Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

15. Sonntag nach Trinitatis, 04.09.2016

Predigt zu Lukas 10:38-42 (dänische Perikopenordnung), verfasst von Lasse Rødsgaard Lauesen

Martha ist heute nicht in der Kirche, sie sollte backen und nähen und einigen Freunden mit etwas helfen. Sicher sind es nicht viele von euch, die sie kennen, aber ihre Schwester Maria, die kennt ihr wohl? Wer sie nicht kennt, begegnet ihr im Evangelium dieses Tages. Wo Martha sich um die Versorgung kümmert, während Maria zu den Füßen Jesu sitzt. Auch wenn die meisten von euch nie Martha beachtet haben, seid ihr sicher in dieser Sache hier auf ihrer Seite. Die Schwester soll mithelfen, wäre es heute gewesen, hätte sie sicher beleidigt zu Jesus gesagt: „Geh nun raus und hilf mit dem Essen, und komm dann und halte deine Predigt“.

Im Evangelium ist es Maria, die hinausgeschickt werden soll, um zu helfen. Es ist so leicht, auf Maria böse zu sein, dass wir nicht sehen, dass es sich nicht um ein Gespräch zwischen Maria und Jesus ums Essenmachen handelt, es ist nun einmal kein Evangelium von der Emanzipation der Frau, wo Jesus Martha aus ihrer Küche befreit. Es geht um etwas Größeres. Es ist ein Gespräch zwischen Martha und Gott, wo das Gebet Marthas so lautet: Herr, ist es dir egal, dass meine Schwester mich allein für dich sorgen lässt? Sag doch zu ihr, dass sie mir helfen soll. Sie hätte es direkt zu Maria sagen können: Komm und hilf! Aber mit einem dritten Partner als Richter erhält ihre Frustration eine ganz neue Dimension. Sollen wir ihre Frage heute formulieren, dann so: Ist es Gott egal, dass einige Menschen sich verschleißen, während andere nur genießen, ohne etwas zu leisten?

Da liegt ein Ja und ein Nein als Antwort nahe, und Meinungsumfragen haben denn auch gezeigt, was für eine Antwort Martha und die Leute von Gott erwarten. Martha erwartet wie wir die Antwort: Erst etwas leisten, dann genießen. Raus in die Küche, Maria, und hilf mit. Hätte Jesus so geantwortet, wie sie es erwartet: Raus in die Küche, Maria, und hilf mit, dann wäre er eigentlich Martha gegenüber gleichgültig gewesen mit dem Schmerz, der eigentlich ihrer ist, dass sie sich im Leben verschleißt, ohne sich den guten Teil zu gönnen. Jesus kennt Martha besser, als sie sich selbst kennt. Und weiß, was sie braucht, keine Küchenhilfe, sondern die Befreiung von den Lasten und Sorgen, die sie bedrücken.

Er antwortet deshalb: Martha, Martha, du machst dir Sorgen um viele Dinge. Aber eines ist not. Maria wird nicht in die Kühe geschickt, sondern Martha wird in die Kirche geschickt, wo sie sich gerade auf die letzte Bank gesetzt hat, denn Gott ist es nicht gleichgültig, dass sie sich selbst verschleißt. Martha war Gott nicht gleichgültig und wir sind ihm auch nicht gleichgültig. Er gibt uns nicht immer das, worum wir bitten, so wie Martha keine Küchenhilfe bekam, er gibt uns das, was wir brauchen. Martha personifiziert in dieser Weise gerade das, was Jesus ist, wenn er vom Vaterunter und der Gebetserhörung spricht.

Eines ist jedoch, wie das Evangelium zeigt, Jesus ganz gleichgültig: Essenszeiten, oder in das Evangelium übersetzt: Das, was wir tun, und wenn es Bemühungen sind, Gott zu beköstigen, kann ihn nicht bewegen.

Maria darf den guten Teil behalten, auch wenn wir alle sie gerne in die Küche schicken wollen. Den guten Teil, das einzig Notwendige – dem Meister zu Füßen sitzen und sein Wort hören. Sehen wir die beiden Personen als zwei Arten, Kirche zu sein, Kirche zu „machen“ oder Kirche „zu hören“, können wir die Frage stellen: Sind die beiden Arten, Kirche zu sein, heute vertauscht? Es besteht wohl kein Grund, hier zu sitzen und von der Nächstenliebe zu hören, wenn man sie gleich praktizieren kann? Ist es nicht so, dass das einzig notwendige ist, etwas zu tun, während sich hinsetzen und hören weniger wichtig ist. Sieht man sich um in der Kirche, könnte einiges darauf hindeuten, dass es sich so verhält.

Das Evangelium könnte man heute so umschreiben: Da ging Maria hin zu ihm und sagte: Herr, ist es dir egal, dass meine Schwester mich hier alleine sitzen lässt? Sag doch zur ihr, sie soll kommen. Was ist so wichtig, dass die Nothilfe eine Pause machen darf und Martha und Maria beim uns in der Kirche sitzen sollen? Die Antwort muss lauten, dass es nicht damit beginnt, dass wir Gott das tägliche Brot geben, sondern dass er für seine Kinder sorgt und weiß, was Martha und Maria brauchen. Gott weiß, dass wir das einzig Notwendige brauchen, sein Wort zu hören, während wir uns in der Welt abarbeiten und uns um sie sorgen. Gott sind deine vielen Sorgen nicht gleichgültig, aber er will dir auf eine Weise helfen, die du nicht für möglich gehalten hast. Amen.



Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen
DK-5000 Odense C
E-Mail: lrl(at)km.dk

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