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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Trinitatis, 22.05.2016

Die Dreifaltigkeit Gottes als Schutzraum über Dir
Predigt zu Römer 11:(32)33-36, verfasst von Manfred Mielke

Liebe Gemeinde,

heute, am Sonntag nach Pfingsten, feiern wir das Trinitatis-Fest. Es ist - übersetzt - das Fest der Dreieinigkeit oder Dreifaltigkeit Gottes. Seit einem halben Kirchenjahr läuft alles auf dieses Ereignis zu. Im Stall zu Bethlehem wurde Gott Mensch. An Ostern fand Jesu Leidensweg seinen Umkehrpunkt. Seine Himmelfahrt macht uns verlegen, aber am vorigen Wochenende klopfte ganz stürmisch Gottes Heiliger Geist bei uns an, bei uns und seiner weltweiten Kirche. Das ist der Trend zum Event, die Vorgeschichte zum heutigen Feiertag der Dreieinigkeit Gottes.

Der Apostel Paulus spornt uns zum Stauen an, wenn er uns dazu heute schreibt: O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! …Denn von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen. (Römer 11, 33+36)

 

Liebe Gemeinde,

ich möchte unsere Vorstellungskraft ebenso anspornen, indem ich von einer Bastelarbeit mit Jugendlichen berichte. Wir nehmen altes Zeitungspapier und Tapetenkleister und bauen uns eine Pyramide. Zerreißen und Kleistern macht Spaß! Das Gerippe besteht aus dünnen Holzstäben, um das nach und nach das Zeitungspapier geklebt wird. Nach dem Trocknen bestreichen wir sie mit weißer Wandfarbe. Die Pyramiden sehen originell aus. Jede besteht aus 3 schrägen Wänden über einem Boden. Alle 4 Flächen sind gleichgroße Dreiecke. Können Sie sich noch erinnern, als Kind mal aus so einem Limonaden-Tritop getrunken zu haben? Wir tranken auf dem Schulhof daraus die „Capri-Sonne“, wobei beim Aufstechen mit dem Strohhalm immer unsere Hände klebrig wurden.

Unser Tetrapack aus Zeitungsresten, Kleister und Farbe wird uns die Dreieinigkeit Gottes zugänglich machen. Denn die 3 schrägen Wände, die oben in der Spitze zusammenfinden, veranschaulichen die 3 Personen Gottes. Deswegen bekleben wir sie unterschiedlich. Mit einem grünen Dreieck für Gott, einem gelben für Jesus und einem roten für den Heiligen Geist. Der Boden wird blau unterklebt. Vielseitig, farbig und erstaunlich stabil - so haben wir mit einer zeltartigen Pyramide die Dreifaltigkeit Gottes nachgebaut. Dann beschriften wir die 3 schrägen Dreiecke. Mit je drei Sätzen über Gott, drei Bewunderungen für Jesus, drei „Jobs“ des Heiligen Geistes. Danach schreibt jeder unter den blauen Boden seinen Namen und was bei ihm von denen ankommt. Was kommt bei Dir von Gott an? Was ist deine gemeinsame Kante mit Jesus Christus? Welche Schnittstelle hat der Heilige Geist zu Dir?

 

Liebe Gemeinde, darf ich dazu drei Beispiele nennen?

Eine Konfirmandin schreibt bei Jesus Christus: „Er holt Ausgestoßene wieder rein!“ Und auf ihrer Kante: „Er hilft mir, wenn es mir schlecht geht.“ Was geht in dem 13jährigen Mädchen vor? Nun, zuerst zog ihre große Schwester aus, jetzt auch ihre Mutter, und nun wohnt sie mit ihrem Vater alleine in einem riesigen Haus. Ihr geht es schlecht damit, Christus soll „klare Kante“ zeigen und ihr helfen, die gegenseitigen Abstoßungen durchzustehen.

