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ISSN 2195-3171





Göttinger Predigten im Internet hg. von U. Nembach

Letzter Sonntag nach Epiphanias, 05.02.2017

Predigt zu Exodus (2. Buch Mose) 3:1-14, verfasst von Winfried Klotz

1 Mose aber hütete die Schafe Jitros, seines Schwiegervaters, des Priesters in Midian, und trieb die Schafe über die Steppe hinaus und kam an den Berg Gottes, den Horeb. a) (1-12) Apg 7,30-34

2 Und der Engel des HERRN erschien ihm in einer feurigen Flamme aus dem a Dornbusch. Und er sah, dass der Busch im Feuer brannte und doch nicht verzehrt wurde. a) 5.Mose 33,16

3 Da sprach er: Ich will hingehen und die wundersame Erscheinung besehen, warum der Busch nicht verbrennt.

4 Als aber der HERR sah, dass er hinging, um zu sehen, rief Gott ihn aus dem Busch und sprach: Mose, Mose! Er antwortete: Hier bin ich.

5 Gott sprach: Tritt nicht herzu, zieh deine Schuhe von deinen Füßen; denn a der Ort, darauf du stehst, ist heiliges Land! a) 1.Mose 28,17; Jos 5,15

6 Und er sprach weiter: aIch bin der Gott deines Vaters, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs. Und Mose verhüllte sein Angesicht; denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen. a) 1.Mose 17,1; 28,1-4; 35,9-11; Mt 22,32

7 Und der HERR sprach: Ich habe das Elend meines Volks in Ägypten gesehen und ihr a Geschrei über ihre Bedränger gehört; ich habe ihre Leiden erkannt.   a) Kap 2,23

8 Und ich bin herniedergefahren, dass ich sie errette aus der Ägypter Hand und sie herausführe aus diesem Lande in ein gutes und weites Land, in ein Land, darin Milch und Honig fließt, in das Gebiet der Kanaaniter, Hetiter, Amoriter, Perisiter, Hiwiter und Jebusiter.

9 Weil denn nun das Geschrei der Israeliten vor mich gekommen ist und ich dazu ihre Not gesehen habe, wie die Ägypter sie bedrängen,

10 so geh nun hin, aich will dich zum Pharao senden, damit du mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten führst. a) Kap 7,16; Ri 6,14

11 Mose sprach zu Gott: a Wer bin ich, dass ich zum Pharao gehe und führe die Israeliten aus Ägypten? a) Kap 4,10; 1.Mose 32,11; 2.Sam 7,18; Jes 6,5.8; Jer 1,6

12 Er sprach: a Ich will mit dir sein. Und das soll dir das Zeichen sein, dass ich dich gesandt habe: Wenn du mein Volk aus Ägypten geführt hast, werdet ihr Gott opfern auf diesem Berge. a) Jer 1,8

13 Mose sprach zu Gott: Siehe, wenn ich zu den Israeliten komme und spreche zu ihnen: Der Gott eurer Väter hat mich zu euch gesandt!, und sie mir sagen werden: Wie ist sein Name?, was soll ich ihnen sagen?

14 Gott sprach zu Mose: a Ich werde sein, der ich sein werde. Und sprach: So sollst du zu den Israeliten sagen: »Ich werde sein«, der hat mich zu euch gesandt. a) Kap 6,2; Mal 3,6; Offb 1,4.8

Liebe Gemeinde!

Am letzten Sonntag nach dem Dreikönigstag, nach Epiphanias, hören wir diese Geschichte von einer Gottesbegegnung. Mit Weihnachten ist uns diese Linie vorgegeben, nämlich, dass Gott nicht für sich bleibt, ewig ruhendes Sein, über das die Philosophen spekulieren können, sondern Gott erscheint im Irdischen, seine Herrlichkeit leuchtet auf. Sie leuchtet auf, aber ist nicht festzuhalten. Sie leuchtet auf, aber bleibt zugleich verhüllt. Was sahen die Hirten, als sie dem Wort des Engels folgend zum Kind in der Krippe kamen? Sie sahen keinen himmlischen Lichtglanz, sie hörten keinen Lobgesang der Engel, wie noch vor Kurzem. Aber sie glaubten dem Wort des Boten Gottes. Gott zeigt seine Herrlichkeit, nicht damit wir uns besonderer Erfahrungen rühmen können, sondern damit wir seine Güte sehen und mit ihm tun, was er tun will: Gott, so sagt unser Abschnitt aus 2. Mose 3, hat das Elend seines Volkes gesehen und will sein Volk aus der Hand seiner Unterdrücker befreien. Das macht Gott nicht, indem er ein himmlisches Machtwort spricht, sondern er braucht dazu Mose.

