Göttinger Predigten

Choose your language:
deutsch English español
português dansk

Startseite

Aktuelle Predigten

Archiv

Besondere Gelegenheiten

Suche

Links

Konzeption

Unsere Autoren weltweit

Kontakt
ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

6. Sonntag nach Trinitatis, 03.07.2016

Predigt zu Matthäus 19:16-26(dänische Perikopenordnung), verfasst von Poul Joachim Stender

Früher konnte man in den Zeitungen lesen, die Gläubigen seien dumm. Es wurde behauptet, je mehr man glaube, desto unbegabter sei man. Und ja, wir Gläubige sind dumm. Wenn wir jemanden verloren haben, den wir lieben, stehen wir am Grabe und behaupten, dass der Tote wieder lebendig geworden ist im Reiche Gottes. Wie dumm! Und wenn jemand uns fragt, wie es sich verhält mit groß und klein, erster und letzter, dann antworten wir: Ach, der Geringste ist der Größte und der Letzte der Erste. Und wenn man mit einem Christen in einer Situation ist, sie sehr gefährlich und bedrohlich aussieht, und fragt: „Nun, wie siehst Du die Lage“, dann wird der betreffende vielleicht antworten: „Es sieht gut aus. Gott ist mit uns“. Es ist nicht schwer, zu der Einsicht zu kommen, dass die Christen unbegabt sind. Jeder weiß, dass der, der das meiste Geld hat, der Größte ist und nicht der Arme, und dass es in gefährlichen Situationen schlecht aussieht.

Das Evangelium dieses Sonntags wird das Evangelium vom reichen jungen Mann genannt. Ich bin sicher: Derjenige, der die Untersuchung gemacht hat, die dokumentiert, dass Leute, die an Gott glauben, dumm sind, diese Erzählung genannte häatt5e: Der kluge junge Mann. Denn was geschieht? Ein sehr wohlhabender Mann kommt und fragt den Sohn Gottes, was er tun soll und das ewige Leben zu erlangen. Und Christus sagt zu ihm: Du sollst die Gebote halten, und dann sollst du alles verkaufen, was du hast, und mir folgen. Der reiche junge Mann kann sehr wohl die Gebote halten. Aber er kann sich nicht dazu entschließen, alles zu verkaufen, was er hat. Er geht betrübt nach Hause. Klug gehandelt, würde der Mann, der die Untersuchung darüber gemacht hat, wie dumm die Gläubigen sind, gesagt haben. So soll ein gut begabter Mensch handeln. Auf sein Geld aufpassen, so dass man für schlechte Zeiten und sein Alter vorgesorgt hat. Aber aus christlicher Sinn handelt der Mann sehr dumm. Er hätte seinen Besitz verkaufen und Christus nachfolgen sollen.

Die Welt br4aujcht natürlich kluge, rationelle Frauen und Männer, die dazu beitragen, dass unsere Gesellschaft funktioniert. Aber wir ersticken in der kalten und berechnenden Klugheit. Es gibt etwas, was die Welt mehr braucht als Klugheit. Nämlich eine Schar von dummen Christen, die so unbegabt sind, dass sie meinen, dass die Liebe zu Gott und dem Mitmenschen wichtiger ist, als viel Geld zu verdienen. Die Welt braucht die Narren, die sich von denen verabschieden, die sie lieben, mit einem brennenden Glauben daran, dass sie sie im Himmelreich wiedersehen. Die Welt braucht die Narren, die die anderen oben anstellen, auch wenn es sie Zeit, Geld und Karrieremöglichkeiten kostet.

Ja, wir sind dumm, wir Christen. Aber lasst uns stolz sein auf unsere Dummheit. Viele von uns haben in der letzten Zeit die Fußballeuropameisterschaft in Frankreich verfolgt. Die verschiedenen Fußballmannschaften haben viele Fans, die sie unterstützen. Das Wort Fan und das Wort Fanatiker sind miteinander verwandt. Ein Fan ist jemand, der ungewöhnlich großem Eifer irgendetwas unterstützt. Leider hat das Wort Fanatiker einen äußerst negativen Klang bekommen, weil so es so viele Beispiele für Gläubige gibt, die so sehr Fan ihrer eigenen Religion sind, dass sie gewalttätig werden oder in anderer Weise so auftreten, dass sie andere stark bedrohen. Aber so wie die Welt uns dumme Christen braucht, braucht sie auch christliche Fanatiker, die in einer guten Weise so sehr Fans von Christus sind, dass sie bereit sind, ihm zu folgen, auch wenn es etwas kostet.

So wie der reiche junge Mann im Evangelium können wir mit einiger Mühe die Gebote halten. Wir können uns auch einander gegenüber ordentlich betragen, zu Gott beten und am Sonntag in die Kirche gehen. Aber dann hört es auch auf. Unser Glaube wird nie so heftig, dass wir bereit sind, unsere materiellen Anforderungen an das Dasein zu begrenzen. Er wird nicht so stark, dass wir bereit sind, einen großen Teil unserer Freizeit für die Schwachen und die Außenseiter zu opfern. Wir wählen die moderate, gemütliche und beherrschbare Luxusausgabe des Christentums. Christentum light. Aber Jesus Christus war ein Fanatiker in seiner Liebe zu uns. Er ging für uns in den Tod. Er stand auf von den Toten für uns. Er ging sogar durch Feuer und Wasser. Fanatisch kämpft er auf unserer Seite, gegen die bösen Mächte, die unser ganzes Leben bedrohen. Das ist unfassbar, dass wir, die wir einen Fanatiker zum Gott haben, den Fanatismus so sehr verachten.

Im Christentum ist Fanatismus nämlich nicht Gewalt. Der Sohn Gottes hat nie jemanden geschlagen. Er sprengte keine Bomben in die Luft, die Junge und Alte töteten. Seine einzige Waffe waren das Wort und die Liebe. Mit dem Wort und der Liebe sollen wir Fanatiker sein, die Christus nachfolgen wollen. Auch auf dem unangenehmen Weg, der uns direkt in die Arme derer führt, die uns so sehr brauchen. Gott befohlen. Amen.



Pastor Poul Joachim Stender
DK 4060 Kirke Såby
E-Mail: pjs(a)km.dk

(zurück zum Seitenanfang)