Ein anderer Künstler schreibt auf seine Gottespyramide: „Gott hat Jesus aus dem Tod geholt!“ Und welche Verwunderung löst das bei diesem 12jährigen Jungen aus? Er schreibt: „Ich kann Menschen helfen!“ Was ist seine Geschichte? Er gehört zu einer Clique Jugendlicher, deren Anführer mit 23 Jahren an Krebs starb. Vor ein paar Wochen verstarb zudem ein Freund seiner Mutter. Der lebte homosexuell, und stand als Karnevalsprinz noch am Rosenmontag auf dem Kamellen-Wagen. Er verstarb in kürzester Zeit und wurde vor wenigen Tagen von vielen Kostümierten zu Grabe getragen. Und dieser Junge verlinkt sich mit Gott mit den Worten: „Gott hat Jesus aus dem Tod geholt, und ich kann anderen Menschen helfen!“ So zeigt sich mir der Sinn des Paulusverses: O welch eine Tiefe des Reichtums, beides, der Weisheit und der Erkenntnis Gottes! Wie unbegreiflich sind seine Gerichte und unerforschlich seine Wege! (Vers 33)

Oder eine weitere Konfirmandin. Sie schreibt zum Heiligen Geist: „Er hat sich im brennenden Dornbusch versteckt!“ Und welchen seiner Jobs entdeckt sie bei sich? „Er ist meine Waffe gegen Schwermut!“

Ich besuchte sie zuhause, weil ihre Eltern fragten, ob sie konfirmiert werden kann, obwohl sie katholisch ist. Bei dem Gespräch kletterten an mir 3 jüngere Pflege-Geschwister auf und ab, mit sehr reduziertem Sprachschatz. Ihr neuer Stiefvater ist ein überzeugter Atheist aus der Ex-DDR. Ich verstehe sehr gut, warum sie schreibt: „Ich brauche eine Waffe gegen Schwermut, ich brauche Kraft wie aus einem brennenden Dornbusch!“

Was haben diese 3 Konfirmanden von Gottes Dreieinigkeit für sich heruntergeladen? „Christus hilft mir, wenn es mir schlecht geht!“ „Der Heilige Geist ist meine Waffe gegen Schwermut!“ Und: „Durch Gott kann ich anderen Menschen helfen!“ O welch ein Reichtum!

 

Liebe Gemeinde,

im Gespräch wird aus der Pyramide ein Zelt, das Zuhause der alttestamentlichen Nomaden. Dabei wird den Jugendlichen intuitiv klar: „Gott bildet einen Raum über mir. Gott hat Volumen und ist vielseitig. Jeder von uns hat eine Schnittstelle mit Gott, mit Jesus und mit dem Heiligen Geist!“ Halblaut sagt eine Teilnehmerin: „Der hat Platz für mich!“ Und die daneben fügt hinzu: „…und macht mich nicht platt dabei!“

Somit haben wir auch Zugang zu den anderen Versen, die Paulus uns ins Tagesjournal schreibt. Zum Beispiel die Frage: „Wer hat des Herrn Sinn erkannt, oder wer ist sein Ratgeber gewesen?“ (Vers 34/Jesaja 40,13) Die augenfällige Antwort lautet: „Gott erkennst Du von innen. Lege dich in ihn hinein, sowie Du auf deinem Zeltboden dich niederlegst und über Dir die Schutzplane sich wölbt - und letztlich der Sternenhimmel. Der Sinn Gottes ergibt sich, indem er dich umhüllt. Mit allem Natur-Reichtum, mit vielen Jesus-Ideen, in seiner Geistesgegenwart.“

Zum Abschluss der Basteleinheit schauen wir uns ein Foto an, wie die holländischen Küsten gegen Sturmfluten geschützt werden. Dort sind diese Tetraeder aus Beton und so groß wie ein Haus. Wirft der Sturm sie um, zeigen sie dem Sturm eine Kante, die ihn ableitet und schwächt. Liegen sie erst einmal zu Tausenden neben- und übereinander, dann können sie die Bewohner davor schützen, von einer Sturmflut eingeschlossen zu werden.

Auch Paulus entdeckt, wie stark Gottes Erbarmen ist, vor allem als Schutz gegen innere und äußere Bedrohung. Er schreibt: „Gott hat alle eingeschlossen in den Ungehorsam, damit er sich aller erbarme.“ (Vers 32) Das ist das neue Ergebnis, dass uns sein Erbarmen aus aller Verschlossenheit herausführt. So spüren wir das vielgestaltige Erbarmen Gottes als Schutzraum. Gerade auch dann, wenn um uns herum Beziehungen zerbrechen und sich die Schwermut breit macht. Dann können wir im dreimal einen Gott, der sich als Schutzraum über uns wölbt, zu neuem Lebensmut finden und mit Paulus sagen: „Von ihm und durch ihn und zu ihm sind alle Dinge. Ihm sei Ehre in Ewigkeit! Amen.“ (Vers 36)

Amen.

 



Pfarrer Manfred Mielke
51580 Reichshof
E-Mail: Manfred.Mielke@ekir.de

Zusätzliche Medien:
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