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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

3. Advent, 11.12.2016

Was sollen wir tun?
Predigt zu Lukas 3:2-20, verfasst von Juraj Bándy

Kein Evangelist spricht so ausführlich von dem Inhalt der Predigt von Johannes dem Täufer, wie der Evangelist Lukas. Er widmet dem Täufer fast ein ganzes Kapitel und schließt seinen Bericht damit, dass König Herodes Johannes ins Gefängnis geworfen hat (V. 20).

 

  1. Die natürliche Neugier wirft die Frage auf: Warum wurde er verhaftet? Was war die Ursache? Welcher Teil seiner Predigt rief so große Empörung aus? Mit welchen Worten lenkte er den Unwillen der Mächtigen gegen sich?

            Heutzutage können wir es nicht genau bestimmen, aber trotzdem können wir ahnen, was die Ursache war.

  1. a) Johannes der Täufer berief sich in seinen Predigten auf den Propheten Jesaja, der die Leute zur Buße gerufen hatte, damit sie den Weg des Herrn vorbereiteten, weil das Heil des Herrn nahe sei, denn „alle Menschen werden den Heiland Gottes sehen“ (V. 6). Das war eine Ermunterung und Ermutigung. Solche Worte hörten alle gern, besonders die Botschaft über die Nähe der Erfüllung von Verheißungen. Deswegen geriet Johannes gewiss nicht ins Gefängnis.
  2. b) Unangenehmer klangen in die Ohren der Hörer diese Sätze: „Ihr Schlangenbrut, wer hat denn euch gewiss gemacht, dass ihr dem künftigen Zorn entrinnen werdet? Seht zu, bringt rechtschaffene Früchte der Buße“ (V. 7 – 8). Damit wurde gesagt: „Ihr seid Sünder, ihr solltet Buße tun.“ Die Leute waren aber gewöhnt, dass man von einem Prophet gerade solche Worte hört. Auch deswegen wurde der Täufer nicht verhaftet, obwohl er von der Sündhaftigkeit der Menschen und von der Buße sprach, allerdings auf einer allgemeinen Ebene.
  3. c) Man kann vermuten, dass die Leute das nicht ertragen konnten, als Johannes konkret zu reden begann. Als er von den konkreten Sünden von konkreten Menschen sprach. Heute würden wir sagen: Er predigte sie von der Kanzel aus. Der Mensch ist nicht froh, wenn er getadelt wird. Er ist zwar nicht froh, aber erträgt es, und wird auch in der Zukunft so handeln, wie vorher. Die Kritik wird erst dann unangenehm, wenn der Kritiker nicht nur auf die Fehler hinzeigt (es ist das Leichteste), sondern auch darüber spricht, wie man die Sache anders machen kann, radikal anders. Gerade das konnten die Zeitgenossen Johannes` nicht ertragen. Als er auch den König wegen Ehebruchs tadelte, „warf Herodes Johannes ins Gefängnis“ (V. 20).

 

  1. Die Hörer nahmen sich, anstatt böse zu sein, die Predigt Johannes` zu Herzen und fragten: „Was sollen wir denn tun?“ (V. 10). Der Täufer gab ihnen konkrete Antworten.
  2. a) Zu den Wohlhabenden sagte er: „Wer zwei Hemden hat, der gebe dem, der keines hat; und wer zu essen hat, tue ebenso“ (V. 11). Diese Worte treffen bei der gegenwärtigen Gesellschaften, die im Wohlstand leben, während inzwischen in anderen Teilen der Welt die Leute von Hunger sterben, ins Schwarze. Diese Worte mahnen die heutigen Staatsmänner, damit sie mehr an die Armen dieser Welt denken. Sie sprechen aber auch uns, Durchschnittsleute, an: Wenn du davon hörst, dass wir wieder eine Hilfsendung irgendwohin gesandt haben, dann murre nicht. Sage nicht, dass auch sie mehr arbeiten sollten und dass sie auch ein höheres Lebensniveau hätten, sondern denke daran, dass der Täufer uns ermahnte, denen zu geben, denen etwas fehlt.
  3. b) Auch die Zöllner fragten Johannes: Was sollen denn wir tun? Er antwortete ihnen: „Fordert nicht mehr, als euch vorgeschrieben ist!“ (V. 13). Den Zöllnern, den damaligen Beamter und Bürokraten befahl Johannes, dass sie nicht ihre Macht missbrauchen sollen. Diese Forderung gilt ebenso den heutigen Beamten: Übertretet nicht eure Befugnis, handelt nicht willkürlich! Angesprochen sind aber auch die, die als Klienten in die Ämter gehen: Fordert nichts von den Beamten, was für sie nicht möglich ist. Denkt daran, dass auch sie an die Vorschriften gebunden sind.
  4. c) Auch die Soldaten fragten den Täufer: Was sollen wir denn tun? Er antwortete: „Tut niemandem Gewalt oder Unrecht und lasst euch genügen an eurem Sold!“ (V. 14). Diese Worte sprechen auch die heutigen Soldaten an: Rüstet nicht grenzenlos! Stiftet keine Spannungen und Unruhen! Steht den friedlichen Lösungen nicht im Weg!

