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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Altjahrsabend (Silvester), 31.12.2007

Predigt zu Hebräer 13:8-9b, verfasst von Petra Savvidis

Vor der Predigt wird gesungen: Paul Gerhardt „Nun lasst uns gehen und treten", EG 58, Str. 1-7, nach der Predigt Str. 11-15.

Hebräer 13, 8-9b: Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehren umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus, die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit euch allen. Amen.

Liebe Gemeinde!
Johannes B. Kerner war am 2. Dezember der Erste im ZDF mit „Menschen 2007". Eine Woche später folgte Günther Jauch bei RTL mit „Menschen-Bilder-Emotionen". Der Spiegel, die Süddeutsche Zeitung, der Focus und alle namhaften Tages- und Wochenzeitungen bringen sie seit Wochen schon heraus: die Rückblicke auf das Jahr 2007.
Welche Ereignisse haben uns bewegt? Welche Menschen waren in den Schlagzeilen? Welche Skandale haben für Aufsehen gesorgt?
Jahresrückblicke sind  beliebt und wir brauchen sie offenbar auch, weil sie helfen können, die Flut von Nachrichten, die im Laufe eines Jahres über uns hereinbricht, zu ordnen. So dass wir in der Erinnerung nur einiges festhalten, weil es besonders wichtig oder eindrücklich war.

Wenn wir zurückschauen, dann war es wieder prallvoll, das Jahr 2007, voller großer und kleiner Ereignisse in der Nähe und in der Ferne. Auch in diesem Jahr haben uns wieder die Bilder und die Nachrichten aus der ganzen Welt erreicht und bewegt. Schlimme Bilder kamen von weit weg: verheerende Waldbrände in Griechenland, fast täglich Terror im Irak und Afghanistan. Aber schlimme Bilder kamen auch ganz aus der Nähe. Von Kyrill, der im Januar wütete, von Kindesmisshandlungen, von Gewalt unter Jugendlichen an den Schulen.
Schöne Nachrichten waren auch dabei, an die wir uns gern erinnern: die Fußballerinnen und die Handballer wurden Weltmeister, der wirtschaftliche Aufschwung ist zu spüren, der Klimawandel wurde endlich als ernsthaftes Thema von den Mächtigen dieser Welt entdeckt.

Silvester, der letzte Abend des alten Jahres, verleitet immer dazu, Bilanz zu ziehen und Rechenschaft abzulegen.
Wir gehen dahin und wandern von einem Jahr zum andern...
(EG 58,2)

Dabei kennt der persönliche Rückblick sicher ganz andere Schlagzeilen als die Zeitungen, ganz andere Höhepunkte als die, die im Fernsehen noch einmal auftauchen.
In vielen Familien in unserer Kirchengemeinde lagen in diesem Jahr Freude und Leid ganz nah beieinander: Menschen sind gestorben, alte, kranke Menschen, auch junge. Der Abschied tat weh und tut es noch. Kinder wurden geboren, neues Leben wurde geschenkt und dankbar empfangen. Manche von Ihnen werden sich erinnern an Krankheiten, die sie überstanden haben, an Probleme, die sie gelöst haben. Manche sind vielleicht müde und ausgelaugt und wünschen sich, dass sie im neuen Jahr neue Kraft schöpfen können.

Es gab Augenblicke in den letzten zwölf Monaten, die ich am liebsten festgehalten hätte. Weil sie so kostbar waren, so selten, so wertvoll. In solchen Augenblicken empfinde ich die Zeit anders als sonst, fast wie in Zeitlupe, nehme sie bewusster wahr und will sie auskosten. Andere Tage fliegen nur so dahin, werden kaum richtig bemerkt, weil sie so normal sind, so alltäglich.

Und wir alle stehen am Ende eines Jahres da und fragen uns: wo ist nur die Zeit geblieben? Was hat sich verändert,  was ist aus unseren Plänen geworden? Was ist uns in diesem Jahr gut gelungen, was haben wir versäumt? Wofür können wir dankbar sein? Wo hat sich manches gut gefügt, was erst so schwierig aussah?
Wir gehen dahin und wandern von einem Jahr zum andern... (EG 58,2)

Am Ende dieses Jahres schauen wir zurück auf das, was war. Und schauen voraus, auf das, was kommt. Mitten in unserer schnellen und lauten Welt halten wir kurz inne und fragen nach dem, was bleibt, wenn so viel sich verändert. Was gibt Halt, wenn der Boden unter den Füßen nachgibt, was gibt Vertrauen und Mut für die Zukunft, was gibt Orientierung im Dschungel der Vielfalt und Beliebigkeit? 

Der Predigttext für heute ist kurz. Er steht im Hebräerbrief im 13. Kapitel. 
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehre umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.