Warum gerade Mose? Warum Gott Mose für diese Aufgabe auswählt, sagt unser Abschnitt nicht. Wir dagegen fänden gute Gründe, warum Gott Mose nicht dafür gebrauchen kann:

Er ist ein Totschläger; in seinem Zorn über die Unterdrückung seines Volkes hat er einen Ägypter erschlagen und musste darauf aus dem Land fliehen. Ägypten ist verbrannte Erde für Mose. Ein Totschläger als Mitarbeiter Gottes? Ja, Gott beruft diesen Mann Mose, obwohl er ein Totschläger ist. Natürlich kann man vermuten, dass Mose in der langen Zeit, die er als Hirte der Herde seines Schwiegervaters, eines midianitischen Priesters verbracht hat, sich gewandelt hat; das ist denkbar, aber es wird nicht gesagt. Wenn Gott einen Menschen für eine Aufgabe beruft, dann wird oft ein Ungenügen bei diesem Menschen sichtbar, ein Gebrochen sein. Bei Mose späterhin noch der Einwand, dass er beim Reden vor Menschen schwerfällig und unbeholfen ist. Ein Einwand, auf den Gott zornig aber zugleich hilfreich reagiert!

Wenn Gott jemand- und nun rede ich von uns- für eine Aufgabe braucht und beruft, dann ist es normal, dass sich Defizite zeigen. Gott will mit uns und durch uns arbeiten. Er macht uns nicht zu seinen Stellvertretern, sondern zu seinen Boten, wobei ich weiß, dass der Unterschied verschwimmen kann. Gott behält die Federführung, von Gott kommt die Kraft und ihm allein gebührt auch das Lob. Während wir uns angesichts einer Aufgabe beurteilen und sagen, „ich kann es“ oder „ich kann es nicht“, ist unser Urteil bei Gott nicht entscheidend; entscheidend ist, ob wir wirklich einem Ruf Gottes folgen oder uns selbst berufen haben; entscheidend ist, ob wir Gott die Federführung lassen, oder uns zu Herren seines Werkes aufspielen. Unsere Schwachheit ist kein Hindernis für Gott, wenn er uns zu einer Aufgabe ruft; Hindernis kann aber unsere vermeintliche Stärke sein und ganz verkehrt ist es, wenn wir uns zu Herren über Gottes Sache aufschwingen und unabhängig von seiner Weisung und seiner Kraft meinen Handeln zu können. Ich sage es neutestamentlich: Wir sollen in der Spur von Jesus gehen, ihm vertrauen und gehorchen, nicht herrschen, sondern dienen, Gottes Ehre suchen, nicht unsere Ehre. Prüfstein wird unser Scheitern sein und die Erfahrung von Leiden. Wenn wir nur mitarbeiten an Gottes Werk, er aber der Chef ist, können wir bestehen.

Zurück zu Mose: wir brauchen keine Erklärung für die Besonderheit dieser Gotteserscheinung, für den Dornbusch, der brennt und doch nicht verbrennt. Mose möchte diese wunderbare Erscheinung begreifen, wird aber auf Distanz gehalten. So sollten auch wir auf Distanz bleiben. Gottesbegegnungen sind etwas Einmaliges, unwiederholbar, nicht machbar, nicht zu konservieren. Der unfassbare Gott tritt aus seiner Verborgenheit und bleibt zugleich verborgen. Das ist kein Event, zu erzeugen mit Wohlfühlmusik und zu bewahren an heiligen Orten. Ja, wir brauchen Gottesdienste, in denen wir uns wohlfühlen, ja, wir brauchen Orte, die etwas Besonderes ausstrahlen; aber verwechseln wir das nicht mit diesem fremden Geschehen, wenn Gott seine Hand auf einen Menschen legt und sagt: Dich will ich für eine bestimmte Aufgabe haben! Verwechseln wir das nicht mit dem Aufleuchten himmlischen Glanzes bei Jesu Verklärung und dieser Stimme aus der Wolke, die Gottes Wahrheit über seinen Sohn ausspricht und die Hörer zu Boden wirft. Gewiss, Gott kommt uns Menschen manchmal nahe, uns tröstend, aufrichtend, mit seinem Geist erfüllend, so wie es ein Beter in Klagelieder 3 sagt: „Du nahtest dich zu mir, als ich dich anrief, und sprachst: Fürchte dich nicht!“ (V. 57) Auch das ist nicht festzuhalten, aber zu erinnern. Da hat Gott uns ein Licht angezündet, das in uns brennt, ein Feuer entfacht, das uns für ihn brennen lässt. Das uns bereit macht, IHM uns zur Verfügung zu stellen.