            So konkret und praktisch sprach Johannes der Täufer zu allen, die ihn fragten, was sie tun sollten, weil sie fühlten, dass die Ankunft des Heilands sehr nahe ist.

 

III. Jetzt, in der Adventszeit, wenn wir auf die Erscheinung der heilsamen Gnade Gottes (Tit 2, 11) warten, lasst uns im Geiste zu Johannes gehen und fragen: Was sollen wir denn tun?

            Die Kinder sollen fragen: Was sollen wir tun? Bittet eure Eltern, damit sie mit euch über den Herrn Jesus sprechen, damit sie euch beten lehren. Widersetzt euch ihnen nicht, wenn sie euch in die Kirche mitnehmen wollen.

            Die Jugendlichen sollen fragen: Was sollen wir tun? Bildet euch nicht ein, dass ihr schon alles besser wisst und keinen Rat von niemanden braucht. Vergesst nicht den Herrn, Gott, in eurer Jugend. „Denk an deinen Schöpfer in deiner Jugend“ (Koh 12, 1).

            Die Erwachsenen sollen auch fragen: Was sollen wir tun? Kümmert euch um eure Familie, nicht nur in materieller Hinsicht, sondern haltet sie zusammen und kümmert euch um die religiöse Erziehung der Kinder.

            Lasst auch die Hausfrauen fragen: Was sollen wir tun? Neben den Vorbereitungen im Haushalt, neben der großen Aufräumung, neben dem Kochen und Backen, findet Zeit um in die Kirche zu gehen und Gott zu loben.

            Auch die Politiker sollen fragen: Was sollen wir tun? Denkt nicht nur an euch selbst, sondern denkt daran, dass eure Arbeit ein Dienst für die Gesellschaft ist.

            Lasst auch die Journalisten fragen: Was sollen wir tun? Lasst euch nicht bestechen, schreibt nicht statt der Wahrheit das, was dem Herausgeber gefällt. Vergisst nicht, dass ihr informieren, und nicht die Tatsachen deformieren, sollt.

            Lasst auch Unternehmer fragen: Was sollen wir tun? Strebt nicht nach dem ungerechten Gewinn. Vergesst nicht die Wohltätigkeit.

            Auch die Arbeitslosen sollen fragen: Was sollen wir tun? Missbraucht nicht das soziale System. Gewöhnt euch nicht an eure Situation, sondern tut alles, damit ihr von eurer Arbeit leben könnt.

            Die Rentner sollen auch fragen: Was sollen wir tun? Überlegt, wie ihr eure freie Zeit zum Nutzen euer Familie, eurer Kirchengemeinde und eurer Mitmenschen verbringen könnt.

            Auch die Pfarrer sollen fragen: Was sollen wir tun? Erwartet die Feiertage mit eifrigen Gebeten und gewissenhafter Vorbereitung. Denkt daran, dass ihr auch solchen Menschen das Evangelium verkündigen könnt, die sonst schwerlich erreichbar sind.

            Die Presbyter sollen auch fragen: Was sollen wir tun? Ruht euch nicht auf den alten Lorbeeren aus, sucht nicht Ausreden in den Fehlern der Vergangenheit, sondern erkennt die heutigen Aufgaben und habt Mut, die Interessen der Kirche zu verteidigen.

            Wir alle sollten fragen: Was sollen wir tun? Lasst uns Buße tun und so, innerlich gereinigt, im Glauben gestärkt und in der Hoffnung gefestigt, erwarten wir die Feiertage.

 

            Der dritte Sonntag im Advent ist dem Täufer Johannes gewidmet, der den Weg des Herrn vorbereitete. Er hat den Weg des Herrn dadurch geebnet, dass er auf die Fragen seiner Zeit Antworten fand und seinen Zeitgenossen konkrete Anweisungen gab. Kein Wunder, dass die Menschen massenhaft zu ihm strömten. Sie fühlten nämlich, dass er über sie und für sie spricht und seine Worte eine Hilfe für sie bedeuten.

            Liebe Brüder und Schwester! Ich wäre froh, wenn ihr heute den Eindruck hättet, dass euch von der Kanzel aus gepredigt worden wäre. Ich wäre froh, wenn ihr das Gefühl hättet, dass die heutige Predigt über mich und für mich, bzw. auch über euch und auch für euch gehalten wurde. Deswegen wäre ich froh, weil in diesem Fall hast auch du, lieber Bruder und liebe Schwester, eine Antwort auf die Frage „Was soll ich tun?“ bekommen.

            Tue das, was der Wille Gottes von dir verlangt und so wirst du den Weg für das Kind von Bethlehem vorbereiten und auch du wirst „den Heiland Gottes sehen“ (V. 6). Amen.

 



Prof. Dr. Juraj Bándy
Bratislava
E-Mail: bandy@fevth.uniba.sk

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