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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Karsamstag, 26.03.2016

Glaube trotz Leid und Tod
Predigt zu 1. Petrus 3:18-22, verfasst von Hans-Otto Gade

Liebe Gemeinde,

vor vielen Jahren stellte sich mal wieder die Frage, die in jedem Konfirmandenjahrgang Eltern, Konfirmanden und Pastor bewegt: Wann können und sollen die noch nicht getauften Konfirmanden getauft werden? Schließlich ist ja die Konfirmation die Bestätigung der eigenen Taufe, also das JA der Konfirmandinnen und Konfirmanden zu ihrer Taufe, die zumeist im Kleinkindalter erfolgte. Also: Die Taufe steht vor der Konfirmation.

Meine damals verwegene Idee auf einem Konfirmanden-Elternabend: „Lasst uns die noch nicht getauften Konfirmanden in der Osternacht taufen, die wir ganz neu in unserer Gemeinde feiern werden! Der Gottesdienst beginnt um 23 Uhr und die Taufen wäre so ungefähr um Mitternacht!“

Die Konfirmandinnen und Konfirmanden waren sofort Feuer und Flamme; die Eltern konnten sich für diese Idee auch begeistern, aber sie waren um den Nachtschlaf ihrer Kinder besorgt: „Warum wird denn dieser Gottesdienst so spät gefeiert? Früher am Abend fänden wir das besser!“

 

Es war nicht ganz einfach, den Eltern und Konfirmanden den Unterschied zwischen der Osternacht und Karsamstag zu erklären. Zwei völlig unterschiedliche Feiertage, zwei völlig unterschiedliche Gottesdienste:

Der Karsamstag, das ist der Tag zwischen Karfreitag und Ostern, zwischen Kreuzigung und Auferstehung; Karsamstag: der Tag der Trauer, der Tag im Dunkel, der Tag des Gedenkens an Jesus Christus und sein Kreuz vom Karfreitag.

 

Die Osternacht jedoch beginnt in völligem Dunkel und ohne festliche Musik. Aus dem Dunkel heraus führt sie hinein in das Licht und den Jubel des Ostermorgens, hinein in das Licht des Sieges Jesu Christi über den Tod.

 

Aber so weit sind wir noch nicht. Wir feiern heute den Tag zwischen Tod und Leben, den Tag, an dem Jesus im Grabe lag – oder?

Im 1. Petrus-Brief lesen wir im 3. Kapitel:

 

18 Denn auch Christus hat "einmal" für die Sünden gelitten, der Gerechte für die Ungerechten, damit er euch zu Gott führte, und ist getötet nach dem Fleisch, aber lebendig gemacht nach dem Geist.

19 In ihm ist er auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis,

20 die einst ungehorsam waren, als Gott harrte und Geduld hatte zur Zeit Noahs, als man die Arche baute, in der wenige, nämlich acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch.

21 Das ist ein Vorbild der Taufe, die jetzt auch euch rettet. Denn in ihr wird nicht der Schmutz vom Leib abgewaschen, sondern wir bitten Gott um ein gutes Gewissen, durch die Auferstehung Jesu Christi,

22 welcher ist zur Rechten Gottes, aufgefahren gen Himmel, und es sind ihm untertan die Engel und die Gewaltigen und die Mächte. Amen

 

Dieser Petrusbrief schreibt aus der Rückschau. Er schreibt „von Ostern her“. Die Botschaft von Ostern, der Sieg Christi über den Tod bestimmt den Glauben, das Vertrauen der Christen. Diesen Glauben fasst dieser Petrusbrief zusammen mit diesem Christuslied.

Viele Sätze kennen wir aus dem Glaubensbekenntnis, aus dem II. Artikel: „Ich glaube an Jesus Christus..“ Dieser Abschnitt aus dem 1. Petrus-Brief beginnt mit dem Satz, dass Christus für die Sünden gelitten hat, damit er die Christen zu Gott führe durch das Leiden hindurch, dass in damaliger Zeit auch viele Christen ertragen mussten. Der Sinn des Leidens, vor allem des Leidens und Sterbens Jesu Christi ist also, dass dadurch die Christen zu Gott geführt werden.

Aber nach dem Tod am Kreuz ist … er auch hingegangen und hat gepredigt den Geistern im Gefängnis, die einst ungehorsam waren, als Gott harrte und Geduld hatte zur Zeit Noahs, als man die Arche baute.

Eine alte Vorstellung wird hier lebendig, dass die Menschen, die vor dem Kommen Jesu Christi gestorben sind, im Tode wie in einem Gefängnis verwahrt werden. Diese Toten im Gefängnis, die werden von Christus aufgesucht; sogar die Menschen, die zuzeiten des Noah ungehorsam gegenüber Gott waren und deswegen umkommen mussten.

Zu all diesen – so dieser Predigttext – ist Christus hinabgestiegen und hat ihnen gepredigt. Das ist neu, das ist die neue frohe Botschaft der Christen: Sogar die Menschen, die vor Noah und zu seiner Zeit lebten und durch die Sintflut umgekommen sind, sogar diese Toten werden von Christus erreicht!

Hinabgestiegen in das Reich des Todes – nur diese eine Belegstelle gibt es dafür im ganzen Neuen Testament – eben nur hier. Und trotz dieses spärlichen Nachweises ist auch heute noch dieser Satz Bestandteil unseres Glaubensbekenntnisses: …hinabgestiegen in das Reich des Todes …

 

Aus diesem Gefängnis, aus diesem Reich des Todes hebt sich das Leben bis zum Himmel. Erinnert wird zunächst an die Rettung des Noah und seiner Familie:

zur Zeit Noahs, als man die Arche baute, in der wenige, nämlich acht Seelen, gerettet wurden durchs Wasser hindurch.

