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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

5. Sonntag nach Trinitatis, 26.06.2016

Der Fels
Predigt zu Matthäus 16:13-16 (dänische Perikopenordnung), verfasst von Elof Westergaard

Simon nennt Jesus Christus, den Sohn des lebendigen Gottes. Das veranlasst Jesus sogleich, Simon Petrus zu nennen, was auf Griechisch Fels bedeutet. Petrus ist der Fels, auf dem Jesus seine Kirche bauen will.

Der Name Petrus ist also ein Ehrenname. Fels signalisiert etwas Festes, Dauerhaftes und Unverrückbares. Gott wird denn auch oft mit einem Felsen verglichen, so wenn der Psalmist im Alten Testament Zuflucht bei Gott sucht und ihn bittet: „Neige deine Ohren zu mir, hilf mir eilends! Sei mir ein starker Fels und eine Burg, dass du mir helfest! Denn du bist mein Fels und meine Burg“ (Ps. 31,3-4a).

*

Es ist jedoch ein Unterschied in der Art und Weise, in der ein Mensch und Gott ein Fels sind.

Fels bedeutet eine Dauerhaftigkeit, eine Festigkeit und Kraft, die kein Mensch hat, auch nicht der Jünger Petrus.

Der Jünger Petrus ist zwar schnell bereit zum Bekenntnis seines Glaubens an Jesus als Christus, und er ist auch derjenige unter den Jüngern, der schnell vortritt und Jesus nachfolgt. Wie damals, als die Jünger draußen auf dem See Genezareth waren und sahen, wie Jesus auf dem Wasser zu ihnen ging. Was tat Petrus da? Er ging hinaus zu Jesus, ging auf dem Wasser, aber versank sofort. Er war schwer wir ein Felsbrocken.

Petrus ist überhaupt der Jünger, der leicht versagt.

   Denkt an die Nacht, als Jesus gefangen genommen wurde! Petrus hatte kurz zuvor am selben Abend am Abendmahlstisch der Behauptung Jesu widersprochen, dass einige von ihnen, den Jüngern, ihren Meister verleugnen und verraten würden. Aber auch wenn Petrus mit fester Stimme bestritt, dass so etwas je geschehen würde, war er es, der Jesus am nächsten Morgen drei Mal verriet, ehe der Hahn krähte.

   „Ich kenne den Menschen Jesus nicht“, hatte er sowohl der Dienstmagd draußen im Vorhof und der im Hoftor gesagt, die ihn damit konfrontierten, dass er einem der Jünger Jesu gliche.

   Der Fels Petrus verleugnete seinen Herrn. Er bekam Angst, versteckte sich im Schatten und ließ seinen Freund im Stich, als es darauf ankam.

Der hervorragende byzantinische Liederdichter Romanos, der im sechsten Jahrhundert lebte, schildert in einem seiner erzählenden Lieder das Versagen des Petrus. Der Liederdichter fragt hier anklagend den Jünger, als dieser gegenüber den Dienstmägden log und seine Freundschaft mit Jesus verleugnete: „Warum Petrus, ließest du dich versteinern von der jungen Frau?“

„Warum Petrus, ließest du dich versteinern von der jungen Frau?“ Spitzfindig verbindet der Liederdichter hier Petrus als Felsen mit dem, der seinen Herrn und Freund verleugnete. Die Angst und die Furcht davor, was es ihm kosten würde, sich als Jünger Jesu zu bekennen, machte Petrus Angst, er versteinerte und verleugnete seine Nachfolge, Freundschaft und Jüngerschaft

Die Bezeichnung Fels ist also ein zweideutiges Prädikat, wenn es auf uns Menschen bezogen wird. Das Wort Fels bedeutet hier sowohl Stärke als auch Schwäche, Standhaftigkeit wie auch Versagen und Versteinerung.

*

Gott dagegen ist der eindeutige Fels, der Fels unserer Zuflucht, der Beständige und der Beschützer. Gott hält uns fest und lässt uns nicht los. Er steckt seine Hand noch immer nach uns aus, wie damals am See Genezareth, wo er sie nach Petrus ausstreckte.

   Gott streckt noch immer seine Hand aus zu allen, die durchfallen, versagen, versteinern oder in der Tiefe der Welt zu versinken drohen. Und er bietet sich an als fester Ort und sicherer Arm.

Jesus sagt selbst an einer anderen Stelle im Matthäusevangelium: „Kommt her zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken. Nehmet auf Euch mein Joch und lernet von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Denn mein Joch ist sanft, und meine Last leicht“ (Matth. 11,27-30).

   Mit einer solchen Aufforderung im Rücken können wir uns ohne Sorgen auf den Weg machen und darauf hoffen, dass wir mit an der Kirche Gottes auf Erden bauen und hier Teil seiner lebendigen Gemeinde sein dürfen.

Dazu helfe uns Gott. Im Namen Jesu. Amen

 

 



Bischof Elof Westergaard
DK-6760 Ribe
E-Mail: eve(at)km.dk

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