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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Ostermontag, 28.03.2016

Predigt zu Lukas 24:13-35, verfasst von Jörg Coburger

Bildpredigt

über das Bild „EMMAUS“ von Frank Jäger ( Dortmund )

( 2013, Öl auf Leinwand, 80x100cm,

copyrights: J. Coburger; Foto: Martin Kempe, Dittersdorf )

 

( Zu Beginn liegt allen eine Bildkopie im Postkartenformat 10x15mm vor. Der Gottesdienst findet morgens in der Weißbacher Dorfkirche statt, auf einer Staffelei steht das Originalbild. Da auch diese Kirche geostet ist, trifft das Morgenlicht von rechts auf die Fläche. Selbstverständlich ist die Gemeinde zum Abendmahl geladen. )

 

 

 

Ein Augenblick. Ein Anhalten. Ewigkeit in der Zeit. Der Blick geht frei aus dem Bild heraus in den offenen Raum. Zu uns.

 

Im Barock hätte Christus uns anblicken müssen. Doch schon vorher bei Cranach und vielen nach ihm verfolgen uns Blicke, besonders bei Porträts, wohin wir auch gehen, mitwandernde Blicke, mitblickende Wanderer. Der hier ins Offene blickende Christus sucht das DU, sein Gegenüber.

Der direkte Blick hinterlässt in biblischen Szenen zu schnell einen rein pädagogischen, gar gängelnden Eindruck. So zieht der Maler Frank Jäger uns hinein in das offene Bild.

 

 

Der Auferstandene und zwei der Jünger, deren Namen Lukas zunächst nicht benennen muss.

Frank Jäger sagte mir, von Rembrandt habe er die Psychologie des Bildes verstanden, da gibt es viele Zeichnungen vom verlorenen Sohn, der Blick des Vaters in die Gegenwart, den Sohn ans Herz gedrückt, ist dort ebenso, die Komposition sollte auch so sein.

 

Christus in der Mitte, mit dem noch ungeteilten Brot. Schon haben sie ihn zum Bleiben eingeladen. Noch sind die Augen gehalten. Bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.

 

Es ist der Augenblick davor. Gerade hatten sie ihre Herzen ausgeschüttet, eben hatten sie ihm den Scherbenhaufen ihres Lebens vor die Füße geworfen. „Und du bist der Einzige, der von alledem trotz alledem nichts weiß...?“

 

Wir erkennen ihn nicht. Es sei denn, er gibt sich uns zu erkennen. Die Tür zu ihm geht nur von innen auf.

 

Das kennen wir beim Evangelisten Lukas. Schon einmal ( Lukas 10,38-42 ) haben wir erfahren:

Der Gast wird zum Gastgeber, die Bewirtung wandelt sich. Maria und Martha sind in Wirklichkeit Gäste bei ihm und mit dem Wort vom Guten Teil will er auch für Martha „das gute ( Erb)Teil“ das ihr nicht genommen werden soll.

 

In Emmaus findet ein Gottesdienst statt. Die beiden, später erfahren wir den einen Namen, nämlich Kleopas, sind Gäste des Auferstandenen. Kyrie und Gloria, Klage und Lob, Wort Gottes und Auslegung, Gemeinschaft unter Brot und Wein, Gemeinschaft mit dem Auferstandenen, Sendung und Segen, Auftrag und Bevollmächtigung.

 

Frank Jäger erzählt. Holzschnittartig. Sechs von sieben Teilen des Bildes sind nicht sichtbar, wie bei einem Eisberg unter Wasser. Nur die „Spitze“ schaut heraus. Der Auferstandene mit dem Brot. Wer Lukas 24 nicht kennte, müsste ganz unweigerlich diesen Abschnitt suchen und das, was geschah, wissen wollen.

 

Frank Jäger malt einen Augenblick, keine gedehnte Zeit wie wir das z.B. oft bei Pieter Bruegel finden. ( „Die Bauernhochzeit“; „Kinderspiele“ ) Er malt einen Bibel- Vers, den es mit Worten so bei Lukas gar nicht gibt. Jäger malt als ein guter Übersetzer zwischen den Zeilen. Oder als ein Komponist, der eine Generalpause einbaut. Diese Paus ist das Bild. Er malt zwischen Vers 29 „Bleibe bei uns…“und Vers 30 „Und es geschah, als er mit ihnen zu Tisch saß, nahm er das Brot, dankte und brach`s und gab es ihnen. Da wurden ihre Augen aufgetan.“

 

Und sie erkannten ihn. Er gibt sich zu erkennen. Das Jetzt kommt aus dem Früher. Die Alten sagen „Anamnese“ dazu. Vergegenwärtigung. Jetzt wird es Gegenwart. Eben nicht bloße „Erinnerung“. Erinnerung ist eine schöne Lügnerin. Das Abendmahl ist nichts Sentimentales. Aber Gedächtnis und Verwandlung. Der Auferstandene hat ein Gegenüber: Dich!

