Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Himmelfahrt, 05.05.2016

Predigt zu Lukas 24:46-53 (dänische Perikopenordnung), verfasst von Lasse Rødsgaard Lauesen

Sie warf sich auf das Sofa. Sie war gerade aus der Kirche nach Hause gekommen, das Brausen der Orgel klang noch immer in ihren Ohren. Sie kam hin und wieder in die Kirche, wenn die Beine sie zum Gottesdienst führten, wie an diesem Himmelfahrtstag. Die gesegnete Freude des Tages konnte nicht einmal durch die Worte des Pastors gestört werden, dass Jesus der Erlöser sei, der uns aus dieser finsteren Welt führen werde. Sie fühlte sich im Frühjahr heimisch und in all dem gesegneten Licht, das alles zum Leben erweckte, davon wollte sie nicht erlöst werden.

Auf dem Heimweg war der Frühling ihr in die Augen gesprungen. Und war ihr gefolgt, mit einem letzten Reiz in der Nase von neugemähtem Gras. Selbst hier auf dem Sofa fand ein Sonnenstrahl ihr Gesicht und ließ es erstrahlen. Das Ohr verlangte nach etwas mehr Musik, helle schwedische Töne. Sie fand Lisa Ekdahls „Bortom det blå“ (Fort ins Blaue), und die hoffte, die Stimmung zu treffen.

Heraus kamen die Worte: „Ich sah einen Mann ins Meer gehen, ich fragte ihn, wo er hin wollte. Er sagte: Ich gehe dorthin, wo mich die Beine tragen, schwerer braucht das nicht zu sein. Er sprach vom Himmel und vom Meer, er wählte die üblichsten Worte. Aber die Worte erhielten Leben, als sie aus seinem Munde kamen, ja es war, würde ich plötzlich verstehen; dass wir viele sind, die vom Himmel reden, aber wenige können eine Ewigkeit verstehen. Ich sah einen Mann, der trug den Himmel in sich, aber wo er jetzt ist, weiß niemand“.

Die Worte bekamen Leben, als sie aus seinem Munde kamen, sang sie und wurde zurück in den Gottesdienst getragen. Die Worte hatten ja in seinem Mund Leben erhalten. Als Jesus mit den Jüngern umherzog und mit ihnen mit einer Mündigkeit, die niemand zuvor gekannt hatte. Er hatte die üblichen Worte benutzt, aber in seinem Munde wurden die Worte zu etwas, von dem die Jünger den Rest ihres Lebens sprachen. Gewöhnliche Worte, die Licht in das Leben der Jünger brachten und sie durch die Gefahren des Lebens wandern ließen, als wäre es ein Frühjahrstag. Dass so allgemeine Worte das gewöhnliche Leben so blühen und wachsen lassen und in den Himmel reichen können. Über dem Sofa hang ein Plakat mit der Mondlandung von 1969, und sie dachte an die Fernsehbilder mit den Astronauten, die in einem anderen Raum weg von der Erde plötzlich schwerelos waren und frühlingsmunter auf der trockenen Oberfläche des Mondes herumhüpften. Sie hatte es etwas ähnlich gesehen, als sie aus der Kirche kam, die Schwerkraft wurde geringer in dem Raum.

Nun erschien die Zeile wieder: „Er sprach vom Himmel und vom Meer, er wählte die üblichsten Worte. Aber die Worte erhielten Leben, als sie aus seinem Munde kamen, ja es war, würde ich plötzlich verstehen; dass wir viele sind, die vom Himmel reden, aber wenige können eine Ewigkeit verstehen“.

Es waren viele geworden, die vom Himmel sprachen, eine ganze Schar war durch die Jünger Jesus begegnet. Die Schar hatte wie die Jünger angefangen, vom Himmel zu reden. Das war ein Ort im Bewusstsein, wo all das Beste war. Eine Hoffnung, die schwere, arme Gedanken etwas schwereloser machen und das Gemüt etwas erleichtern konnte.

