wir getan hatten"- so der Apostel.

Für ihn jedenfalls ist es klar: Wenn es nach den "Werken” des Menschen gegangen wäre - dann wäre bestenfalls überhaupt nichts erschienen - und wenn doch, dann wohl Gottes Zorn. Nichts haben wir dafür getan - nichts können wir dafür tun - "nach seiner Barmherzigkeit" ist das alles geschehen, es ist Gabe, Geschenk - nichts sonst! Gabe, Geschenk, unverdient - und sogar ungewollt! Trotz allem hat sich Gott uns selbst geschenkt - ist erschienen - und dies sein
Erscheinen hat die Welt verändert, selbst wenn oft alles beim Alten geblieben zu sein scheint - Gott ist in der Welt - nichts und niemand kann daran etwas ändern, kann das rückgängig machen - und selbst durch alles, was Menschen absichtlich oder fahrlässig tun, wodurch das Licht der Weihnacht verdunkelt, die Freundlichkeit und Menschenliebe Gottes entstellt werden kann - selbst durch das alles bricht sich die Klarheit Gottes immer wieder Bahn, setzt sich die Freundlichkeit durch - erscheint die Menschenliebe vor aller Augen - beleuchtet alles, was ich tue und lasse in jedem Augenblick - auch wenn ich die Augen schließe - zeigt Licht und Schatten in aller Deutlichkeit.

An ein Zeichen erinnert der Apostel - ein Zeichen, das nicht gebunden ist an die Festtage, nicht beschränkt auf Weihnachten - ein Zeichen, das zeigt, dass Freundlichkeit und Liebe Gottes an jedem Tag unseres Lebens für uns und mit uns ist: "Das Bad der Wiedergeburt und Erneuerung im Heiligen Geist" nennt es Paulus - die Taufe, in der dem Menschen - ja auch gerade dem neugeborenen Menschen die Liebe persönlich zugesprochen wird im Namen des neugeborenen Kindes von Bethlehem. Und gerade in der Taufe so kleiner Kinder wird ja noch einmal unübertrefflich - meine ich- deutlich, dass Gottes Liebe ohne Vorleistung, ohne die "Werke des Gesetzes" zu uns kommt.

Dem Apostel ist das sehr wichtig - aber genauso wichtig ist es ihm, nun deutlich zu machen, dass "Gute Werke" zwar keinesfalls Vorbedingung sein dürfen und können - dass sie aber Folge sein sollen. Er schreibt: "Ich will, dass du dies mit Ernst lehrst, damit alle, die zum Glauben an Gott gekommen sind, darauf bedacht sind, sich mit guten Werken hervorzutun". Und für die, die noch eine Begründung gebrauchen - nach all dem - fügt er hinzu: "Das ist gut und nützt den Menschen".

Wenn doch in meinem Leben, in meinem Tun und Lassen, Reden und Handeln immer etwas erscheinen wurde von der Liebe Gottes, die Weihnachten allen Menschen ein für alle mal erschienen ist. Amen.

 



Superintendent i.R. Hilmar Menke
21781 Cadenberge
E-Mail: hhfjmenke@aol.com

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