Warum beruft Gott Mose? Weil Gott das Elend seines versklavten Volkes in Ägypten gesehen hat und sie auf einem Weg in dieser Welt da herausholen will. Dazu braucht er Mose und sendet ihn: „Ich habe den Hilfeschrei der Leute von Israel gehört, ich habe gesehen, wie grausam die Ägypter sie unterdrücken. Deshalb geh jetzt, ich schicke dich zum Pharao! Du sollst mein Volk, die Israeliten, aus Ägypten herausführen.“ Gottes Erbarmen, seine Liebe zu seinem Volk ist Urgrund für sein Handeln. Das sollten wir uns immer und immer wieder einprägen, denn es gilt durch Jesus Christus auch für uns. Gottes Liebe ist Urgrund für sein Handeln in dieser Welt. Im Hinschauen auf Jesus wird es uns gewiss. Da erkennen wir den Weg, der uns aus der Sklaverei führt. Da ist uns der Name gegeben, in dem wir Rettung finden. (Apg. 4, 12)

Mose ist trotz der wunderbaren Erscheinung schwer zu gewinnen für den göttlichen Auftrag. Wir denken oft, solche eine Gottesbegegnung löst alle Probleme. In unserem Abschnitt aber sehen wir, dass Mose sich mit Händen und Füßen gegen den Auftrag sträubt. Ist es nicht wunderbar, Gott an vorderster Front zu dienen? Mose sieht das nicht so und er hat recht! Er hat einen schweren Weg vor sich, das erkennt er. Auch wenn Gott mit Mose wie mit einem Freund redet, wie es später heißt (2. Mose 33, 11; vgl. 4. Mose 12, 7f), sein Weg ist ein Aufgespannt sein zwischen Himmel und Erde; er soll Mittler sein zwischen Gott und seinen Menschen, die schnell den Weg des Vertrauens verlassen, die oft ungläubig murren und anklagen. Jesu Weg ans Kreuz ist die Zuspitzung dessen, was wir schon bei Mose sehen. Und bei den biblischen Propheten, eindrücklich zu lesen gerade auch in den Kapiteln ab Jesaja 40. Mose wird die Not seines Dienstes vor allem im Unglauben des Volkes erfahren. Deshalb braucht er für seine Sendung Ermutigung und Vergewisserung, er braucht so etwas wie ein Siegel der Bestätigung, dass Gott gegenwärtig ist bei ihm und dem Volk; dass Gott erreichbar ist, dass Gott mitgeht. Zwei Dinge werden Mose genannt: Mose wird Gottes Mitgehen darin bestätigt finden, dass sie hier am Berg der Gotteserscheinung Gott opfern werden; ein Zeichen aus dem Rückblick, wenn eingetroffen ist, was Gott versprochen hat. Die andere Vergewisserung aber liegt in dem Namen Gottes: Die Leute von Israel werden nach deinem Namen fragen, was soll ich ihnen antworten? fragt Mose. Daraufhin nennt Gott seinen Namen, in unserer Bibelübersetzung wiedergegeben mit „HERR“. Umschrieben wird der Namen Gottes in Vers 14 so: „Ich werde sein, der ich sein werde.“ In anderer Übersetzung (GNB) lautet der ganze Vers 14 bis zum Beginn von Vers 15 so: „Gott antwortete: »Ich bin da« und er fügte hinzu: »Sag zum Volk Israel: 'Der Ich-bin-da hat mich zu euch geschickt: der HERR!“ Der Gottesname „Jahwe“ wird hier vom hebräischen Wort für „da-sein“ gedeutet. Mehr als diese Zusage „da zu sein“, erreichbar zu sein, das Rufen seiner Menschen zu hören und zu erhören, kann Gott nicht geben. Sonst würde er zum Götzen, zum kultisch-magischen Objekt. Aber mehr braucht es auch nicht! Gott gibt, etwas platt gesagt, den Menschen seine Telefonnummer. Jetzt ist er anrufbar, erreichbar für den, der die Nummer wählt, den Namen im Gebet nennt. Das ist Gottes Versprechen. In unserer Zeit und Welt, wo Gott in das religiöse „Nichts“ abgedrängt wird, ist uns der Name Gottes- für uns Jesus Christus, denn durch ihn sind wir verbunden mit Gottes Offenbarung in der ganzen Bibel, Herausforderung und Versprechen. Rufen wir zu Gott durch Jesus Christus, dann weicht die Leere, dann werden wir verbunden mit dem Ewigen, der, so hat er durch Jesus versprochen, rettet und befreit. Wer mit Gott handeln will, braucht den rettenden Namen, Jesus Christus. Amen.

 

 

 

 



Pfarrer Winfried Klotz
Bad König
E-Mail: winfried.klotz@web.de

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