Jesus war in den Himmel gefahren, wo Gott war, aber seitdem sind alle Toten dort zuhause. Im Himmel, von dem wir hier auf Erden reden, weil wir Schmerz und Sehnsucht empfinden, so wie die Jünger, als sie von Jesus getrennt wurden. Der Himmel ist der Ort, den wir alle verstehen können und von dem wir miteinander reden, wenn wir unsere Lieben verlieren. Wenige verstehen aber abstrakte Begriffe, wie die Ewigkeit, aber der Himmel, als der Ort, wo die sind, die nicht mehr hier sind, das ist zu verstehen, dachte sie.

Wäre Jesus zusammen mit den Jüngern in Jerusalem geblieben, hätten vielleicht nicht so viele vom Himmel gesprochen. Denn dann wäre er an einem physischen Ort in einem kleinen geschlossenen Kreis geblieben, aber nun redeten viele vom Himmel, als ihrem Ort, einem guten Ort, wo man gesehen wurde und behütet. Alle Völker konnten nun vom Himmel erzählen als ihrem guten Ort, wenn sie die Jünger Buße und Vergebung der Sünden predigen hörten. Sie konnten die Sünde loslassen, die sie an die Erde band, und frühlingsleicht fühlen, dass sie zu Gott im Himmel schwebten. Einige Worte konnten tatsächlich die Schwerkraft aufheben und den Menschen auf einer trockenen Oberfläche herumhüpfen lassen.

Die Sonn warf noch mehr gelbes Licht in der Fenster, und der Satz kam wieder aus dem CD-Player: „ … dass wir viele sind, die vom Himmel reden, aber wenige können eine Ewigkeit verstehen. Ich sah einen Mann, der trug den Himmel in sich, aber wo er jetzt ist, weiß niemand“.

Jesus trug auf Erden den Himmel in sich, so muss es gewesen sein. Er trug den Himmel in sich, und die, die ihm begegneten, fanden etwas, was sie aus keinem anderen irdischen Ort kannten. Sie stießen auf den Himmel und mussten umkehren nach dieser Begegnung. Alle ihre Begriffe wurden verwirrt, wie richtig und verkehrt, oder wer zu was das Recht hatte. All das schien an diesem Ort keine Gültigkeit zu haben, den er den Himmel nannte. Jesus trug den Himmel in sich. Er konnte Sündern vergeben, denen niemand anderes vergeben konnte. Bei den unsympathischsten Verbrechern essen und sich die Zeit nehmen, die Heilige Schrift für eine Hure auszulegen, der Himmel hatte wahrlich in ihm gewohnt. Sie hatten ihn gesehen, der den Himmel in sich trug, aber wo er nun war, das wusste keiner, sang Lisa in dem Lied.

Sie sah es vor sich, Jesus segnet die Jünger, ehe er in den Himmel aufgenommen wird, mit diesem Segen waren sie voller Freude nach Hause gegangen. So hatten sie auch vor dem letzten Lied abgeschlossen. Dort war er wohl mit seinem Segen des Lebens, das wir miteinander leben. Alle wir, die wir vom Himmel reden als einem Ort, den wir kennen und wo wir zuhause sind. Wir, die wir in die Kirche kommen, wenn uns die Beine dorthin tragen, um durch ganz gewöhnliche Worte leicht gemacht zu werden. Worte, die Leben bekommen und unser Leben werden, wenn sie aus seinem Munde kommen. Worte die uns mit dem Himmel in Verbindung bringen und uns von dort voller Freude gehen lassen. Worte, die die Schwerkraft aufheben und uns in den Alltag zurückkehren lassen, mit etwas von der Leichtigkeit des Himmels, die unsere Ohren kitzelt.

Er sprach vom Himmel und vom Meer, er wählte die üblichsten Worte. Aber die Worte erhielten Leben, als sie aus seinem Munde kamen, ja es war, würde ich plötzlich verstehen; dass wir viele sind, die vom Himmel reden, aber wenige können eine Ewigkeit verstehen. Ich sah einen Mann, der trug den Himmel in sich, aber wo er jetzt ist, weiß niemand“.

Das Lied endete, aber es klang weiter in ihr, nun wusste sie wohl, wo er war, und ich glaube, das tun wir anderen auch. Amen.

 



Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen
DK-5000 Odense
E-Mail: lrl(at)km.dk

(zurück zum Seitenanfang)