Der erste Satz ist ein kleines und ganz präzises Bekenntnis:
Jesus Christus gestern und heute und derselbe auch in Ewigkeit. In ihm hat Gott sich ganz auf unsere Seite gestellt, in ihm hat er ein eindeutiges, klares Wort für uns gesprochen: „Also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren sind, sondern das ewige Leben haben." (Joh 3,16) -  „Nichts kann uns trennen von dieser Liebe Gottes, die in Jesus Christus ist." (Röm 8 aus der Epistellesung des Altjahresabends)

Bei allem, was sich so schnell ändert in unserer Welt, bleibt das verlässlich. Das ändert sich nicht: Jesus Christus bleibt derselbe, Eindeutig und klar. Das bekennt der erste Satz des Predigttextes.
Jesus Christus - gestern, heute und immer derselbe.

Und weiter heißt es: 
Lasst euch nicht durch mancherlei und fremde Lehre umtreiben, denn es ist ein köstlich Ding, dass das Herz fest werde, welches geschieht durch Gnade.

Im zweiten Satz hören wir die Einladung an uns, selbst genau so eindeutig zu sein, uns nicht irre machen zu lassen, sondern uns festzumachen und zu vertrauen.
Jesus Christus ist verlässlich, in ihm bleibt Gott sich selbst treu und uns auch. Mit ihm in ein neues Jahr zu gehen, heißt, darauf zu vertrauen, dass er mit uns geht. Auf allen Wegen, die wir zurücklegen, ist er an unserer Seite, bei allen Veränderungen, die das Leben mit sich bringt, ist er unbeirrt und hartnäckig in unserer Nähe.
Gelobt sei deine Treue, die alle Morgen neue.  (EG 58, 7)

Solche Verlässlichkeit brauchen wir, um uns zurechtzufinden in unserem Leben, in unserer Welt. Damit wir wissen, was gut und böse ist, damit wir unterscheiden können, was richtig ist und was falsch. Lasst euch nicht beirren durch mancherlei Lehre, lasst euch nicht von den falschen Leuten leiten, sucht nicht die leichten Lösungen, hört nicht auf die vielen Stimmen, die da um euch herum reden und sich wichtig tun. Sonst werdet ihr keine  Gewissheit und keine Zuversicht finden, und euer Herz wird unruhig sein, eure Gedanken bodenlos und eure Schritte unsicher.

Ein festes Herz ist ein köstlich Ding.... Und dass das Herz fest wird, geschieht aus Gnade.
Hier ist kein unbewegtes, starres Herz gemeint, sondern eins, das zur Ruhe kommt. Das sich bewegen lässt von all den Entscheidungen, die uns tagtäglich abverlangt werden, das sich anrühren lässt von all den Möglichkeiten, zu handeln, ein Herz, das sich öffnet für die Verantwortung, die wir tragen für unser Leben und für das Leben derer, die uns anvertraut sind. Und das dann nach Überlegen, nach Zögern und Zweifeln zur Ruhe kommt und weiß, was zu tun, zu sagen, zu lassen ist.

Sich ein Herz fassen, sagen wir. Beherzt etwas tun. Genau das klingt hier an. Das gelingt nur mit einem Herzen, das festgemacht ist, das seinen festen Halt gefunden hat. Und das geschieht aus lauter Gnade.
Denn nicht wir selbst, sondern Gott nimmt unser Herz fest in seine Hände und macht uns sicher, er befriedet uns und alles, was uns umtreibt, er erfüllt uns mit Vertrauen und Zuversicht.

(Inquietum est cor nostrum, donec requiescat in te.) Unruhig ist das Herz in uns, bis es Ruhe findet in dir, Gott. So hat der alte, kluge Kirchenvater Augustin das einmal gesagt (Confessiones 1,1).
Es ist köstlich, wenn das Herz sich festmachen lässt. Es tut gut, in all dem, was sich ändert, Verlässlichkeit zu finden. Und sich selbst und seinem Herzen trauen zu können und danach das zu tun, was dran ist. In solcher Klarheit zu leben und zu handeln, mit solcher Zuversicht, das ist ein Geschenk Gottes und eine Gnade. 
Unruhig ist das Herz in uns, bis es Ruhe findet in dir, Gott.

So legen wir unsere Zeit auch im nächsten Jahr in seine Hände, und unser Herz dazu, auf dass er es fest mache.
So vertrauen wir darauf, dass er sich und dass er uns treu bleibt.  
So gehen wir getrost in die Zukunft, die er uns schenkt.

Sprich deinen milden Segen zu allen unsern Wegen,
lass Großen und auch Kleinen die Gnadensonne scheinen.
(EG 58, 11)

Und der Friede Gottes, der höher ist als unsere Vernunft, der bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus. Amen.

Lied 58, 11-15



Pfarrerin Dr. Petra Savvidis
Welver-Schwefe
E-Mail: savvidisp@hotmail.com

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