Göttinger Predigten

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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Letzter Sonntag nach Epiphanias, 05.02.2017

Predigt zu Matthäus 17:1-9 (dänische Perikopenordnung), verfasst von Poul Joachim Stender

Es wimmelt von Herzstartern in Dänemark. Auf der Homepage kann man sehen, dass fast überall Herzstarter angebracht sind. Und das ist ja phantastisch. Auf diese Weise können wir Leben retten. Aber schon im Mittelalter wurden im ganzen Land in jeder Gemeinde viele Herzstarter angebracht. Es waren die mittelterlichen Kirchen. Sie wurden so schnell errichtet wie heute die Herzstarter angebracht werden. Diese Kirchen sollen nicht nur die Geschichte davon erzählen, wie das Herz Jesu für uns brennt, sondern sie sollten auch dazu dienen, wie der Prophet Hesekiel schreibt, steinerne Herzen in fleischliche Herzen zu verwandeln. Unsere Herzen sollen in der Kirche bewegt werden, damit sie für Gott und unsere Mitmenschen schlagen. Gesundheit und Wohlfahrt und gute materielle Verhältnisse sind uns heute sehr wichtig. Auf diesem Gebiet ist Dänemark ein phantastisches Land. In unserem Land herrscht Sauberkeit. Wir haben ordentliche Schulen und Pflegeheime. Wir haben ein Gesundheitswesen, über das wir viel schimpfen. Aber es funktioniert. Die Notleidenden sind nicht sich selbst überlassen!

Im Evangelium dieses Sonntags ist Jesus auf einem hohen Berg zusammen mit seinen Jüngern. Plötzlich offenbart er sich in all seiner Herrlichkeit. Moses und Elia, die schon seit Jahrhunderten tot waren, zeigen sich helllebendig. Die Stimme Gottes erklingt über dem Berg. Die Szene ist so schön, erhaben, geistlich und überwältigend, dass der Jünger Petrus alle dazu bringen will, sich auf dem Berg niederzulassen und dort zu bleiben. Aber Jesus sagt nein und nimmt seine Jünger mit zu der Arbeit, die sie am Fuße des Berges erwartet. Da müssen Kranke geheilt werden, da muss man etwas tun für die Ängstlichen, die Ausgestoßenen und die Verlassenen usw. Und man muss sagen: Wir Christen in Dänemark haben heute wirklich diese Seite ernst genommen. Wir arbeiten hart am Fuße des Berges, um Krankheiten zu bekämpfen, wir sorgen für unzählige Regulierungen, damit die Menschen nicht bei der Arbeit oder im Verkehr zu Schaden kommen. Es gibt keine politische Partei, die nicht für mehr Sicherheit wirbt. Es ist fast als bildeten wir uns ein, dass das Christentum nicht auch, im übertragenen Sinne, bedeutet, hoch auf dem Berge zu sein, wo wir Gott sehr nahe sind und der Himmel uns anzurühren scheint, und wo wir nichts anderes tun als beten, hören, uns hingeben.

E gibt eine Erzählung im Neuen Testament, die Petrus in seinem Wunsch Recht gibt, oben auf dem Berg zu bleiben in aller Schönheit. Das ist die Erzählung von den Schwestern Martha und Maria in Bethania. Sie erhalten unerwarteten Besuch von Jesus. Martha läuft herum und macht Essen und deckt den Tisch und serviert. Aber Maria legt die Schürze ab. Sie verlässt die Küche und die praktische Arbeit. Sie setzt sich zu Jesus und hört auf das, was er zu sagen hat. Martha wird ärgerlich und macht Maria Vorwürfe wegen ihres Verhaltens. Aber Jesus sagt zu ihr: „Maria hat das gute Teil erwählt; das soll nicht von ihr genommen werden“. Diese Erzählung kommt Petrus entgegen. Wir sollten uns auch die Zeit nehmen, an einem schönen Ort zu sein, wo wir die Nähe Gottes spüren. Z.B. in der Kirche, wo es erhaben ist und wo wir die Stimme des Herrn in den biblischen Lesungen, in den Liedern, in der Predigt, beim Abendmahl und dem Segen hören können.

Martha verdanken wir den Wohlfahrtsstaat, in dem wir heute leben. Wenn wir nicht fleißig gewesen wären auf den Feldern, in den Fabriken und wo wir sonst gearbeitet haben, hätten wir nichts produziert, was unseren Mitmenschen Wohlstand und Sicherheit gibt. Aber welche der beiden Frauen soll am meisten Macht in uns haben? Martha, die die Arbeit liebt und die sich unglaublich um alles sorgt, um das man sich sorgen kann. Oder Maria, die keine Scheu hat vor dem Erhabenen, dem Göttlichen, und die gerne verschiebt, was man auf morgen verschieben kann. Das Problem ist, dass keine der beiden Frauen in Reinkultur taugen. Was wenn Martha allein die Macht hätte, und die hat sie leider in unserer Gesellschaft? Wir würden nur immer an Arbeit denken. Wir würden immer wie besessen darum kämpfen, Dingen vorzubeugen, die vielleicht schief gehen könnten. Oder was, wenn nur Maria die Macht in uns hätte? Dann würden nie Krankenhäuser gebaut, Herzstarter aufgestellt, saubergemacht oder Essen gemacht. Familie und Gesellschaft gerieten in Verfall, während wir zum Gottesdienst gingen und den Rest der Woche an einem schönen Ort über Geist und Liebe redeten. Es ist notwendig, dass Martha und Maria beide ein Teil von uns sind. Aber das ist nicht der Fall. Wir unterdrücken Maria.

Deshalb sollen wir auch daran denken, den hohen Berg zu besteigen um zu beten, uns zu vertiefen, in die Kirche zu gehen, uns dem Geistigen hinzugeben. Wir sollen versuchen, aus dem Alltagsstress auszubrechen und uns ganz bewusst in die Bereiche des Daseins begeben, wo das Göttliche spürbar ist. Dort wird sicher mit uns dasselbe passieren wie den Jüngern, die mit Jesus zusammen auf dem Gipfel des Berges waren. Wir werden verstehen, dass die Toten bei Gott leben. Wenn sich Elia und Moses lebendig am Himmel zeigten, muss dies ein Zeichen dafür sein, dass die Auferstehung nicht auf sich warten lässt bis zum jüngsten Tag. Der Räuber auf Golgatha bekam nicht zu wissen, dass er einmal mit Jesus in der Zukunft in den Himmel kommen werde. Jesus sagte: „Heute noch wirst du mit mir im Paradies sein“. Und vielleicht wird es nicht nur uns aufgehen, dass die Toten zu neuem Leben mit Christus auferstanden sind. Unser steinernes Herz wird sich auch, wenn wir uns fortbewegen von Treiben, Lärmen, den Aktivitäten, in ein fleischliches Herz verwandeln, so dass wir auch Kräfte finden, uns an den Fuß des Berges zu begeben, wo wir dafür kämpfen sollen, ein hartes Leben für einander und für und selbst erträglicher zu machen. Gott befohlen. Amen.

 



pas Poul Joachim Stender
DK 4060 Kirke Såby
E-Mail: pjs(a)km.dk

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