 

Dieser Gedanke wird aufgenommen – Wasser, das einstmals zuzeiten des Noah bedrohend und vernichtend wirkte, wird jetzt zu einem Element des Lebens: Das ist ein Vorbild der Taufe, die jetzt auch euch rettet. Denn in ihr wird nicht der Schmutz vom Leib abgewaschen, sondern wir bitten Gott um ein gutes Gewissen, durch die Auferstehung Jesu Christi.

 

Durch die Taufe werden aus Menschen Christen – Christenmenschen, die ihre Hoffnung und ihr Vertrauen ganz auf Gott setzen.

Die Taufe war und ist also die Rettung für die Christen. Aber nicht als magischer Akt, der ganz automatisch durch die Verwendung von Wasser alle menschliche Schlechtigkeiten abwäscht. Deswegen schreibt unser Bibeltext, dass wir Christen mit der Taufe Gott um ein gutes Gewissen bitten – durch die Auferstehung Jesu Christi. Die Taufe ist also quasi ein Gebet, ausgesprochen, ausgedrückt durch eine Handlung, die (damals) den ganzen Körper eines Menschen umfasste.

 

Luther hat diesen Umstand ganz richtig, kurz und treffend in seinem Kleinen Katechismus aufgeschrieben:

 

Die Taufe ist nicht allein schlicht Wasser, sondern sie ist das Wasser in Gottes Gebot gefasset und mit Gottes Wort verbunden….

 

Wasser tuts freilich nicht, sondern das Wort Gottes, so mit und bei dem Wasser ist, und der Glaube, so solchem Worte Gottes im Wasser trauet. Denn ohne Gottes Wort ist das Wasser schlicht Wasser und keine Taufe; aber mit dem Worte Gottes ist es eine Taufe, das ist ein gnadenreich Wasser des Lebens und ein Bad der neuen Geburt im Heiligen Geist.

Ein Hymnus, ein Lied, ein Credo, ein Glaubensbekenntnis ist dieser Abschnitt aus dem Dritten Kapitel des 1. Petrus-Briefes. Ein Bekenntnis des Glaubens, wie wir Christen es seit über 1600 Jahren sprechen: Jesus Christus: Gelitten - Gestorben – Hinabgestiegen zu den Toten – Taufe – Auferstehung - Ewiges Leben.

Wir sprechen und bedenken dieses Glaubensbekenntnis an einem Tag der Trauer, am Karsamstag, an dem wir des toten Jesus von Nazareth gedenken. Dieser Tod begleitet uns ein Christenleben lang, durch das Kreuz von Golgatha, das über unseren Kirchen und auf unseren Altären steht. Und trotzdem bekennen wir angesichts des Leidens und des Todes unseren Glauben und unsere Hoffnung: Letztendlich hat Jesus Christus das Leid und den Tod überwunden. Schlussendlich winkt uns die Geborgenheit in Gottes Hand, aus der wir nie fallen – in keiner Sekunde unseres Lebens.

 

Gerade höre ich – während ich am PC sitze und diese Predigt schreibe – gerade höre ich von den Terror-Anschlägen in Brüssel. Am Flughafen und in der Metro hat es Explosionen gegeben mit mehreren Todesopfern. Mehr weiß ich jetzt noch nicht, aber ich weiß, dass in der Folge dieser Anschläge sehr viel persönliches Leid und persönliche Trauer da sein wird bei den trauernden Angehörigen, bei all denen, die durch diesen Krieg zwischen extremen Muslimen und unserer westlichen, christlichen Welt liebe Menschen verloren haben.

 

Sind wir auch bereit, im Leid, in der Trauer, in der Nähe des Todes, die uns alle irgendwann in irgend einer Weise berührt, ein Glaubenslied zu singen? Sind wir auch bereit, wie die Christen in den ersten Jahrzehnten nach dem Tode Jesu von Nazareth trotz des Todes Jesu an seinen Sieg über den Tod zu glauben und trotz allem voller Hoffnung ein Glaubens-Bekenntnis zu sprechen und zu singen?

 

Ich wünsche mir und uns allen diese Kraft, diese Stärke, gerade an den finsteren Tagen wie dieser Karsamstag nun einmal ist, aufgrund unserer Taufe mit Freude vom Sieg des Christus über Leid und Tod zu singen:

 

In dir ist Freude in allem Leide,

o du süßer Jesu Christ!

Durch dich wir haben himmlische Gaben,

du der wahre Heiland bist;

hilfest von Schanden, rettest von Banden.

Wer dir vertrauet, hat wohl gebauet,

wird ewig bleiben. Halleluja.

Zu deiner Güte steht unser G'müte,

an dir wir kleben im Tod und Leben;

nichts kann uns scheiden. Halleluja.

 

Wenn wir dich haben, kann uns nicht schaden

Teufel, Welt, Sünd oder Tod;

du hast's in Händen, kannst alles wenden,

wie nur heißen mag die Not.

Drum wir dich ehren, dein Lob vermehren

mit hellem Schalle, freuen uns alle

zu dieser Stunde. Halleluja.

Wir jubilieren und triumphieren,

lieben und loben dein Macht dort droben

mit Herz und Munde. Halleluja.

 

Amen

 

 



Pastor i.R. Hans-Otto Gade
Buxtehude
E-Mail: hans-otto.gade@ewetel.net

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