 

Im Brotbrechen haben wir nicht mit etwas zu tun, sondern mit dem Auferstandenen selbst. Es ist Gemeinschaft mit ihm und so wird es auch zu einer Gemeinschaft untereinander. Noch ist kein Staunen, noch kein Aufbruch, noch denkt niemand nach: Brannte nicht unser Herz…

 

Es ist der Augenblick von Bitterkeit und Skepsis. Wer wälzt uns den Stein vom Grab?

Aus der Bildmitte entsteht die Perspektive der Hoffnung, mitten in Klage und Trauer. Es ist ein Bild auf der Schwelle zwischen zwei Räumen: Ich glaube Herr, hilf meinem Unglauben. Sehnsucht und Gefangensein. Was alle Ereignisse der letzten Tage in Jerusalem wirklich und in Wahrheit waren, wird sich noch weisen. Der Herr ist auferstanden. Und jetzt und hier haben wir Gemeinschaft mit ihm, wenn wir ihn einladen, aufnehmen in uns und unter uns. Es geschieht, nicht nur symbolisch, sondern existentiell. Wer eine alte Geschichte von früher suchte, wäre umsonst gekommen. Der Auferstandene besiegt Tränen und Angst, das Nichtsehenkönnen, unseren Unverstand, unser Fliehenwollen. Wir sind Gäste an seinem Tisch. Und er wird auch uns verwandeln. Das beginnt mit der Bitte um seine Gegenwart. Wir hatten ihn freilich eingeladen. Überrascht hat er uns als ein Unerwarteter.

 

 

 

( Nun wird das Evangelium Lukas 24, 13- 35 gelesen. )

 

Es folgt eine Zeit der Stille, dann:

 

Gebet nach dem Evangelium

 

Herr Christus Jesus

Auch wir sind trägen Herzens und blind.

Erleuchte uns mit dem Glanz deiner Wahrheit. 24,24

Lass deine ganze weltweite Kirche ein Abglanz deiner Liebe sein,

fülle unseren Mangel aus. Sieh Herr nicht auf unseren Unglauben,

sie vielmehr auf den Glauben deiner Kirche.

 

Herr Christus Jesus

Auch wir erflehen deine Gegenwart, dass du bei uns bleibest 24,29

Herr bleibe bei uns, denn ohne dich können wir nichts tun.

Bewahre uns vor Eigenmächtigkeiten und Hysterie. Lass, wenn der Gegenwind kommt uns Segel bauen und nicht Mauern.

 

Herr Christus Jesus

Auch uns mögen Worte, Töne und Bilder der Verkündigung wie Geschwätz vorkommen und wir glauben ihnen nicht. 24,31 Erbarme dich aller Skepsis, sieh unser Fliehen vor dir, mache uns offen und mündig, dass wir die Geister unterscheiden lernen.

 

Herr Christus Jesus

Auch wir kehren aus Gottesdiensten und Rüstzeiten, Bibelstunden und Gesprächen mit brennenden Herzen zurück und erzählen dich erstaunt als den Lebendigen. 24,32 Wenn unsere Herzen brennen, dann gib uns Menschen zur Seite, die unsere Gaben fördern, damit dadurch deine Gemeinde gebaut werde.

 

Herr Christus Jesus

Auch wir brechen auf und kehren um und erzählen von deiner Auferstehung. 24,33

Wir bitten dich Herr um die Universitäten und Ausbildungsstätten. Dass überall in Vollmacht und Klarheit gelehrt wird. Rüste aus Herr, du die sendest.

 

Herr Christus Jesus

Auch wir schließen die Türen aus Angst und Unsicherheit zu. 24,44

Mache uns frei Herr, wenn wir uns verstecken wollen, wenn wir als Kirche

kleinlaut werden, uns gar des Evangeliums schämen vor anderen.

 

Herr Christus Jesus

Auch wir brauchen den Geist, der uns die Schrift auslegt, Mose, die Psalmen und die Propheten. 24,44 Schenke doch Erkenntnis und Glauben, lehre du uns selbst, Heiland und Erlöser mit der Kraft des Heiligen Geistes.

 

Auch wir sind gerufen von dir zum Zeugnis deiner Auferstehung 24,48

Hilf uns in Diakonie und Gebet, mit unseren Mündern und Händen Zuwendung zu den Menschen zu tragen, dass sich nicht die Gewalttäter und Spötter durchsetzen, sondern die Besonnenen und Barmherzigen.

 

 



Pfarrer Jörg Coburger
Amtsberg/ OT Weissbach
E-Mail: joerg.coburger@gmx.de

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